Leben & Arbeiten

„Sind wir endlich da?”

Endlich Urlaub, endlich unbeschwerte Zeit mit der Familie! Damit die Reise für Kinder und Eltern erholsam wird, braucht es vor allem eins: eine genaue und vor allem gemeinschaftliche Planung. Lesen Sie, worauf es ankommt, damit der Familienurlaub gelingt.
 
– Von Mag. Alexandra Wimmer

Zum Städtetrip, Bergwandern oder Badeurlaub? An die Adria, einen Kärntner See oder in die Karibik? All-inclusive-Club oder Wohnmobil? Die Planung eines Urlaubs ist mit vielen Entscheidungen verbunden – erst recht, wenn eine Familie verreist: Je mehr Urlauber, desto mehr Bedürfnisse und Wünsche gilt es unter einen Hut zu bringen.
Am besten gelingt dies, indem man die Reise gemeinschaftlich plant. „Eine gute Urlaubsvorbereitung ist das Um und Auf, um wertvolle Erfahrungen machen und schöne Erlebnisse haben zu können. Und diese stärken das Gefühl von Zusammengehörigkeit“, betont Mag. Martin Mayerhofer, klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe in Graz. Indem Eltern und Kinder gemeinsam planen, lässt sich zudem im Vorfeld die Wahrscheinlichkeit für Stress, Konflikte und Frust minimieren.

Gemeinsam steigt die Vorfreude
Stimmen Sie sich auf die schöne Zeit ein: Wohin soll es gehen? Was sind unsere Bedürfnisse? Was wollen wir erleben? Speziell die Wünsche der Kinder sollten unbedingt berücksichtigt werden. Je entspannter die Kinder, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die elterlichen Bedürfnisse erfüllt werden.
Es beginnt mit der Wahl des Reiseziels: „Mit einem Teenager kann man gut für drei, vier Tage einen Städtetrip machen. Mit einem vier- oder fünfjährigen Kind wird man wahrscheinlich den Badeurlaub bevorzugen“, erklärt der Psychologe. Wie dieser aussehen soll – auch diesbezüglich gehen kindliche und elterliche Bedürfnisse oft auseinander. Die Erwachsenen wollen einfach abschalten, in der Sonne liegen und in Ruhe ein Buch lesen. „Kinder verbinden einen Badeurlaub mit dem Bauen von Sandburgen, Schnorcheln oder dem Sammeln von Muscheln.“ Unbedingt sicherstellen sollte man außerdem, dass die Unterkunft kinderfreundlich ist. „Kinder spüren, wenn sie nicht willkommen sind.“

Familienzeit im Fokus
Schließlich muss der Urlaub zur Familie passen – und nicht umgekehrt. Auch wenn das Urlaubsland mit unzähligen Attraktionen wartet, sollte man die Unternehmungen auf die Familienmitglieder abstimmen. Oft sind es Kleinigkeiten, die Kinder am Urlaubsort faszinieren: eine bestimmte Eissorte, ein lustiger Springbrunnen – sehenswürdig ist, was der Familie gefällt. Planen Sie bewusst viel Zeit zum entspannten Entdecken und unbeschwerten Spielen ein. Gerade kleinere Kinder haben oft Schwierigkeiten, mit den vielen Eindrücken umzugehen – das Spielen hilft ihnen, diese zu verarbeiten.

Auf Land und Leute könnte man sich vorab einstimmen, indem man einen Kinderatlas, Reiseführer und -prospekte studiert. Recherchieren Sie gemeinsam: Welche Pflanzen, Tiere, Museen und andere Sehenswürdigkeiten gibt es? Die Vorbereitung bis hin zum gemeinsamen Kofferpacken steigert die positiven Erwartungen und die Vorfreude. Eine kindgerechte Einstimmung erleichtere die Umstellung auf den Urlaubsrhythmus, ist Prim. DDr. Peter Voitl, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien, überzeugt. „Kleine Kinder haben keine Vorstellung davon, was es heißt, nach Thailand zu fliegen. Man sollte ihnen veranschaulichen, was ein Langstreckenflug bedeutet und was sie punkto Temperaturen, Essen, Umgebung erwartet.“ Ein Kuscheltier oder vertraute Snacks könnten bei der Umstellung zusätzlich helfen.

