Haare sind beileibe nicht nur zum Waschen da, sondern verfügen über eine enorme Symbolkraft. Wirkt der Schopf auf dem Kopf gesund und gepflegt, so hinterlässt der Mensch darunter einen ebensolchen Eindruck. Wie aber kann man sich helfen, wenn die Haare Probleme machen?
Von Mag. Karin Kirschbichler
So viel Trara um das, was Fachleute unromantisch „Hautanhangsgebilde“ nennen? So viel Aufwand um das, was aus totem Hornmaterial besteht und den Schuppen der Reptilien ebenso ähnelt wie den Federn der Vögel? Ja, denn Haare sind nicht nur zum Waschen da. In allen Kulturen wird dem Stylen und Schmücken der Haarpracht große Bedeutung beigemessen. Nicht nur das: Eine psychologische Untersuchung hat gezeigt, dass beim ersten Eindruck, den wir von unserem Gegenüber gewinnen, die Haare eine wesentliche Rolle spielen. Sind die Haare zum Beispiel fettig und ungepflegt, so werden daraus Schlussfolgerungen auf einen unordentlichen Charakter gezogen. Und nicht zu vergessen die Bedeutung der Haarpracht als sexuelles Lockmittel: Volle, glänzende, kräftige Haare gelten als attraktiv und erhöhen die Chancen bei der Partnerwahl.
Glatt und glänzend
Viele Gründe also, der Pflege der Haare Aufmerksamkeit und Zeit zu schenken. Und auch wenn die Haare dafür dankbares Material darstellen, weil sie sich als einziger Körperteil quasi beliebig drehen und wenden lassen, ohne dass es weh tut, so kann man bei deren Pflege doch viel falsch machen: Auf ständiges Färben, zu viel Hitze durch Sonne und Föhn, unsanftes Abfrottieren und ruppiges Kämmen reagieren die Haare beleidigt: Prachtmähnen werden fahl und schlapp. Wie das passieren kann, erklärt Univ. Prof. Dr. Daisy Kopera, Leiterin der Spezialambulanz für Haar- und Kopfhauterkrankungen an der Medizinischen Universität Graz: „Haare sind Hornfäden, die aus verschieden geschichtetem Keratin bestehen. Sind sie gesund, so ähneln sie in ihrer Struktur den Tannenzapfen. Das heißt, die äußere Schüppchenschicht schmiegt sich eng aneinander, die Oberfläche ist glatt und glänzt, weil sie in der Lage ist, darauf fallendes Licht zu reflektieren. Bei geschädigtem Haar ist diese Schuppenschicht quasi geöffnet, so dass das Haar glanzlos, rau und verfilzt ist.“
Balsam fürs Haar
Um Schäden zu verhindern, ist richtige Pflege angesagt. Wie Hautcremen sollen auch die Haarpflegeprodukte so gewählt werden, dass sie dem jeweiligen Typ entsprechen. Folgende Grundregeln gelten aber für jeden Schopf:
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Nicht zu aggressiv
Am besten milde Pflegeprodukte verwenden, die auf die Talgsekretion der Kopfhaut (trocken, fettig, normal) abgestimmt sind. Tipp: Je feiner die Schaumblasen, die sich beim Waschen bilden, desto hautfreundlicher ist das Shampoo. Gut ausspülen!
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Nicht zu viel
Je nach Haarlänge genügt ein kirsch- bis pflaumengroßer Klecks Shampoo. Auch für Conditioner, Haarkuren & Co gilt: Weniger ist mehr!
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Nicht zu heiß
Am besten lauwarm waschen und föhnen. Falls möglich: Lufttrocknen (aber nicht an der prallen Sonne!).
- Nicht zu kräftig
Weder beim Waschen noch beim Abfrottieren und Kämmen zu temperamentvoll vorgehen. Zu wildes Hantieren reizt die Kopfhaut und macht die Haare kaputt.
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So lösen Sie Ihr Haupt-Problem:
Trockenes Haar
Trockenes Haar lässt Glanz vermissen, ist stumpf und spröde. Ursache kann eine eingeschränkte Funktion der Talgdrüsen sein, wodurch die Schuppenschicht aufraut und wehrlos gegen schädliche Einflüsse wird. Oft ist falsche Pflege die Wurzel des Übels.
Trockene Haare sollte man nicht öfter als zweimal wöchentlich mit einem feuchtigkeitsspendenden Shampoo mit rückfettenden Zusätzen waschen. Zudem empfehlen sich regelmäßige Kuranwendungen, die das Haar zusätzlich schützen. Die Wirkstoffe dieser Produkte legen sich wie ein Schutzfilm um die aufgeraute Haaroberfläche und lassen sie wieder glatt erscheinen. Trockene Haare sollte man nach Möglichkeit nicht durch Färben oder Dauerwellen zusätzlich belasten.
Spezialtipp von Prof. Kopera:
Bei der Wahl des Haarshampoos unbedingt auf den Säurewert (pH-Wert) achten. Basische Haarpflegeprodukte (pH-Wert über 7) laugen das Haar mehr aus als pH-neutrale oder leicht saure (pH-Wert unter 7).
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Strapaziertes Haar
Strapaziertem Haar wurde zu lange übel mitgespielt: Chemische und mechanische Belastungen, Färben, Dauerwelle, Sonnenbestrahlung, unsanftes Abfrottieren, heißes Föhnen, Lockenstab & Co haben das Haar beleidigt und lassen es strohig und stumpf aussehen. Es sollte mit besonders milden Shampoos behandelt werden, um weitere Schädigungen zu vermeiden. Spliss, wie die gespaltenen Haarspitzen genannt werden, lässt sich mit regelmäßigen Kuranwendungen lindern. Das wirksamste Mittel gegen Trichoschisis, wie die Haarspalterei in der Fachsprache heißt, ist allerdings nach wie vor die Schere!
