Weg mit dem blauen Fleck

September 2008 | Medizin & Trends

Achtung: Nicht jeder Bluterguss ist harmlos
 
Ob nach der Kollision mit der Schreibtischlade, der unsanften Begegnung mit der Bettkante oder dem ungeschickten Hantieren mit der Beißzange: Ein blauer Fleck ist schnell da – aber nicht immer ist der Bluterguss ein rein kosmetisches Problem von kurzer Dauer. Lesen Sie, was hinter dem geheimnisvollen Farbenspiel steckt, wie Sie sein Verschwinden beschleunigen und welche schweren Erkrankungen einem gehäuften Auftreten von blauen Flecken zugrunde liegen können.
 
Von Mag. Helga Schimmer

Wer sich leicht an der Bettkante stößt, muss nicht gleich zum Arzt – ein kleiner blauer Fleck bildet sich normalerweise von selbst zurück. Der Ausrutscher im Schwimmbad dagegen kann durchaus einen ausgedehnten Bluterguss nach sich ziehen, der in besonders schweren Fällen sogar eine Behandlung im Krankenhaus erfordert. Starke Blutungen in das Gewebe können die Funktionsfähigkeit von Gelenken, Muskeln und Nerven beeinträchtigen, und bei Prellungen am Kopf zeigt sich manchmal erst nach mehreren Tagen, dass dabei Blutungen entstanden sind, die einen dauerhaften Schaden im Gehirn anrichten können.
Prellungen oder Quetschungen sind die häufigsten Ursachen für Hämatome, wie blaue Flecke in der Fachsprache heißen. „Die Symptome wie Hautverfärbung und leichte Schwellung treten oft erst einige Stunden nach der Verletzung auf“, schildert Dr. Klaus Connert, Allgemeinmediziner in Köstendorf bei Salzburg, den weiteren Verlauf. „Liegt das Hämatom sehr tief, ist es äußerlich nicht sichtbar. Der Patient verspürt aber trotzdem Schmerzen, weil das Blutgerinnsel auf benachbarte Organe oder Knochen drückt.“

Ruhe und Kälte helfen
Den Heilungsprozess eines kleineren Hämatoms kann man unterstützen, indem man den betroffenen Körperteil hoch lagert und die Stelle kühlt. Verschwindet der Bluterguss nach acht bis zehn Tagen nicht, ist es notwendig, einen Arzt zu konsultieren. Dr. Connert: „Manchmal kann ein Blutgefäß spontan und ohne äußeres Zutun platzen, die Blutgerinnung nicht richtig funktionieren oder sich gar ein bösartiger Tumor hinter dem blauen Fleck verbergen.“
Relativ häufig kommt es vor, dass der Körper das Blut im Zentrum eines größeren Hämatoms nicht mehr beseitigen kann. Dann besteht die Gefahr einer bleibenden Zerstörung des Gewebes. In solchen Fällen können Mediziner dem natürlichen Abbauprozess mit der Injektion von Heparin, einem Arzneistoff, der die Blutgerinnung hemmt, auf die Sprünge helfen.
Sollte jemand nach einem leichten Stoß oder gar ohne Fremdeinwirkung blaue Flecke bekommen, ist ein Arztbesuch ebenfalls unumgänglich. Dr. Connert: „Je jünger der Mensch ist, desto auffälliger sind solche Hämatome ohne adäquaten Anlass. Es gibt zum Beispiel Leber- und Knochenmarkserkrankungen, die die Blutgerinnung so verlangsamen, dass es gefährlich werden kann. Denn dieselben Blutungen, die sich oberflächlich an der Haut zeigen, können auch in inneren Organen – vor allem im Magen und Darm – entstehen und dort zu größeren Blutverlusten führen.“

Bisweilen lebensbedrohlich
Auch hinter einem gehäuften Auftreten von Hämatomen versteckt sich unter Umständen eine schwerwiegende Erkrankung. So ist etwa für die Bluterkrankheit, bei der das Blut zu langsam oder überhaupt nicht gerinnt, ein Gendefekt verantwortlich, der vorwiegend bei Männern auftritt. Beim lebensbedrohlichen Myelodysplastischen Syndrom wiederum bildet das Knochenmark aus unterschiedlichen Ursachen funktionsuntüchtige Blutzellen.

