Wie gefährlich sind Wurst und Fleisch?

Dezember 2015 | Ernährung & Genuss

WHO-Warnung vor zu hohem Konsum
 
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO steigt das Risiko, an Krebs zu erkranken, je mehr Wurst und Fleisch gegessen wird. Für MEDIZIN populär erklärt ein führender Experte, wie diese Warnung einzuschätzen ist: Wie so oft kommt es auf die Menge an.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Wenn es um die Wurst geht, gehen hierzulande die Wogen hoch: Als die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC, die zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehört, im Oktober hohen Konsum von Wurst und anderem verarbeiteten Fleisch sowie von rotem Fleisch als krebsfördernd einstufte, reagierten Österreichs Politiker und Fleischlobbys deftig. Fleisch sei und bleibe „ein wertvolles Nahrungsmittel, das gesundheitliche Vorteile bringt“, meldete umgehend die Fleischer-Innung. Der Bauernbund bezeichnete die Warnung als „irrwitzig“. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter nannte sie „eine Farce“ und lud   im Parlament zu einer Wurst- und Speckjause ein.
„So geht man mit einer Warnung der WHO nicht um“, zeigt sich der Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm unangenehm überrascht über das, was getan und gesagt wurde. Vielmehr wäre es angebracht, eine derartige Meldung „ernsthaft aufzunehmen und ohne Hysterie weiterzugeben“. Denn, so Widhalm: „Dass bei hohem, also täglichem, Konsum von viel Wurst und Fleisch das Risiko, an Krebs zu erkranken, erhöht ist, ist eine wissenschaftlich eindeutig bewiesene Tatsache.“

„Fleisch darf sein, es kommt nur auf die Menge an“

Trotzdem stellt Experte Widhalm eines klar: „Der Genuss einer guten Fleischmahlzeit soll niemandem genommen werden, Fleisch darf sein, es kommt, wie so oft, nur auf die Menge an.“ Statt täglich oder fast jeden Tag der Woche Fleisch zu essen, empfiehlt der Ernährungsmediziner, dies zwei- bis dreimal die Woche zu tun und auch öfter Geflügel den Vorzug vor rotem Fleisch von Rind, Schwein, Schaf und Ziege zu geben. Zu der Frage, wie groß die Portionen sein sollen, meint Widhalm, dies hänge entschieden vom Ausmaß körperlicher Betätigung ab. Ein bisschen mehr dürfe es schon sein, wenn beispielsweise eine mehrstündige Wanderung oder eine sportliche Radtour hinter einem liegen. Was abgesehen vom moderaten Wurst- und Fleischkonsum sonst noch die ideale Ernährung ausmacht, ist laut Widhalm mit einem Wort erklärt: Ausgewogenheit. Neben Wurst und Fleisch sollte immer wieder auch Fisch auf den Tisch kommen – sowie viel Obst und Gemüse.
Die aktuelle Aussage der WHO basiert auf der Auswertung von 800 Studien durch 22 Experten. Im Detail stellten die Forscher fest, dass sich das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, pro täglich 50 Gramm Wurst oder Würstel, Schinken oder Speck um je 18 Prozent erhöht. Auch Menschen, die viel rotes Fleisch essen, haben laut IARC „wahrscheinlich“ ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Zuviel Wurst und rotes Fleisch auf dem Teller vergrößere „möglicherweise“ zudem das Risiko, an Bauchspeicheldrüsenkrebs und Prostatakrebs zu erkranken. Zurückgeführt wird die Gefahr von Fleischprodukten auf die Verarbeitung. Werden Wurst und Fleisch gepökelt, entstehen beim Kochen aus dem Nitrit, das im Pökelsalz enthalten ist, Nitrosamine, die Krebs auslösen können. Beim Grillen oder Räuchern bilden sich polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die ebenfalls krebserregend sind.
Zu der Überblicksstudie, die bereits länger bekannte Ergebnisse anderer Arbeiten zusammenfasst, ergänzt Widhalm, immer wieder werde außerdem nachgewiesen, „dass bei Menschen, die viel Wurst und Fleisch essen, auch die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen größer ist“. Das liegt laut dem Ernährungsmediziner daran, „dass ein hoher Fleischkonsum gleichbedeutend mit einem hohen Fettkonsum ist“. Und ein hoher Fettkonsum führe über den Umweg von Übergewicht und schlechten Blutfettwerten eben zu Herzinfarkt, Schlaganfall & Co.

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„Ändern Sie nach der aktuellen WHO-Studie etwas an Ihrem Essverhalten?“


Diese Frage wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Studienergebnisse auf www.orf.at gestellt.


28,35 %
antworteten:
„Nein, für mich gehören Wurst und Fleisch zum Essen einfach dazu“.

26,28 %
meinten:
„Nein, ich esse ohnehin nur selten Fleisch und Wurstprodukte“.

21,5 Prozent war die Studie „wurst“.

12,9 Prozent gaben an, ihren Fleisch- und Wurstkonsum stark einschränken zu wollen.

6,45 Prozent überlegten, Vegetarier/Veganer zu werden.

4,52 Prozent planten, Fleisch und Wurst nur noch in Bioqualität kaufen zu wollen.

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Nach Angaben der Agrarmarkt Austria isst der Österreicher im Durchschnitt rund 66 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr.

61 Prozent davon kommen vom Schwein,
rund 18 Prozent vom Rind oder Kalb,
17,4 Prozent von Geflügel,
3,6 Prozent vom Lamm oder ­sonstigen Tieren.


Stand 12/2015

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