Rötungen, Bläschen, Quaddeln, Knötchen, Juckreiz und andere Beschwerden: So rebellisch reagiert die Haut bei immer mehr Österreichern auf Sonnenstrahlen. Sonnenallergie nennt der Volksmund diese Schäden. MEDIZIN populär nennt die fünf wichtigsten und informiert, was man dagegen tun kann.
Von Mag. Sabine Stehrer
Ob im Park, an der schönen blauen Donau, im Freibad oder am Schotterteich: Überall kann man sich jetzt wieder ein Bild davon machen, wie sehr wir Österreicher die Sonne lieben und wie gerne wir ihr unsere nackte Haut zeigen. Licht und Wärme tun uns schließlich gut. Und: „Gebräunte Haut gilt nach wie vor als Zeichen für Gesundheit und für das Privileg, ausreichend Zeit für Regeneration zu haben“, sagt Univ. Prof. Dr. Adrian Tanew, Leiter der Photodiagnostischen Ambulanz am AKH Wien, Österreichs einziger Spezialambulanz zur Abklärung von Hauterkrankungen, die durch Licht verursacht werden.
Gebräunte Haut liegt also nach wie vor im Trend – und das rächt sich: Nach Schätzungen haben bis zu 20 Prozent der Österreicher eine so lichtempfindliche Haut, dass diese rebellisch auf die UV-Strahlen reagiert, und es werden immer mehr (siehe unten: Warum immer mehr betroffen sind). Der Volksmund nennt diese Reaktionen Sonnenallergie. In Wahrheit handelt es sich dabei aber meistens nicht um eine Allergie, sondern um Hautschäden, die nach dem Sonnenbaden auftreten – wenn man die Gefahr der UV-Strahlen unterschätzt und sich nicht ausreichend davor schützt. Experte Tanew nennt die fünf wichtigsten dieser akuten Schäden:
1. Sonnenbrand
Je heller der Hauttyp, desto schneller bescheren UV-Strahlen einen Sonnenbrand, doch auch weniger helle und dunkle Hauttypen sind nicht zur Gänze davor gefeit. „Der Sonnenbrand ist der mit Abstand häufigste akute Hautschaden, den die Sonne und das künstliche UV-Licht im Solarium anrichten können“, sagt Tanew. „Fast jeder Europäer hat im Lauf seines Lebens schon einmal einen Sonnenbrand gehabt.“ Die Symptome reichen von einem Wärmegefühl auf der Haut über Rötungen und schmerzhaftes Brennen bis hin zur Bildung von Blasen wie bei Verbrennungen. Sind die Beschwerden sehr ausgeprägt, kann man sie mit entzündungshemmenden Cremen oder Lotionen lindern und schneller in den Griff bekommen. „Wichtig ist aber, die bereits geschädigte Haut vor weiteren Sonnenstrahlen zu schützen, auch wenn der erlittene Sonnenbrand noch so leicht ist“, so Tanew. Denn selbst leichte Sonnenbrände fügen in Summe der Haut Schaden zu: Sie lassen die Haut nicht nur vorschnell altern, sondern erhöhen auch das Hautkrebsrisiko.
2. Polymorphe Lichtdermatose
Die polymorphe Lichtdermatose ist die am weitesten verbreitete Form der Sonnenunverträglichkeit. „Rund 15 Prozent der Europäer leiden immer wieder daran, wobei Frauen viel häufiger als Männer betroffen sind“, sagt Tanew. „Sie tritt klassischerweise binnen 24 bis 48 Stunden nach den ersten längeren Aufenthalten in der Sonne im Frühling und Sommer auf.“ Zu den Symptomen zählen Rötungen, ein starker Juckreiz auf den geröteten Stellen und die Bildung von kleinen Knötchen oder Bläschen – typischerweise im Dekolleté und an den Außenseiten der Arme. Tanew: „Die Beschwerden lassen sich lindern, indem man kortisonhältige Salben auf die Haut aufträgt.“
Wer immer wieder Lichtdermatosen bekommt, sollte ärztlich verordnete, medizinische Sonnenschutzprodukte verwenden oder vor dem Sommer eine spezielle Lichttherapie machen. „Diese besteht in acht bis zwölf Bestrahlungen, die der Hautarzt verschreibt und die mit einem Spezialgerät durchgeführt werden“, beschreibt Tanew. Sinn der Bestrahlung ist, die Haut nach und nach an immer höhere Dosen UV-Licht zu gewöhnen und auf diese Art und Weise sozusagen abzuhärten. Immerhin zwei Drittel der Geplagten kann dadurch geholfen werden – für die Dauer jenes Sommers, der auf die Behandlung folgt.
