Fitness & Entspannung

Wie motiviere ich mein Kind zu Sport?

Sitzfleisch ist nicht nur in der Schule gefragt, auch seine Freizeit verbringt der Nachwuchs immer öfter passiv vor Computer oder Fernseher. Was Eltern tun können, damit ihre Kinder keine „Sitzenbleiber“ werden.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Die Argumente liegen auf der Hand: „Sportliche Kinder haben seltener Übergewicht, erleiden weniger Unfälle, sie haben seltener Haltungsschwächen oder -schäden und erzielen in der Schule bessere Leistungen“, betont OA Dr. Thomas Thaller, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde sowie Allgemein- und Sportmediziner am LKH Leoben. Damit nicht genug: In der Kindheit eingeübte sportliche Gewohnheiten werden eher beibehalten bzw. in späteren Jahren wieder aufgegriffen.
Nichtsdestotrotz bewegt sich der Nachwuchs immer weniger, immer mehr Zeit wird im Sitzen verbracht: Sitzfleisch ist nicht nur in der Schule gefragt, auch ihre Freizeit verbringen die Kinder immer öfter passiv vor Computer oder Fernseher. Wie den Nachwuchs zu gesunder Aktivität motivieren? Feststeht: Mit der täglichen Turnstunde, die ab Herbst 2014 in allen Pflichtschulen angeboten wird, ist es nicht getan.

Bewegungsdrang unterstützen

Sie wollen es sowieso – das Hüpfen, Klettern, Toben: Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, den man möglichst von klein auf fördern sollte, betont Sportmediziner Thaller. „Das Problem ist, dass in unserer Gesellschaft Kinder eher an der Bewegung gehindert werden.“ Entgegen der Meinung besorgter Eltern weiß der kleine Klettermax genau, was er tut: „Es gehört zum natürlichen Bewegungsverhalten, dass Kinder gerne auf ein Klettergerüst oder auch auf einen Baum kraxeln“, sagt Thaller. Das Klettern fördert die koordinativen Fähigkeiten ebenso wie das beim Nachwuchs beliebte Rollern, Radfahren oder Trampolinspringen. Und wie viel Bewegung brauchen Kinder? „Die WHO empfiehlt generell, dass man sich bei sitzender Tätigkeit mindestens 30 Minuten am Tag bewegt“, so der Mediziner. „Idealerweise sind Kinder aber täglich wenigstens eine Stunde körperlich aktiv.“
Auch das spielerische Ringen und Kräftemessen entspricht dem kindlichen Aktivitätsdrang: „Man sollte nicht sofort einschreiten, wenn Kinder sich um einen Ball streiten oder in einer Gruppe zu rangeln beginnen“, erklärt Thomas Thaller. Zumeist sind die Rangeleien harmlos und „gehen verletzungsfrei über die Bühne“. Für die kleinen Raufbolde bieten sie zudem ein Ventil, um Dampf abzulassen. Kommt nun das Toben als Stressventil zu kurz, erfolgt der Abbau von Aggressionen und Spannungen womöglich in anderer, weniger gesunder Form. Nebenbei trainiert man beim Rangeln auch den Körper. „Dadurch werden etwa unterschiedliche Muskelgruppen aktiviert“, erläutert der Arzt.

Ideale Sportart(en) finden

Ihr Sprössling rangelt also für sein Leben gern? Oder er tänzelt zur Musik durch die Wohnung? Der Junior ist eine Wasserratte? Der Fußball wurde Ihrem Kind quasi in die Wiege gelegt? Indem man den Nachwuchs und seine sportlichen Vorlieben beobachtet, kann man sein Kind an die optimale(n) Sportart(en) heranführen – sei es eine Kampfsportart wie Taekwondo, Tanzsport wie Jazz Dance, Schwimmen, Volley- oder Fußball. „Leider kennen viele Eltern ihre Kinder diesbezüglich nicht sehr gut“, bedauert Thomas Thaller. „Sie sollten versuchen folgendes herauszufinden: Wo ist mein Kind besonders geschickt? Wo fühlt es sich besonders wohl? An welchen Bewegungsabläufen hat es besonders viel Spaß? Die Antworten sollten in die Entscheidung für eine bestimmte Sportart mit einfließen.“
Was gilt es bei der Auswahl noch zu beachten? „Man sollte sich nicht auf nur eine Sportart konzentrieren, und das Kind sollte Erfolgserlebnisse beim Sport haben“, betont der Mediziner. „Nicht nur Erwachsene, auch Kinder haben ein ausgeprägtes Bedürfnis, erfolgreich zu sein.“ Prinzipiell sei auch nichts gegen „altersgemäßen Leistungssport einzuwenden“, sagt Thaller. Dabei darf weder der Spaß auf der Strecke bleiben, noch darf einseitig bzw. exzessiv trainiert werden. Macht beispielsweise der Nachwuchskicker keinen ausgleichenden Sport, drohen Überlastungsschäden etwa der Kniegelenke.
Abwechslung in Sachen Aktivität fördert nicht nur die kindliche Entwicklung. „Sie ist auch deshalb wichtig, weil Kinder sich rasch gelangweilt fühlen und die Bewegung abbrechen, wenn das Bewegungsmuster monoton wird“, sagt Thaller. Kinder nur für eine Sportart begeistern zu wollen, sei nicht zielführend. Um Vielseitigkeit in den Alltag zu bringen, braucht es kein ausgeklügeltes Trainingsprogramm: „Indem man die Kinder laufen lässt, fördert man ihre Ausdauer“, gibt Thaller ein Beispiel. Indem man sie radeln, klettern oder inlineskaten lässt, trainieren sie Geschicklichkeit und Koordination.