Vom Start weg in Ferienlaune

Im Optimalfall sind Eltern und Kinder bei der Abfahrt schon in Ferienlaune. Viele Berufstätige stehen jedoch unter hohem Druck und starten quasi direkt vom Büro in den Urlaub. Eine lange Anreise – ob per Auto, Bahn oder Flugzeug – strapaziert das Nervenkostüm zusätzlich. „Mit dem Stress steigt die Anfälligkeit für mögliche Konflikte“, warnt Mayerhofer. Der Stress überträgt sich auf die Kinder, die dann vielleicht quengelig oder missmutig sind. Sind die Erwachsenen hingegen entspannt und gut ausgeruht, verbessern sich die Konzentration und Laune – das kommt der Sicherheit und dem Wohlbefinden der ganzen Familie zugute. Auch können die Eltern es den Kindern leichter nachsehen, wenn diese überdreht sind, weil alles aufregend, neu und zuweilen anstrengend ist.
Vergessen Sie nicht, ausreichend Proviant einzupacken: schmackhafte, gesunde Snacks und genügend zu trinken. „Unbedingt vermeiden sollte man zuckerhaltige Getränke wie Eistee. Stattdessen empfehlen sich Wasser und gelegentlich Smoothies“, betont Kinderarzt Voitl. Speziell, wenn man mit dem Auto unterwegs ist, sollte auf regelmäßige Pausen geachtet werden. Animieren Sie die Kinder zur Bewegung an der Luft. Gehen Sie auf einen Spielplatz, spielen Sie Fangen oder Federball – das kommt dem kindlichen Bewegungsdrang entgegen. Für Abwechslung während der Fahrt könnten Hörbücher oder Musik-CDs sorgen. Oder altersgerechte Aufgaben wie das Studieren der Straßenkarte. Man könnte sich auch lustige Namen für die Autokennzeichen überlegen: „Lahmendes Lama“ für „LL“ oder „Hustende Hexen“ für HH. Damit lässt sich dem „Kinderleiden Langeweile“ wirksam vorbeugen. Von neuen Medien wie Laptop und Smartphone als „Entertainer“ sollte man absehen. „Bleibt das Handy zuhause, ist der Erholungsfaktor größer und die Wahrscheinlichkeit für positive Erlebnisse steigt“, betont Psychologe Mayerhofer.

Konflikte und Enttäuschungen handhaben

Selbst am Urlaubsort ist man vor Stress nicht gefeit. Manche Familie überfordert die plötzliche Nähe, die man von zuhause nicht gewöhnt sind. Wieder ist eine gute Vorbereitung die beste Konfliktprophylaxe – etwa, indem man im Vorfeld die Bedürfnisse nach Freiräumen abklärt. Steht das gemeinsame Erleben im Vordergrund, lassen sich kleine Ärgernisse wie ein verregneter Vormittag leichter oder buchstäblich spielend  ertragen.
Der gelungene Urlaub endet mit einem entspannten Ausklang. Geben Sie sich möglichst einige Tage Zeit zum Ankommen. Zeit, um Fotos anzuschauen und ein Album zu gestalten – und in schönen Erinnerungen zu schwelgen.

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Gut gerüstet und geschützt
Das sollte ins Urlaubsgepäck

Auf Veränderungen ihres Schlaf- und Essensrhythmus reagieren Kinder deutlich sensibler als Erwachsene. „Langstreckenflüge werden am besten in die Schlafphasen des Kindes gelegt“, informiert der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde Prim. Ass. Prof. DDr. Peter Voitl. Um der Reiseübelkeit vorzubeugen, empfiehlt sich leichte Kost. „Auch gibt es sehr gute Medikamente gegen Reiseübelkeit“, ergänzt Voitl. Verdauungsprobleme sind ebenfalls keine Seltenheit: Wenn Kinder zu wenig trinken, kann das eine Verstopfung verursachen. „Kleinkinder, die alles in den Mund nehmen, können sich Durchfallerreger einfangen“, betont Voitl.
Da ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist, sind Kinder punkto Infektionen, auch durch harmlose Erreger, stärker gefährdet als Erwachsene. Auch die Haut ist besonders sensibel und muss vor der Sonne geschützt werden. Zum Sonnenschutz gehört der Augenschutz – auf Sonnenbrillen und Kappen sollte man nicht vergessen!
Lesen Sie auf Seite 29, was in die Reiseapotheke gehört. Wichtig: Alles, was griffbereit sein muss, muss ins Handgepäck! Den Kindern könnte man „SOS-Armbänder“ für Notfälle geben, die mit der Handynummer der Eltern versehen sind. Informieren Sie sich außerdem rechtzeitig über die notwendigen Kinderimpfungen für das Urlaubsland.

Stand 05/2018

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