Soja: Bohne mit Power

Februar 2008 | Ernährung & Genuss

Wie gesund Soja wirklich ist
 
Die Sojabohne hat es in sich: Mit ihrer geballten Ladung an wertvollen Inhaltsstoffen gilt sie als Wunderbohne, als Better-Aging-Mittel, das uns jung hält und schön macht. Weniger bekannt ist, dass der Konsum von Soja und Sojaprodukten den Choles­terinspiegel und Blutdruck in Ordnung bringen und so Herz- und Kreislauferkrankungen vorbeugen kann. Aber Vorsicht: Nicht jedem tut’s gut! Für MEDIZIN populär informiert Ernährungsmediziner Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Die Erfolgsstory der Sojabohne hat 2838 vor unserer Zeitrechnung ihren Anfang genommen. Damals, vor beinahe 5000 Jahren, verfassten die alten Chinesen ein Dokument, in dem sie Soja neben Gerste, Hirse, Reis und Weizen zur heiligen Pflanze erklärten. In der Folge eroberte sich Soja einen fixen Platz in der chinesischen, aber auch indischen und japanischen Küche, wurde im 17. Jahrhundert für Europa entdeckt und machte nach ihrer Präsentation auf der Weltausstellung 1873 in Wien in Amerika Furore. Dort erfolgte auch die jüngste Würdigung der Sojabohne: Die US-Gesundheitsbehörde gab eine Ernährungsempfehlung aus, die besagt, dass der Verzehr von täglich 25 Gramm Sojaprotein das Risiko senkt, Herz- und Kreislauferkrankungen zu bekommen, freilich unter der Voraussetzung, dass man sich ansonsten vernünftig ernährt, also zumindest fettarm isst.

„Solche Aussagen werden in den USA nicht leichtfertig getroffen“, sagt Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm, Ernährungsmediziner sowie Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien, „sondern nur dann, wenn wissenschaftlich eindeutig bewiesen ist, dass sie stimmen.“ Die Studien, die der Ernährungsempfehlung der Amerikaner zugrunde lagen, wurden inzwischen auch schon durch das Ergebnis einer neueren Studie bestätigt, die an der Universität von Mailand lief.

Wie ist die positive Wirkung von Soja auf Herz und Kreislauf zu erklären? Der Haupt-Risikofaktor für Herz- und Kreislauf­erkrankungen ist ein Überschuss des LDL-Cholesterins im Blut. Zuviel davon führt zu Ablagerungen in den Adern, die nach und nach verkalken. Das wiederum kann den Blutfluss erschweren und stoppen und einen Schlaganfall oder Herzinfarkt nach sich ziehen. Soja packt das Übel sozusagen an der Wurzel an und bringt den LDL-Cholesterin-Spiegel über das pflanzliche Eiweiß, das in der Bohne steckt, in Ordnung.

Schädliches Cholesterin senken
Dass Soja auf diese Art und Weise nicht nur Erwachsenen beim Gesundbleiben und Gesundwerden hilft, sondern auch Kindern und Jugendlichen, die erblich bedingt zur Risikogruppe für Herz- und Kreislauferkrankungen zählen, wies Prof. Widhalm in einer Studie in Wien nach. Vom Speiseplan der Betroffenen wurden das tierische Fett und das tierische Eiweiß gestrichen und durch das pflanzliche Öl und Eiweiß im Soja ersetzt. „Schon nach drei Monaten war bei 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen der Gehalt des schädlichen Cholesterins im Blut zurück gegangen“, freut sich Prof. Widhalm. Aus dem Ergebnis könne man den Schluss ziehen, dass Soja ein nützliches Instrument für die Prävention von Herz- und Kreislauferkrankungen auch bei den meisten Kindern und Jugendlichen ist, kurz, dass Soja gegen Herz- und Kreislauferkrankungen wirkt.

