Hühneraugen, Hornhautschwielen oder Warzen – wo liegt der Unterschied und vor allem: Wie wird man sie wieder los? Durch Vereisen, Verkochen oder Verzaubern? MEDIZIN populär über ein sehr häufiges Hautproblem, alte Legenden und neue Behandlungsmöglichkeiten.
Von Mag. Helga Schimmer
Ob man eine Beschwörungsformel über der Warze ausspricht, eine Schnecke über sie kriechen lässt oder nachts bei Vollmond das Grab der Urgroßmutter umkreist – über Erfolge von mystischen Methoden bei der Bekämpfung von Warzen wird immer wieder berichtet. Das Zauberwort heißt Suggestion: Mitunter gelingt es, über die Beeinflussung der Psyche das körpereigene Abwehrsystem anzuregen. „Der Friedhofsbesuch um Mitternacht erscheint dennoch nicht angebracht“, sagt Univ. Prof. Dr. Werner Aberer, Vorstand der Hautklinik an der Medizinischen Universität Graz. Kennen doch Ärzte heute eine Reihe von wirksamen Methoden zur Behandlung der unliebsamen Hautwucherungen.
Viren sind Verursacher
Harmlose Warzen an Händen und Füßen entstehen vor allem bei Kindern und Jugendlichen häufig. „Weshalb das so ist, konnte noch nicht geklärt werden“, erläutert Werner Aberer. „Besonders gefährdet für Warzen im Genitalbereich sind sexuell aktive Personen, wobei das Risiko mit der Zahl der Partner steigt.“ Leider reicht selbst der Gebrauch von Kondomen in vielen Fällen nicht aus, um eine Ansteckung zu vermeiden. „Ein Arztbesuch ist bei Warzen an den Geschlechtsorganen aber immer angebracht, denn diese sind nicht nur hochinfektiös, sondern bei ihren Verursachern könnte es sich auch um jene gefährlichen Virustypen handeln, die bei Frauen Gebärmutterhalskrebs verursachen.“ Was aber sind Warzen? Experte Aberer:
„Warzen sind zwei bis sechs Millimeter große, karfiolartige Geschwülste, die meistens verhornen und häufig an den Händen, Füßen und gelegentlich auch an der Nasenspitze auftreten.“ Im Gegensatz zu Hühneraugen und Hornhautschwielen werden Warzen durch Viren hervorgerufen, genauer gesagt durch humane Papillomviren, kurz HPV. Die Erreger sind weit verbreitet und werden durch direkten Hautkontakt, durch das Berühren von infizierten Gegenständen etwa in Turnsälen und Schwimmbädern oder – im Fall von Feigwarzen – beim Geschlechtsverkehr übertragen. Auch eine Selbstansteckung ist möglich. Bis die Krankheit sichtbar wird, vergehen in der Regel drei bis vier Monate.
Frost und Hitze heilen
Die meisten Warzenformen ziehen aber glücklicherweise keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach sich. Da man aber nicht vorhersagen kann, ob der ersten Warze weitere folgen, ist man gut beraten, die kleinen Knoten möglichst bald zu behandeln. Möglichkeiten gibt es viele. Das Therapiespektrum beginnt bei Warzentinkturen, -pflastern oder -cremen, die Salizylsäure oder ähnliche Wirkstoffe enthalten. Sie weichen die Warze auf, und der Arzt trägt sie dann Schicht für Schicht vorsichtig mit einem Hauthobel ab. Jedoch dürfen die ätzenden Mittel weder ins Gesicht noch auf verletzte Hautstellen aufgetragen werden. Naturheilmittel wie das Schöllkraut vom Straßenrand sind keine Alternative, da sie ebenfalls die Haut reizen. Neuere Medikamente zur äußerlichen Anwendung enthalten Substanzen, die das Zellwachstum unterdrücken oder das Immunsystem beeinflussen.
Die Vereisung mit flüssigem Stickstoff ist eine weitere Behandlungsmethode, die man mit Sprays aus der Apotheke häufig gut selbst durchführen kann. Durch das Einfrieren auf minus 190 Grad Celsius bildet sich eine Blase, die oberste Hautschicht mit der Warze stirbt ab und wird abgestoßen. Mit Hilfe der Elektrokaustik kann man die Warze aber auch „verkochen“. Darunter versteht man das Einschmelzen mit einem speziellen Gerät, das an seiner Spitze Hitze erzeugt. Dieser Eingriff wird in lokaler Betäubung durchgeführt. Die Wunde blutet nicht, aber kleine Narben bleiben zurück und es können erneut Warzen wachsen. Ringskalpell und Laser wiederum entfernen die Warzen im Idealfall narbenfrei. „Jede Therapie sollte möglichst schonend sein und auf das Entfernen des sichtbaren Warzenmaterials abzielen“, sagt Werner Aberer. „Ein Ausmerzen der Viren ist nicht möglich.“
Das ist auch der Grund, weshalb man keinesfalls selbst Hand an eine Warze anlegen sollte. Denn durch das Aufkratzen gelangen die Viren auf andere Hautbezirke, winzige Verletzungen bieten ihnen optimale Eintrittspforten, und die Warzen können sich auch dort ausbreiten.
