Die chinesische Heil- und Kampfkunst Yiquan (gesprochen: „i’ tschüan“) wurde in den 1950er Jahren in China als eine der fünf Qigong-Schulen anerkannt und erobert nun auch Österreich.
Yiquan besteht aus einfachen Übungen, die ausgehend von Vorstellungsbildern mit geringem Aufwand Geist und Körper gleichermaßen intensiv trainieren. Die Übungen können im Gehen, Stehen, Sitzen und Liegen ausgeführt werden, weshalb sie sich auch für schwache und kranke Menschen eignen. Für MEDIZIN populär zeigt Qigong-Meister Jumin Chen drei Übungen vor, die Kraft und Beweglichkeit bringen, der Entspannung in Stresssituationen dienen und darüber hinaus Lebensfreude und Vitalität schenken.
Von Mag. Sabine Stehrer
[1] Stärkt Geist und Körper
„Zhanzhuang – Stehen wie ein Baum“
Ausgangsposition
Die Füße stehen parallel und schulterbreit, die Arme werden auf Brusthöhe gehoben und bilden einen Halbkreis, so als ob sie einen großen Ball halten würden. Die Handflächen zeigen zum Körper und zueinander. Die Schultern sind nach hinten und unten gerichtet, die Ellbogen etwas weiter unten als die Hände.
Vorstellung
„Stehen im Wasser, von Wellen umspült.“
Stufe I: Zuerst stellt man sich vor, von den Wellen nach vorne und zurück bewegt zu werden, die Bewegung spielt sich im Kopf ab.
Stufe II: Das Körpergewicht wird nun aktiv mit den vorgestellten Wellen nach vorn verlagert, es kommt zur Anspannung. Danach folgen die Entspannung, das aktive Verlagern des Gewichts nach hinten, die Anspannung und wieder die Entspannung.
Stufe III: In der Vorstellung kommt nun von vorn eine Wasserwelle auf einen zu, man verlagert das Gewicht nach vorn und spürt den Widerstand des Wassers auf der gesamten Vorderseite des Körpers. Die Fersen sind gedanklich in den Boden gebohrt. Danach kommt die Wasserwelle von hinten, man verlagert das Gewicht nach hinten und spürt den Widerstand des Wassers auf der gesamten Rückseite des Körpers. In der Vorstellung krallen sich die Zehen leicht in den Boden hinein.
Die Übung kann auch im Sitzen und im Liegen mit angewinkelten Beinen ausgeübt werden.
Übungsdauer
Beliebig lang.
[2] Um die Kraft in der Bewegung zu testen und dabei die optimale Körperhaltung beizubehalten
„Shili – Schieben und Ziehen“
Ausgangsposition
Gleich wie bei 1
Vorstellung
„Stehen im Wasser, von Wellen umspült.“
Eine Wasserwelle drückt einen in der Vorstellung nach vorne, man schiebt die Arme nach vorne, als würde man ein Holzbrett auf dem Wasser vorwärts schieben, das Gewicht ruht auf den Fußballen. Danach drückt eine Wasserwelle nach hinten, man zieht die Hände zurück, das Gewicht ist auf den Fersen.
Übungsdauer
Beliebig lang.
[3] Für Entspannung in Stress-Situationen
„Fali – Die Kraft explodieren lassen“
Ausgangsposition
Die Füße sind schulterbreit geöffnet, der linke Fuß wird um eine Schrittlänge nach vorn gesetzt, das Gewicht ruht zu 30 Prozent auf dem vorderen und zu 70 Prozent auf dem hinteren Bein.
Vorstellung
In Ober- und Unterschenkeln befinden sich Stahlfedern. Die Unterarme sind wie Nägel, der gesamte Oberkörper ist wie ein Hammer.
Man stößt nun den hinteren Fuß in den Boden und bringt den Körper ruckartig nach vorne, wodurch der Hammer auf die Nägel schlägt. Gleichzeitig werden die Arme und Ellbogen nach oben gehoben und die Handflächen nach vorn gedreht. Man stößt die Arme kraftvoll und – wenn gewünscht – gegen einen in der Vorstellung vorhandenen Gegner nach vorn.
Anschließend wird der rechte Fuß um eine Schrittlänge nach vorn gesetzt, die Übung wird seitenverkehrt wiederholt.
Übungsdauer
Beliebig lang.
Infos: www.institut-chen.eu
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Was ist Yiquan?
„Yiquan“ (gesprochen: „i’ tschüan“) wurde von dem chinesischen Kampfkunstlehrer Wang Xiangzhai (1885-1963) begründet. Nachdem Yiquan in den 1950er Jahren vom Gesundheitsministerium Chinas zu einer der fünf Qigong-Schulen erklärt worden war, wurden die Übungen in chinesischen Krankenhäusern therapiebegleitend eingesetzt. Das Wort Yiquan setzt sich aus „Yi“ zusammen, was soviel wie Vorstellungskraft bedeutet, und aus „quan“, was mit Faust übersetzt werden kann.
Das Besondere an den Yiquan-Übungen, die zum Teil auch im Qigong enthalten sind: Durch die Kombination von Vorstellungsbildern mit den eigentlichen, einfachen Körperübungen werden Reaktionen ausgelöst, die Geist und Körper gleichermaßen gut tun. So werden etwa der Blutkreislauf und der Stoffwechsel intensiv angeregt, mit den Bewegungen werden die Muskeln bis in tiefe Schichten trainiert. Zugleich treten Wohlbefinden und Entspannung ein. Der entspannte Zustand, der mit Schlaffsein nichts zu tun hat, ist auch das Ziel, das mit den Kampfkunst-Übungen aus dem Yiquan erreicht werden soll.
Buchtipp: Jumin Chen, Yiquan – der Weg zur Gesundheit. So trainieren Sie Körper und Geist, ISBN 978-3-902552-54-9, 160 Seiten, 19,90 Euro
Verlagshaus der Ärzte, 2009