3. Phototoxische Reaktionen
„Phototoxische Reaktionen treten besonders häufig bei älteren Menschen auf, die chronisch krank sind und dauerhaft Medikamente nehmen“, erklärt Tanew. In den Medikamenten, vor allem in Mitteln, die den Blutdruck oder die Harnausscheidung regeln, aber auch in Antirheumatika, Psychopharmaka und Antibiotika, stecken Substanzen, die unter der Einwirkung von UV-Strahlen sozusagen zum Gift für die Haut werden, indem sie die Sonnenempfindlichkeit erhöhen. „In der Folge kann es schon bei geringer Bestrahlung zu akuten Hautschäden kommen, etwa zu Sonnenbränden oder polymorphen Lichtdermatosen“, sagt Tanew. Um die Diagnose zu erleichtern, sollte man die Hauterscheinungen fotografieren und dem Arzt die Bilder vorlegen. Ist wirklich ein Medikament der Übeltäter, kann es fast immer gegen ein anderes ausgetauscht werden, das die Lichtempfindlichkeit nicht erhöht und die Symptome nicht mehr entstehen lässt. Tanew: „Um während des Heilungsprozesses die Beschwerden zu lindern, können entzündungshemmende Salben auf die Haut aufgetragen werden.“
4. Photoallergische Reaktionen
„Photoallergische Reaktionen können ebenfalls durch Inhaltsstoffe von Medikamenten ausgelöst werden, aber auch durch Substanzen in Gels und Cremen wie in Rheumagels oder paradoxerweise auch Sonnenschutzmitteln“, sagt Tanew. Die Symptome reichen von Rötungen über einen Juckreiz bis hin zur Bildung von kleinen Knötchen und Bläschen. „Treten unter dem Einfluss von UV-Licht akut solche Schäden auf, sollte man gleich zum Arzt“, rät Tanew. Sollte das nicht sofort möglich sein, so ist auch hier eine fotografische Dokumentation der Hauterscheinungen sinnvoll, um dem Arzt später die Diagnose zu erleichtern. Durch einen speziellen Allergietest kann herausgefunden werden, welches Allergen durch UV-Licht aktiviert wird. Tanew: „Die Hilfe besteht dann in der Vermeidung des Kontaktes mit dem auslösenden Allergen und zugleich einem umfassenden Lichtschutz.“
5. Lichturtikaria
Ein seltener, in der Sonne oder im Solarium binnen Minuten auftretender Hautschaden ist die Bildung von Quaddeln, die stark jucken. Worauf die Bildung dieser sogenannten Lichturtikaria zurückgeht, weiß man nicht genau, sie verschwinden allerdings binnen einiger Stunden von selbst wieder. „Gegen Lichturtikaria können manchmal medizinische Sonnenschutzmittel und Antihistaminika helfen, sowie – vorbeugend vor dem Sommer – medizinische Bestrahlungen mit UV-Licht.
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Warum immer mehr betroffen sind
Woran es liegt, dass immer mehr Österreicher an akuten, sonnenbedingten Hautschäden leiden? Abgesehen von der ungebrochenen Beliebtheit des Bräunens gibt es dafür noch zwei Gründe, so Tanew. Bei den Jüngeren nehmen allergische Reaktionen der Haut beim Kontakt mit bestimmten Substanzen zu, und deren Symptome können durch UV-Licht verschlimmert werden. Bei den Älteren führt die steigende Zahl der eingenommenen Arzneimittel dazu, dass akute Sonnenschäden der Haut zunehmen. Denn durch die Einwirkung verschiedener Medikamente verträgt die Haut das UV-Licht schlechter.
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- Falls vom Dermatologen empfohlen, sollten Sonnenempfindliche die Haut durch Bestrahlungen beim Hautarzt vorbräunen, noch ehe der Sommer beginnt.
- Gesicht, Hände, Unterarme, Dekolleté – auf jedes Stück Haut, das der Sonne ausgesetzt ist, sollte man im Sommer vor jedem Aufenthalt im Freien ein Sonnenschutzmittel auftragen.
- Bei starker Sonnenbestrahlung etwa in den Bergen oder am Meer mehrmals täglich Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor auftragen.
- Bei starker Sonnenbestrahlung zusätzlich Kleidung tragen, die empfindliche Hautstellen verdeckt. Einen Hut zum Schutz der Kopfhaut und eine Sonnenbrille mit gutem UV-Filter nicht vergessen.