Bluthochdruck wegknabbern
Nach einer neuen Studie, die von einer Forschergruppe des Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston durchgeführt wurde, hilft Soja auch gegen einen weiteren Risikofaktor für Herz- und Kreislauferkrankungen: Bluthochdruck. Für die Studie wurden 60 Frauen vier Monate lang auf eine spezielle Diät gesetzt: Man gab ihnen täglich eine halbe Tasse Sojanüsse zu knabbern – und dafür entsprechend weniger tierisches Fett und Eiweiß zu essen. Tatsächlich war der obere Blutdruckwert nach den Soja-Knabberwochen im Durchschnitt um 5,5 Prozent niedriger, der untere Wert sank um durchschnittlich 2,7 Prozent.

Krebs vorbeugen
Dass die positive Wirkung von Soja auf unser Herz- und Kreislaufsystem nicht nur auf dem pflanzlichen Öl und Eiweiß basiert, wurde wiederum von Wissenschaftlern in London nachgewiesen. Die weiteren Inhaltsstoffe, um die es geht, sind Substanzen, die entzündungshemmend und antioxidativ wirken, die freie Radikale abfangen, also jene Moleküle, die Zellen in der Gefäßwand schädigen.

Weil auch die Entstehung von Krebs auf chronische entzündliche Prozesse zurückgeführt wird, nimmt man an, dass der Verzehr von Soja genauso gut wie gegen Herzinfarkte oder Schlaganfälle auch gegen Tumorerkrankungen wirkt. Prof. Widhalm: „Diese Annahme besteht aufgrund der Ergebnisse von vergleichenden Studien mit Frauen und Männern aus dem asiatischen Raum und Teilnehmern aus Europa und den USA.“ Asiaten, die täglich durchschnittlich 125 Milligramm Isoflavona mit Sojaeiweiß zu sich nehmen, erkranken wesentlich weniger häufig an Brustkrebs bzw. Prostatakrebs als Europäer und Amerikaner, die im Durchschnitt unter fünf Milligramm zu sich nehmen: Das sind um drei Milligramm weniger, als ein Viertel Liter Sojamilch enthält. Zu erklären ist die vermutete krebshemmende Wirkung von Soja damit, dass die Pflanzenhormone in der Bohne den Körper dabei unterstützen, Substanzen aufzubauen, die das Wachstum von Zellen – auch von Krebszellen! – kontrollieren.

Wechselbeschwerden lindern
Am bisher häufigsten nachgewiesen wurde die positive Wirkung der Wunderbohne auf Frauen mit Wechselbeschwerden. Diese werden durch die Phytoöstrogene in der Pflanze gelindert, die den Östrogenhaushalt regulieren und gegen Schweißausbrüche, Schwindel, Schlaf­losigkeit und Nervosität, wahrscheinlich sogar auch gegen die hormonell bedingte Osteoporose helfen.

Außerdem soll sich die Bohne noch gut auf die Darmgesundheit auswirken, da sie die guten Bakterien im Darm vermehrt. Und von der Bohne profitieren nachweislich schließlich auch Allergiker. Genauer Milcheiweißallergiker, da Soja Lactose-frei ist, aber auch Glutamat-Allergiker, da Soja glutenfrei ist.

Gut für Haut und Haar
Für die Annahme, dass der Konsum von Soja und Sojaprodukten auch dem jugendlichen Aussehen, der dazu gehörigen jugendlichen Leistungsfähigkeit sowie der Schönheit dient, gibt es publikumswirksame Testemonials: Niemand geringerer als Arnold Schwarzenegger, die Pop-Ikone Madonna und die New Yorker Designerin Donna Karan haben öffentlich kund getan, von Milchprodukten auf Sojaprodukte umgestiegen zu sein. Was die Wissenschaft dazu sagt? „Bewiesen ist, dass Sojabohnen zellschützende Antioxidantien enthalten, sowie auch Vitamin E und die Vitamine aus dem B-Komplex“, sagt Prof. Widhalm. Also Substanzen, die Haut und Haar jedenfalls gut tun.