Ins Schwitzen kommen

Kinder sollten sich drei Mal pro Woche zwischen 20 und 60 Minuten gezielt in einem Herzfrequenzbereich bewegen, der bewirkt, dass sie schwitzen“, nennt Thaller die wissenschaftlichen Empfehlungen in puncto Ausdauertraining. „Sehr gut geeignet sind Ballsportarten wie Fußball, Basketball, Handball, Volleyball, aber auch Inlineskaten, Laufen, Radfahren und Skifahren.“ Wie der Körper davon profitiert? „Das Training bewirkt etwa eine Stärkung der Herz-Kreislauf- sowie Lungenfunktion“, erklärt Thaller. Die Ausdauer sollte zudem begleitend bei jeder Sportart und erst recht beim Leistungssport trainiert werden. Mit der Ausdauer wächst nicht nur die Freude am Sport, sie verhilft auch zu mehr Erfolgserlebnissen.   
„Bevor ein Kind mit leistungsmäßigem Training beginnt, sollte es sportmedizinisch untersucht werden“, betont Thomas Thaller. Was dieses Check-Up beinhaltet? „Das Kind wird nicht nur rein körperlich untersucht, es werden außerdem apparative Untersuchungen wie ein EKG, eine Blutdruckmessung, eine Lungenfunktion durchgeführt. Abhängig vom Alter werden weiters Belastungsuntersuchungen wie eine Fahrrad- oder Laufband-Ergometrie vorgenommen.“
 
Bewegte Vorbilder

Für das aktive Leben der Kinder ist freilich auch das gute Beispiel von Eltern oder Lehrern gefragt. „Die Eltern sollten Vorbild sein, indem sie sich selbst regelmäßig bewegen. Und sie sollten ihre Kinder zur Aktivität animieren, indem sie regelmäßig mit ihnen spazieren gehen oder Rad fahren. Wenn Kinder sehen, dass Mama und Papa die Treppe und nicht den Lift benutzen, mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit fahren, wird Bewegung für sie zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Alltags“, regt Thaller an.

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Keine Sitzenbleiber
Sport stärkt Psyche und Geist

Keine Sitzenbleiber sind sportliche Kinder auch im übertragenen Sinn: „Sehr viele Untersuchungen zeigen, dass Bewegung zu einer Verbesserung der synaptischen Verbindungen im Gehirn führt“, berichtet der Kinder- und Jugendfacharzt OA. Dr. Thomas Thaller. „Die Kinder haben dadurch eine größere Aufmerksamkeitsspanne, ein besseres Konzentrationsvermögen und eine bessere Lernfähigkeit.“ Weil Schulkinder ohnehin viel (zu viel) sitzen, sollten etwa die Schulpausen einen „bewegten Ausgleich“ darstellen. „Ein bewegtes Gehirn kann Informationen besser und schneller verarbeiten“, weiß Thaller. Neben der mentalen Fitness fördert Sport auch die psychische: Bewegung stärkt Selbst- und Körperbewusstsein.
Und wie wirkt sich körperliche Inaktivität psychisch und mental aus? „Mögliche Folgen sind ein reduziertes intellektuelles Lernvermögen, mangelndes Selbstvertrauen, abweichendes Sozialverhalten, Verhaltensstörungen, depressive Verstimmungen“, zählt der Mediziner auf. „Auch kann es zu einer Körperschemastörung, also einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, kommen. Das kann in der Folge eine Suchterkrankung auslösen, sei es einer Ess- oder Magersucht.“

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