Geduld, Geduld
Warzen sind im Lauf der Geschichte zum Markenzeichen der Hexen geworden, haben etwas Furchterregendes, ja Anrüchiges. Das hängt mit ihrem unschönen Aussehen zusammen und der erst spät entdeckten Übertragungsart. „Es kann jeden treffen“, sagt Aberer. Aber Grund zur Furcht gibt es nicht. Vielmehr erfordert die Behandlung Geduld. Es kann Monate dauern, bis die Warzen erfolgreich bekämpft sind. Manchmal aber verschwinden die störenden Knoten nach einigen Monaten von selbst – ein Zeichen für ein starkes Immunsystem, denn wer die Warzen durch Selbstheilung loswird, darf hoffen, dass er für den Rest seines Lebens gegen die auslösende Virusart immun ist.
Kleine Warzenkunde
Warzen sind gutartige Geschwüre, die durch humane Papillomviren (HPV) hervorgerufen werden und meist keine Beschwerden verursachen, während Hühneraugen an Druckstellen entstehende Hornhautverdickungen sind, die oft dornartig in das darunter liegende Gewebe wachsen und somit Schmerzen auslösen können. Auch Hornhautschwielen entstehen überall dort, wo die Haut ständig beansprucht wird – typischerweise an den Fußsohlen und Handflächen.
Je nach Virustyp schauen Warzen verschieden aus. Hautärzte unterscheiden etwa Stachel-, Dorn , Dell- und Alterswarzen. Die meisten davon sind aus medizinischer Sicht unbedenklich. Breiten sie sich aber großflächig aus, werden sie zum ästhetischen Problem und können das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Feigwarzen treten nur an den Geschlechtsorganen und in der Aftergegend auf. Sie sind lästig, unansehnlich und sehr ansteckend, eine ärztliche Behandlung ist daher unbedingt nötig. Auch könnte eine Infektion mit hochriskanten HPV-Erregern dahinterstecken, die an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs bei Frauen entscheidend beteiligt sind.
HPV-Impfung: Nutzen & Risiken
Univ. Prof. Dr. Werner Aberer: „Gegen die Impfung könnten die hohen Kosten* sprechen, oder die Angst, dass gefährliche Virustypen, gegen die man nicht geimpft ist, überhandnehmen könnten, und die Befürchtung, manche Geimpfte würden es mit den regelmäßigen Kontrollen beim Gynäkologen nicht mehr so genau nehmen. Ich meine aber, diese Argumente der Impfkritiker stehen auf schwachen Beinen.
Bei unserem heutigen Wissensstand spricht sehr vieles für die HPV-Impfung von Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Voraussetzung ist allerdings die Virusfreiheit zum Zeitpunkt der Impfung.“
Aus der Volksmedizin: Kuriose Warzenrezepte
* Bei Vollmond mit einer angeschnittenen Zwiebel über die Warzen streichen und die Zwiebel dann in die Erde eingraben.
* Um Mitternacht den Saft von Löwenzahn über die Warzen streichen und sich vorstellen, wohin die Warzen wandern werden.
* Bei Vollmond um Mitternacht eine Schnecke über die Warzen laufen lassen.
* In einen lila Bindfaden so viele Knoten machen, wie man Warzen hat. Den Faden an einen Zweig binden und verrotten lassen.
* Auch das so genannte Besprechen von Warzen hat seine Wurzeln in der mit Magie durchsetzten Volksmedizin des frühen Mittelalters. Feste Regeln für das Ritual gibt es nicht. Der Heiler hält meist die Hände über die Warzen oder bestimmte Nervenknoten. Dabei formuliert er Beschwörungsformeln entweder nur in Gedanken oder murmelt sie unverständlich vor sich hin. Doch wichtiger als der Wortlaut sei ohnehin die übertragene Energie, die Blockaden löse und die Selbstheilungskraft des Patienten anrege, behaupten die Wunderheiler. Ihr Geheimnis scheint wohl eher in der verständnisvollen Zuwendung zu liegen, die sie ihren Klienten zuteil werden lassen. Für eine Sitzung nehmen sie sich viel Zeit und schaffen ein vertrauensvolles Klima der Ruhe.