Der Name der Sojabohne geht auf „sou“ zurück, was soviel wie „große Bohne“ heißt. Vor allem durch die Fürsprache der erwähnten US-Promis hat sich die Kunde von der großartigen Wirkung der Bohne auf die Gesundheit und als Better-Aging-Mittel verbreitet. Inzwischen essen nach einer Umfrage der ACN ­Nielsen Marktforschungsgesellschaft bereits rund 25 Prozent der Europäer über 15 Jahren Soja und Sojaprodukte und geben als Grund dafür deren gesundheitsfördernde Wirkung an. Der Absatz von Sojamilch stieg weltweit von 2004 auf 2005 um nicht ­weniger als 30 Prozent. Und ein Ende des Soja-Booms ist nicht abzusehen.

Nicht jedem tut‘s gut
Dennoch gibt es auch Menschen, die da besser nicht mitmachen und von Soja die Finger lassen sollten. So zum Beispiel Birkenpollenallergiker: Sie werden von der deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie darauf hingewiesen, dass das wichtigste Allergen der Birkenpollen dem Sojaprotein ähnlich ist und auch vergleichbare Beschwerden auslösen kann. Sicherheitshalber Hände weg von Soja heißt es auch für Kinder mit Allergien oder allergischer Veranlagung. Sie sollten keine Sojaprodukte bekommen, vor allem nicht in den ersten zwei Lebensjahren. Und besondere Vorsicht ist auch bei der Versorgung von Säuglingen mit Sojamilch als Kuhmilchersatz geboten.

Das Argument der Warner, zu denen auch Prof. Widhalm zählt: „Es gibt keine Langzeitstudien über die Auswirkungen des Kuhmilchersatzes durch Soja und Sojaprodukte in der Säuglingsernährung, daher haben wir beschlossen, sicherheitshalber dazu zu raten, im ersten Lebensjahr kein Soja zu geben, außer der ­behandelnde Arzt rät ausdrücklich dazu.“

Was ist Soja?
Soja wird aus der Sojabohne gewonnen, eine Hülsenfrucht, die schon vor 5000 Jahren in China kultiviert wurde. Die Pflanze wird je nach Sorte zwischen 20 Zentimeter und zwei Meter hoch, die meisten Sorten sind an den grünen Stängeln und Blättern dicht behaart. Aus den Blüten wachsen die Hülsen mit den Sojabohnen. Die Sojabohnen haben einen hohen Anteil pflanzlichen Eiweißes von 39 Prozent und einen hohen Ölanteil von 17 Prozent. Hoch ist auch der Gehalt der ­Sojabohne an Ballaststoffen, an Vitaminen des B-Komplexes sowie an den Mineralstoffen Eisen, Kalium, Kalzium, Lecithin, Magnesium und Phosphor. Außerdem enthalten Sojabohnen Phytoöstrogene, pflanzliche weibliche Sexualhormone, die dabei helfen, Wechselbeschwerden zu lindern, und pflanzliches Cholesterin, das den Cholesterinspiegel reguliert.

Was wird mit Soja gemacht?
Die grünen Hülsen der Sojabohnen sollten nicht roh gegessen werden, können aber entweder wie andere Hülsenfrüchte als Beilage oder Hauptspeise zubereitet werden, oder man trocknet sie und isst sie so. Der Großteil der Sojabohnen, die weltweit produziert werden, wird aber weiter verarbeitet. Dabei wird das Öl extrahiert, die Restmasse wird als Futtermittel für Tiere genutzt und dient Menschen in Form von Tofu, Sojamilch, Sojajoghurt oder anderen Sojaprodukten als Ersatz für Fleisch und Milchprodukte. Bei uns erhältlich sind auch die Sojaprodukte Sojasauce, Miso-Paste und der Tempeh-Käse. Soja wird aber auch für die Produktion von Margarine, Brat- und Backfetten sowie Mehl verwendet. Kein Sojaprodukt sind im Übrigen die so genannten Soja-Sprossen. In Wahrheit handelt es sich dabei um Keime einer anderen Bohne, der Mungbohne.