Ein Mangel an Blutplättchen, die eine zentrale Rolle beim Wundverschluss spielen, zeigt sich in Form von kleinen roten Punkten. Diese winzigen Blutungen unter der Haut treten meist zuerst an den Beinen auf. Sie entstehen manchmal nach einer Infektion durch „falsche Programmierung“ der körpereigenen Abwehrstoffe, im Gefolge einer Chemotherapie oder als seltene Nebenwirkung von Medikamenten. Ohne Behandlung kann es zu starken, mitunter tödlichen inneren Blutungen kommen.
Menschen mit einer angeborenen Bindegewebsschwäche tendieren bei einer Verletzung leichter zur Bildung eines Blutergusses als andere mit guter Konstitution. „Hier bestehen aber nur geringfügige Unterschiede“, schränkt der Salzburger Allgemeinmediziner Klaus Connert ein. „Wichtig ist, bei häufigen Blutergüssen eine möglicherweise dahinterliegende ernste Erkrankung ärztlich abklären zu lassen.“

Sportunfälle vermeiden
Die einzig mögliche Vorbeugung von blauen Flecken ist Unfallvermeidung. Zwar gelingt es nicht immer, der Bettkante auszuweichen, aber beim Inlineskaten sollten keinesfalls die Knie- und Ellbogenschützer fehlen. Ein Fahrradhelm mag die Frisur beeinträchtigen, hat allerdings bereits so manchen klugen Kopf vor schweren Prellungen bewahrt. Und hat der gegnerische Fußballspieler doch einmal die Wade erwischt, übertreiben Sie’s am besten nicht. Denn während einer Ruhepause verschwinden die blauen Flecke in absehbarer Zeit.

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Von harmlos bis bedenklich: Hämatome

Knutschflecke
Oh Schreck, dachten noch unsere Großmütter, wenn der Liebste ihnen seine allzu leidenschaftlichen Küsse auf den Hals geprägt hatte.
Schamhaft versteckten sie die Peinlichkeiten unter Tüchern und Schals, während spätestens seit dem Ende der 1960er-Jahre Verfechterinnen der sexuellen Befreiung ihre Liebestrophäen provokativ zur Schau tragen. Medizinisch gesehen sind Knutschflecke harmlos. Sie bilden sich, wenn durch das Saugen an der Haut kleine Blutgefäße platzen, und verschwinden meist nach einigen Tagen mit dem bekannten Farbenspiel wieder.

Veilchen
Blaue Flecke in der Augenregion sind dagegen immer ein Alarmzeichen. Die Ursache kann ein Schlag oder Stoß gegen das Auge, aber auch ein Schädelbasisbruch sein. Ziehen Sie daher stets einen Arzt zurate. Er wird den Verletzungsvorgang genau erheben und gegebenenfalls eine Röntgenuntersuchung oder Computertomografie durchführen, um eine Schädigung des Sehapparates, einen Knochenbruch oder eine Gehirnblutung auszuschließen.

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Blauer Fleck-Check
Erste Hilfe nach dem kleinen Unglück

Kühlen
Legen Sie zunächst einen Eisbeutel auf die betroffene Stelle. Die Kälte reduziert die Größe des Hämatoms, da sich die Gefäße zusammenziehen und weniger Blut austritt. Ist gerade kein Eisbeutel zur Hand, tut’s auch ein Umschlag mit kaltem Wasser. Wegen der Gefahr lokaler Erfrierungen sollten Sie niemals Eiswürfel direkt auf die Haut legen.

Ruhen
Lagern Sie Gliedmaßen mit ausgedehnten Blut­ergüssen möglichst hoch, trinken Sie keinen Alkohol und vermeiden Sie Bewegungen und Massagen. So helfen Sie mit, den Blutfluss zum verletzten Gebiet zu verringern.

Wärmen
Nach den ersten 24 Stunden kann eine Wärmebehandlung den Bluterguss mildern. Warme Bäder oder Moorpackungen sind jetzt das Richtige. Empfehlenswert ist auch ein Topfenwickel: Streichen Sie den Topfen einen Zentimeter dick auf das Hämatom und umwickeln Sie die Stelle für zwei Stunden mit warmen Tüchern.

Cremen
Heparinhaltige Salben, mehrmals täglich aufgetragen, können dem Körper ebenfalls helfen, den Bluterguss rascher aufzunehmen. Gute Erfolge erzielt man auch mit Arnikatinktur oder -gelee. Gönnen Sie dabei jedoch empfindlicher Haut eine Extraportion Fett, um Reizungen zu vermeiden.

Zum Arzt
Bei starken Schmerzen, großen Blutergüssen und Prellungen an empfindlichen Körperteilen wie Kopf oder Genitalien sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen.
   

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