– Von Mag. Helga Schimmer
Kälte, trockene Heizungsluft und ein Mangel an natürlichem Licht haben das Haar im Winter auf eine harte Probe gestellt. Jetzt zu Frühlingsbeginn werden die Auswirkungen sichtbar: Die einst schwungvolle glänzende Mähne hängt schlapp, matt und ausgedünnt herab. „Tatsächlich verstärken sich am Ende des Winters oft jene Haarprobleme, zu denen man von Grund auf neigt“, bestätigt Univ. Prof. Dr. Daisy Kopera, ärztliche Leiterin des Zentrums für Ästhetische Medizin an der Hautklinik Graz. „Je nach Veranlagung werden die Haare entweder fetter oder trockener, bei vielen bilden sich verstärkt Schuppen und mehr Haare fallen aus.“
Angesichts derartiger Probleme wäre häufiges Waschen mit aggressiven Shampoos die falsche Reaktion. „Es zerstört den Säureschutzmantel der Haut und verstärkt die Probleme erst recht“, weiß Kopera. Schonender sind dagegen milde Spezialshampoos mit einem hautneutralen pH-Wert von 5,5, die auf das jeweilige Haarproblem abgestimmt sind.
Spezialshampoos gegen fettiges Haar
Wenn sich schon kurze Zeit nach dem Waschen wieder fettige Strähnen zeigen, liegt eine Überaktivität der Talgdrüsen, die sogenannte Seborrhoe, vor. Prof. Kopera: „Die Störung wird durch individuell unterschiedliche, genetisch bedingte Androgenempfindlichkeit der Haarwurzeln hervorgerufen. Die männlichen Sexualhormone, die auch der weibliche Körper in geringen Mengen bildet, regen die Talgproduktion in den Talgdrüsen an. Da die Drüsen Teil der Haarwurzeleinheit sind, entsteht fettiges Haar.“ Faktoren wie Stress oder ungesunde Ernährung können das Problem verstärken. Bei sehr fettigem Haar finden Hefepilze einen optimalen Nährboden für ihr Wachstum vor. Die Folge davon sind Irritationen der Kopfhaut.
„Fettiges Haar sollte regelmäßig mit entsprechenden Spezialshampoos gewaschen werden. Natürliche Inhaltsstoffe wie Sägepalmextrakt, Blasentang, Schachtelhalm oder Rosmarin regulieren die Talgproduktion bis zu einem gewissen Grad“, sagt Kopera. Die Expertin empfiehlt aber auch, bei hartnäckigem Nachfetten der Haare einen Hautarzt aufsuchen, denn das Problem lässt sich alleine nur schwer in den Griff bekommen.
Ölpackungen gegen trockenes Haar
Ist das Haar hingegen trocken und strohig, kann ihm heißes Föhnen sehr schaden. Glätteisen, Blondierung oder Dauerwelle versetzen der spröden Mähne dann den „finalen Todesstoß”. Um der „Dürre“ auf dem Haupt entgegenzuwirken, rät Prof. Kopera, die Haare nicht zu oft zu waschen. „Verwenden Sie jedenfalls milde rückfettende Shampoos und tragen Sie nach jeder Wäsche einen Conditioner auf, damit sich das Haar wieder leichter ausfrisieren lässt.“
Außerdem kann eine Ölpackung die matte Mähne in seidig weiche Pracht zurückverwandeln. Kopera: „Massieren Sie einmal im Monat abends natives Oliven- oder Kokosöl in Haar und Kopfhaut ein und setzen Sie über Nacht eine Duschhaube auf. Am nächsten Morgen die Haare wie gewohnt waschen.“ Regelmäßig angewandte Haarkuren sind eine weitere Hilfsmaßnahme gegen sprödes Haar. „Der Wirkstoff Panthenol kann sogar Spliss teilweise kitten“, informiert Kopera. „Sind die Haarspitzen allerdings zu stark geschädigt, hilft meist nur mehr der ‚Gesundheitsschnitt‘ beim Friseur.“
Spezialwäsche bei schuppigem Haar
Eigentlich schuppt die Kopfhaut ständig, um sich abgestorbener Hautzellen zu entledigen. Doch bemerken wir diesen natürlichen Regenerationsprozess nicht, weil die Schuppen normalerweise mikroskopisch klein sind. Erst wenn sich viele tote Hornzellen in Zellaggregaten zusammenlagern, entstehen störende Schuppen. Oft wird das Problem durch zu intensive Haarwäsche mit entfettenden Shampoos hervorgerufen oder zumindest verstärkt. „Dadurch entzündet sich die Kopfhaut, und der vorhandene Hautpilz Malassezia globosa kann sich übermäßig vermehren“, erläutert Kopera.
