Partnerschaft & Sexualität

Schmerzen beim Sex

Das Leiden vieler Frauen
 
Neben Lustlosigkeit und Orgasmusstörungen sind Schmerzen beim Geschlechtsverkehr die häufigsten sexuellen Probleme von Frauen. Viele leiden jahrelang, die wenigsten sprechen darüber. Was meistens dahintersteckt, wenn der Sex weh tut, und wie sich die ungetrübte Lust auf Liebe wiederfinden lässt.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Ein Brennen, Stechen, unangenehmes Druckgefühl oder Ziehen im Unterleib: So können sich Schmerzen beim Geschlechtsverkehr anfühlen – die auf die eine oder andere Art wohl jede Frau irgendwann im Lauf des Lebens spürt. „Schmerzen beim Sex zählen zu den häufigsten sexuellen Problemen der Frauen“, weiß Dr. Barbara Eberz, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Mürzzuschlag und ergänzt: „Oft verursachen die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr erst die beiden anderen Probleme, die Frauen in Partnerschaften häufig quälen, das sind die Orgasmusstörungen und die Lustlosigkeit.“ Die Medizinerin, die sich auf Erkrankungen der Vulva und Scheide spezialisiert hat und in ihrer Ordination eigene Sprechstunden für Betroffene anbietet, weiß auch: Viele Frauen erdulden jahrelang Schmerzen beim Sex, ehe sie Hilfe suchen. Dies entweder aus Scham, oder weil sie meinen, das Ziehen oder Brennen würde irgendwann wieder von selbst vergehen. So oder so: Die Frauen leiden jedenfalls unnötig, betont Barbara Eberz. Denn Patientinnen, die von Dyspareunie betroffen sind, wie Mediziner die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr nennen, „kann oft schon mit einfachen Mitteln geholfen werden“. Die Art und Dauer der Behandlung richtet sich nach der Ursache. Lesen Sie, was meistens dahinter steckt, wenn der Sex wehtut, und wie sich die ungetrübte Lust auf Liebe wiederfinden lässt.

Umbau im Hormonhaushalt

Rund um das 50. Lebensjahr ist es bei den meisten Frauen so weit: Die Wechseljahre beginnen, der Hormonhaushalt wird umgebaut, und der Körper reduziert die Ausschüttung der weiblichen Sexualhormone Östrogene. Dies zieht Veränderungen der Schleimhaut nach sich, denn mit den Östrogenen gehen ihr die wichtigsten Unterstützer bei der Produktion von Feuchtigkeit verloren. „Deswegen wird die Schleimhaut in der Scheide trockener, dünner und empfindlicher gegenüber Belastungen“, erklärt Barbara Eberz. So kann es dazu kommen, dass der Sex schmerzt und statt Lust nur noch Frust bereitet.

Was hilft?
Eberz: „Gegen Scheidentrockenheit helfen spezielle Cremen, Gels oder Zäpfchen.“ Oft gehören die Trockenheit und mit ihr die Dyspareunie sogar dauerhaft der Vergangenheit an, wenn die Mittel konsequent angewendet werden.

Bakterien, Pilze, Viren

Passieren kann es beim Gang auf ein WC oder beim Schwimmen im Pool, aber auch beim Geschlechtsverkehr – vor allem dann, wenn die Abwehr des Körpers geschwächt ist: Bakterien, Pilze und Viren dringen in die Schleimhaut im Scheidenbereich ein, wodurch sie sich entzündet. „Das führt zum Beispiel zu einem Ausfluss, einem Jucken, Rötungen oder zur Bildung von Bläschen“, so Barbara Eberz. Aufgrund der Beschwerden haben betroffene Frauen zwar oft ohnedies keine Lust auf Geschlechtsverkehr – kommt es aber dennoch dazu, ist der Sex ganz und gar kein Vergnügen. Durch die mechanische Belastung der Haut verschlimmern sich die Beschwerden.