Spezialtipp von Prof. Kopera:
Bei gespaltenen Haaren die Spitzen abschneiden, Kurpackungen anwenden und lufttrocknen.
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Fettiges Haar
Fettiges Haar wirkt oft schon wenige Stunden nach dem Waschen ölig und strähnig. Ursache ist erhöhte Talgproduktion in der Kopfhaut, die entweder genetisches Pech ist oder hormonelle Hintergründe hat. Fettiges Haar sollte täglich mit milden, leicht entfettenden Shampoos gewaschen werden. Außerdem empfehlen sich spezielle Spülungen, die ein schnelles Nachfetten des Haares verhindern, und schonendes Lufttrocknen.
Spezialtipp von Prof. Kopera:
Stress kann eine mögliche Ursache von rasch fettenden Haaren sein, aber auch hormonelle Einflüsse spielen eine Rolle. Im Zweifelsfall einen auf Haare spezialisierten Dermatologen aufsuchen.
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Schuppen
Tritt das Rieseln am Kopf nicht als vorübergehendes Übel, sondern als hartnäckiges Problem auf, so muss ein Arzt die genaue Ursache klären, damit eine gezielte Behandlung begonnen werden kann. Denn Schuppen sind nicht gleich Schuppen und können auch Symptom ernst zu nehmender Hauterkrankungen sein.
Zum Waschen von schuppigen Haaren sollte ein mildes Shampoo genommen werden. Gut geeignet sind auch Spezialshampoos aus dem Fachhandel. Wichtig: Das Produkt gründlich mit lauwarmem Wasser ausspülen und die Haare möglichst an der Luft trocknen.
Spezialtipp von Prof. Kopera:
Bei sehr ausgeprägter Verschuppung („Tinea amiantacea“) über Nacht Packungen mit 3-%-Salizylöl zur Schuppenlösung anwenden. Falls das nicht zum gewünschten Erfolg führt, fachärztliche Hilfe suchen.
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Normales Haar
Normales Haar erfreut mit seinem schönen Glanz. Die äußerste Schuppenschicht ist intakt, die Talgdrüsen fetten das Haar ausreichend, es ist geschmeidig und elastisch. Damit das so bleibt, sollte man das Haar nicht öfter als ein- bis zweimal pro Woche waschen. Fast alle für diesen Haartyp erhältlichen Shampoos enthalten neben waschaktiven Substanzen diverse Zusatzstoffe, die Schäden am Haar notdürftig beheben, indem sie Strukturlücken auffüllen. Viele Shampoos und Spülungen enthalten darüber hinaus rückfettende Stoffe und „Conditioner“, die eine elektrische Aufladung des Haars vermindern und bewirken, dass sich das nasse Haar besser kämmen lässt. Bei feinem Normalhaar sollte auf solche Zusätze verzichtet werden, da sie das Haar unnötig beschweren.
Spezialtipp von Prof. Kopera:
Normales Haar sollte man zwar pflegen, sich aber nicht zu übertriebenen Vorbeugemaßnahmen hinreißen lassen, dann bleibt es auch normal.
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Urlaub fürs Haar
Intensive Sonnenbestrahlung kann die Haare austrocknen und ausbleichen. Darum sollte man es im Sommer möglichst oft und gut unter einem Hut oder Tuch schützen. Auf Nummer sicher geht, wer vor dem Sonnenbaden Haaröl in den Haarspitzen verteilt, das sich hinterher problemlos auswaschen lässt. Die Haare sollten nicht direkt in der Sonne trocknen.
Chlor- und Salzwasser können das Haar angreifen. Es ist daher wichtig, die Haare nach dem Baden gründlich mit Süßwasser zu spülen. Ein vorher aufgetragenes Haaröl kann die Haare auch hier schützen.
Auf das Tragen von metallenen Haarspangen sollte man im Sommer verzichten. Wenn sie sich in der Sonne erhitzen, schädigen sie nämlich die Hornschicht der Haare.
Heizungsluft, Witterungseinflüsse, Wollhauben & Co können die Talgproduktion im Winter durcheinander bringen. Während diese Drüsen normalerweise genauso viel „Schmiermittel“ produzieren, wie nötig ist, um das Haar geschmeidig zu halten, kann dieses Verhältnis in der kühleren Jahreszeit aus dem Gleichgewicht geraten: Die Haare wirken kraftlos und stumpf.
Wie man Schwung in wintermüdes Haar bringen kann? Prof. Kopera rät zu Shampoos und milden Pflegespülungen mit Kräuterextrakten wie Rosmarin und Lavendel oder mit Fruchtauszügen. Extrem ausgetrocknetem Haar kann eine Packung mit Olivenöl und Zitronensaft zu neuer Kraft helfen.
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Ernährung fürs Haar
Eine ausgewogene Ernährung tut auch unseren Haaren gut. Die rund 100.000 Haarwurzeln der Kopfhaut sind mit Blutgefäßen in Verbindung, welche die Haarzellen mit Nährstoffen versorgen. Kein Wunder also, dass man Haargesundheit auch essen kann.
Eisenreiche Lebensmittel (Fleisch, grünes Gemüse) bringen ebenso Kraft ins Haar wie das unentbehrliche Vitamin H. Dieser auch Biotin genannte Nährstoff steckt vor allem in Leber, Bierhefe, Bananen, frischen Pilzen, Avocados, Milch, Eigelb, Brokkoli und Spinat.