Abhilfe schaffen in Apotheken erhältliche Anti-Schuppenshampoos, die Wirkstoffe wie Zinkpyrithion, Steinkohlenteer oder Selensulfid enthalten. Sie hemmen die Zellerneuerung und bremsen das Wachstum der Mikroorganismen. „Bei hartnäckigen Schuppen sind vom Arzt verordnete Shampoos mit Ketokonazol besonders wirksam. Zweimal wöchentlich angewandt, kann schon nach 14 Tagen eine deutliche Besserung erzielt werden“, weiß Kopera.Hautärztlichen Rat sollte man einholen, wenn Kopfschuppen verstärkt auftreten bzw. die Kopfhaut juckt und gerötet ist, denn das Problem kann auch als Begleitsymptom verschiedener Kopfhaut- oder Haarerkrankungen auftreten.
Stressabbau gegen dünnes Haar
Hunde- und Katzenbesitzer können ein Lied davon singen: Ihre Lieblinge verlieren im Frühling die dicke Winterbehaarung und legen sich ein dünneres Sommerfell zu. Diesen saisonalen Haarwechsel gibt es auch beim Menschen – sozusagen als Erbe unserer entfernten Vorfahren. „Das Phänomen ist jedoch nicht bei allen Menschen zu beobachten, und es handelt sich auch nicht um Haarausfall im engeren Sinn“, gibt Prof. Kopera Entwarnung. Man brauche sich nicht zu sorgen, dass sich die Mähne dadurch dauerhaft lichtet. „Es fallen nur vermehrt alte Haare aus, und jüngere wachsen wieder nach.“Ursache für den im Frühling verstärkten Haarwechsel könnte das Hormon Melatonin sein, das während der kürzeren Wintertage vermehrt ausgeschüttet wird. Wenn die Tage wieder länger werden, drosselt die Zirbeldrüse die Melatoninproduktion, und dieser Hormonumschwung beeinflusst möglicherweise bei entsprechend empfindlichen Menschen auch den Haarwuchs. Prof. Kopera: „Saisonaler Haarwechsel muss in der Regel nicht behandelt werden. Nur wenn die Haare nicht mehr nachwachsen und merklich ausdünnen, ist ein Arztbesuch ratsam.“ Denn dahinter könne sich neben erblicher Veranlagung oder Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber dem männlichen Hormon Dihydrotestosteron nämlich auch ein Eisenmangel oder eine gröbere Schilddrüsenstörung verbergen.Um dem Haarausfall entgegenzuwirken, kann der Arzt Minoxidil-Lösungen zur äußerlichen Anwendung verschreiben. Sinnvoll ist vor allem aber auch Stressabbau, da psychische Belastung ebenfalls Haarausfall zur Folge haben kann.
Gesunder Darm, schönes Haar
Die Wiener Ernährungs- und Ganzheitsmedizinerin Dr. Sonja Schwinger verweist auf verschiedene, oft parallel verlaufende innere Ursachen, die Störungen des Haarwachstums auslösen können. So ist die ausreichende Versorgung mit Vitalstoffen Grundbedingung für ein gesundes Haarwachstum. „Fehlen wichtige Bausteine für die Zellfunktion, allen voran Zink, Eisen, Biotin, Folsäure, Vitamin B6 und B12 sowie die Vitamine D3 und E, wird dies früher oder später zu Symptomen wie Haarausfall, brüchigen Nägeln, trockener Haut und allgemeiner Infektanfälligkeit führen und auch allergische Reaktionen verstärken“, führt Schwinger aus. Dass diese für das Haarwachstum nötigen Nährstoffe optimal in das Blut aufgenommen und in die Zellen transportiert werden, dafür sorgt ein gesunder Darm. „Hat jedoch die Einnahme von Antibiotika oder Kortison die natürliche Darmflora geschädigt, liegt eine Schwermetallbelastung oder starke psychische Belastung vor, können selbst bei ausgewogener Ernährung Vitalstoffe nicht mehr optimal resorbiert werden“, gibt Schwinger zu bedenken. In diesem Fall rät die Ganzheitsmedizinerin zu einer umfassenden Darmsanierung nach der modernen Mayr-Medizin. Dabei werden Vitalstoff-Defizite ausgeglichen sowie bei Bedarf Anti-Pilzmittel und benötigte Darmbakterien eingenommen.
Stand 04/2018