Was hilft?
Eberz: „Wer Anzeichen für eine Scheideninfektion an sich entdeckt, sollte sich so bald als möglich untersuchen lassen.“ Der Arzt kann anhand der Symptome und einer Untersuchung des Scheidensekrets unter dem Mikroskop meist gleich erkennen, ob die Beschwerden tatsächlich auf eine Scheideninfektion zurückgehen und welche Bakterien, Pilze oder Viren schuld an der Misere sind. Mit den passenden Cremen, Zäpfchen und Tabletten lassen sich die Hindernisse auf dem Weg zu ungetrübter Lust oft schon binnen weniger Tage aus dem Weg räumen.    ‘

Seife, Verhütungsschaum, String-Tanga

Derzeit will es das Schönheitsdiktat so, und insbesondere junge Frauen folgen ihm: Das Schamhaar muss wegrasiert werden, und mit ihm fällt ein Schutz für die sensiblen Hautareale in der Intimzone weg. Werden dann noch täglich Seife, Intimreiniger und Intimdeos angewendet, kommt es leicht zu Hautreizungen, die beim Sex weh tun. Auch Verhütungsschaum kann die Scheidenschleimhaut so sehr reizen, dass der Geschlechtsverkehr keinen Spaß mehr macht. Und sogar Unterwäsche kann die Lust trüben, wenn beispielsweise String-Tangas getragen werden, deren String die empfindliche Haut im Intimbereich aufreibt.

Was hilft?

„Junge Frauen, die wegen solcher Reizungen an Dyspareunie leiden, lassen sich am besten von einer Gynäkologin beraten“, so Eberz. Haben sich bereits Entzündungen bzw. Ekzeme gebildet, helfen entsprechende Medikamente.

Lichen, Neurodermitis, Schuppenflechte

Sie entstehen durch eine Fehlregulation des Immunsystems – die Hautkrankheiten Lichen sclerosus, Lichen planus, Neurodermitis und Psoriasis bzw. Schuppenflechte. „Wenn diese Hautkrankheiten im Scheideneingangs- und Scheidenbereich  auftreten, kann es dort auf der Haut und Schleimhaut zu Veränderungen wie Rissen, Wunden oder Verdickungen kommen“, informiert Medizinerin Eberz. „Bei mechanischen Belastungen, wie dem Einführen eines Tampons, dem Radfahren, besonders aber beim Geschlechtsverkehr können diese Veränderungen schmerzen.“

Was hilft?

Eberz: „Frauen, die an Psoriasis, Neurodermitis oder Lichenerkrankungen im Bereich der Scheide leiden, hilft eine Behandlung mit entzündungshemmenden, cortisonhaltigen Salben oder Cremen, die auf die erkrankte Haut und Schleimhaut aufgetragen werden.“ Oft heilt die Haut nach einer kurartigen Therapie über einige Wochen für eine Zeit lang ab und die Behandlung braucht erst nach einer längeren Pause wiederholt werden.

Endometriose, Myome, Zysten

„Auch durch verschiedene Gewebeveränderungen im Bereich der Gebärmutter und Scheide kann es zu Dyspareunie kommen“, weiß Barbara Eberz und ergänzt: „Besonders oft geschieht das bei einer Erkrankung an Endometriose.“ Dabei befindet sich nicht nur dort, wo sie hingehört – in der Gebärmutterhöhle – Gebärmutterschleimhaut, sondern auch an anderen Stellen im Beckenbereich, wo sie ebenfalls den Menstruationszyklus durchläuft und blutet. Nur kann das Blut nicht nach außen abfließen. Eberz: „Wird beim Geschlechtsverkehr Druck auf solche Stellen ausgeübt, kann das schmerzhaft sein.“ Genauso verhält es sich bei Myomen oder Zysten in der Gebärmutter oder an den Eierstöcken.

Was hilft?

Sind Zysten, Myome oder Endometriose die Ursache für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, „kann eine Operation helfen, bei der die Gewebeveränderungen entfernt werden, eine Hormontherapie, oder eine Kombination aus beidem“, informiert Eberz.

Beziehungsprobleme, Stress, Verstimmungen

Mitunter löst die Psyche körperliche Beschwerden aus, die die Lust auf die Liebe trüben, weiß Gynäkologin Barbara Eberz. Bestehen in der Beziehung Probleme, steht eine Frau aus anderem Grund unter Stress oder ist sie verstimmt, führt dies vielfach dazu, dass die feuchtigkeitsproduzierenden Drüsen am Scheideneingang nicht wie sonst funktionieren und die Scheide trocken bleibt. Oder es spannen sich unwillkürlich Muskeln im Beckenboden an und verkrampfen. Eberz: „Dann sind Schmerzen beim Sex programmiert.“  

Was hilft?
„Stecken psychische Belastungen oder Probleme in der Partnerschaft hinter den Schmerzen beim Sex, sollte an eine psycho-sexuelle Therapie bei einer Sexualmedizinerin gedacht werden“, empfiehlt Eberz. Bei anhaltenden, die Lust trübenden Muskelverspannungen könnte eine Physiotherapeutin helfen.

Stand 09/2015

Share

Das könnte Sie auch interessieren:

Logo medizinpopulär