Soja in Österreich
Interview mit Landwirt Reinhard Ecker, der in Weikendorf im Weinviertel seit 15 Jahren Soja anbaut

MEDIZIN populär: Herr Ecker, Soja gehört nicht zu den Pflanzen, die traditionellerweise in Österreich angebaut werden. Warum sind Sie Sojabauer geworden?

Reinhard Ecker: Wir haben schon vor 15 Jahren angefangen, Soja anzubauen. Grund war, dass die Nachfrage da war und unser Boden und Klima für den Soja-Anbau ganz gut geeignet waren. Soja hat es nämlich gern warm und feucht, und warm ist es ja in unserer Gegend. Inzwischen bauen wir Soja sehr gern an. Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Pflanze relativ anspruchslos ist und auch keine Feinde hat, das heißt, bei Soja erspart man sich die Schädlingsbekämpfung. Wenn man nach dem Prinzip der Fruchtfolge wirtschaftet und auf verschiedenen Feldern zur Erholung des Bodens immer wieder eine andere Getreidesorte anbaut, ist Soja außerdem auch eine gute Alternative zu Getreide.

Die Nachfrage nach Soja soll ja sehr groß sein und immer größer werden.

Das stimmt. Deswegen hat sich auch die Anbaufläche in Österreich von 9000 Hektar im Jahr 1990 auf 25.000 Hektar im Jahr 2006 vergrößert. Damals wurden bundesweit 60.000 Tonnen geerntet. Im Jahr 2007 ist die Anbaufläche allerdings wieder auf 20.000 Hektar zurückgegangen, weil wegen der guten Ernten in den Hauptanbaugebieten von Soja in China, Indien und Südamerika die Nachfrage bei uns nachgelassen hat. Ich denke aber, es wird bei uns auch wieder aufwärts gehen, weil Soja als Nahrungsmittel immer beliebter wird, und weil die Konsumenten es sicher zu schätzen wissen, wenn sie Soja bekommen, das in Österreich angebaut und geerntet wurde.

Wie lang dauert es, bis Soja erntereif ist?

Ungefähr ein halbes Jahr. Die Aussaat machen wir in der Zeit von Ende April bis Mitte Mai, geerntet wird dann im September.

Und wie viel Soja gibt Ihr Boden her?

Wir bebauen zwischen fünf bis sieben Hektar und ernten 2500 bis 4000 Kilo pro Hektar, das macht also zwischen 12,5 und 28 Tonnen pro Jahr. Damit zählen wir zwar zu den größeren Sojabauern in Österreich, aber die Soja-Ernte ist nur ein Teil unserer sonstigen Ernte. Hauptsächlich bauen wir Gerste und Weizen an.

Wen beliefern Sie mit Ihrem Soja, und was wird damit gemacht?

Wir liefern unsere Sojabohnen zu Zwischenhändlern, die verkaufen sie dann weiter. So weit ich weiß, wird aus einem Teil der österreichischen Soja-Ernte Tierfutter gemacht, ein anderer Teil geht an Nahrungsmittel-Hersteller, die Soja-Produkte wie Soja-Milch, Soja-Joghurt oder Tofu produzieren oder die das Soja zu Tiefkühlgerichten verarbeiten.
 

aktuelle Ausgabe

MP Cover 2023-06

Sie wollen mehr?

Das freut uns!

 

WÄHLEN SIE EINFACH AUS:
» E-Magazin in der APP «
» E-Magazin im Austria Kiosk «

E-Magazin

Gewinnspiel

Service

Kontakt

aktuelle Ausgabe

MP Cover 2023-06

Sie wollen mehr?

Das freut uns!

 

WÄHLEN SIE EINFACH AUS:
» E-Magazin in der APP «
» E-Magazin im Austria Kiosk «

Service

E-Magazin

Gewinnspiel

Kontakt

E-Magazin

Gewinnspiel

Kontakt

Service