Übermäßiges Schwitzen: Was hilft?

Juni 2008 | Kosmetik & Pflege

Maßnahmen gegen die Hyperhidrose
 
Stundenlang hat man damit zugebracht, sich auf die lang ersehnte Verabredung oder den wichtigen Termin vorzubereiten. Frisch geschniegelt, gestriegelt, geschnäuzt und gekampelt fiebert man dem wichtigen Ereignis entgegen – und dann das: Schweißflecken unter den Achseln! Warum wir scheinbar immer im falschen Moment schwitzen, was Schweiß überhaupt ist, warum manche Menschen mehr schwitzen als andere und was Botox mit übermäßigem Schwitzen zu tun hat, lesen Sie hier.
 
Von Mag. Astrid Bauer

Wie gut, dass wir ein „Schweißkontrollzentrum“ haben! Es sitzt im Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, und misst ununterbrochen die Körpertemperatur. Wird sie zu hoch, so regen die dort befindlichen Nervenzellen die Schweißdrüsen der Haut zur vermehrten Schweißproduktion an. Schwitzen ist also ein ganz natürlicher Vorgang. Auf diese Art gibt der Organismus bei hohen Außentemperaturen und bei körperlicher Anstrengung vermehrt Energie ab, um sich vor Überhitzung zu schützen.

Man kann aber auch ohne äußere Einflüsse ins Schwitzen kommen. Der Ausdruck: „Der Angstschweiß steht einem auf der Stirn“ kommt nicht von ungefähr. „Neben Überhitzung und körperlicher Betätigung können nämlich auch psychische Faktoren wie Angst oder Erregung, Infektionskrankheiten wie Fieber oder auch hormonelle Einflüsse eine vermehrte Schweißproduktion bewirken“, erklärt Univ. Prof. Dr. Peter Schnider, Facharzt für Neurologie in Wien. Wenn wir also vor einer Prüfung, einem Geschäftstermin oder freudig erregt vor einem Rendezvous schwitzen, treibt uns nicht die körperliche Anstrengung, sondern die Anspannung den Schweiß aus den Poren. Den Grund dafür sehen Wissenschaftler darin, dass uns der Geruch von Angstschweiß vorsichtiger werden lässt, unsere geistige Leistungsfähigkeit stärkt und uns so überlegter handeln lässt.

Wenn der Schweiß nicht nachläßt

Jeder Mensch schwitzt jeden Tag. Auch während wir schlafen, sondert unser Körper Schweiß ab, ohne dass wir etwas davon bemerken. Solange man sich ausreichend pflegt und frische Kleidung verwendet, hat man mit dem Schweiß normalerweise auch keine Probleme. Wenn man aber mehrmals täglich duschen und die Kleidung wechseln muss, weil man ohne erkennbaren Grund fast rund um die Uhr schwitzt, wird das Schwitzen zum Problem. Niemand weiß das besser als Menschen, die unter Hyperhidrose leiden. So nennen Mediziner die übermäßige Schweißproduktion, die entweder am ganzen Körper oder nur an bestimmten Stellen (Handflächen, Achseln, Fußsohlen, Intimbereich etc.) auftreten kann.

Nasse Hände, durchnässte Kleider

„Übermäßiges Schwitzen ist für die Betroffenen nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern kann auch eine massive Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Lebenssituation nach sich ziehen. Feuchte Hände können in verschiedenen Berufen wie bei bestimmten Musikern, Elektrikern und Uhrmachern ein erhebliches Handicap darstellen und bei massiver Ausprägung sogar einen Berufswechsel notwendig machen“, so Schnider, der über eine langjährige Erfahrung in der Hyperhidrose-Behandlung verfügt.

Darüber hinaus erwecken nasse Hände bei vielen Menschen den Eindruck von Unsicherheit und Ängstlichkeit, sodass die Krankheit insbesondere Menschen in Berufen mit häufigen Sozialkontakten erhebliche Schwierigkeiten machen kann. Aber auch Personen mit vermehrtem Achselschweiß leiden oft sehr unter den immer durchnässten Kleidungsstücken und ziehen sich mehr und mehr vom Gesellschaftsleben zurück.

Diese extreme Schwitz-Problematik tritt zum Glück nicht so oft auf. „Nach neueren Untersuchungen leiden zirca 2,5 Prozent der Bevölkerung unter vermehrtem Schwitzen. Allerdings haben davon nur etwa 40 Prozent bereits einmal einen Arzt um Rat gefragt“, weiß Schnider. Warum manche Menschen dieses Problem haben, lässt sich nicht so einfach klären. Bei den so genannten primären Hyperhidrosen kann keine bestimmte Ursache für die vermehrte Schweißproduktion gefunden werden. Man nimmt aber an, dass das Schweißzentrum im Gehirn sensibler auf verschiedene Reize reagiert und dadurch schon frühzeitig – und ohne Notwendigkeit der Temperaturregulation – zum Schwitzen anregt.

Es gibt aber eine Reihe von Erkrankungen, bei denen das vermehrte Schwitzen ein wichtiges Symptom sein kann. In diesen Fällen spricht man von einer sekundären Hyperhidrose (z. B. bei Adipositas, Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes mellitus). Auch manche Medikamente und Nahrungsmittel (z. B. Kaffee, Gewürze, Schokolade) können in bestimmten Körperregionen vermehrtes Schwitzen auslösen.

Was hilft im Kampf gegen den Schweiß?

Verschiedene Medikamente, Salben, Lösungen können in leichteren Fällen von übermäßigem Schwitzen eine vorübergehende Abnahme der Schweißproduktion bewirken. Die besten Erfahrungen gibt es laut Experten Schnider mit der Anwendung von so genannten Aluminiumchloridsalzen, die übrigens auch in manchen Deos enthalten sind. Der genaue schweißhemmende Wirkmechanismus von Aluminiumsalz ist bislang nicht bekannt, man vermutet aber, dass es zu einer vorübergehenden Verstopfung der Schweißdrüsengänge führt.

Chirurgische Maßnahmen im Kampf gegen schwere Ausprägungen des Schwitzens gibt es einige, ihr Einsatz sollte aber laut Prof. Schnider sehr gut überlegt werden, können sie doch mit großen Risiken verbunden sein. Wenn sanftere Maßnahmen nicht helfen, tritt neuerdings Botox im Kampf gegen das übermäßige Schwitzen mehr und mehr auf den Plan. Dass das Botulinum-Toxin für die glatten Gesichter mancher Stars verantwortlich ist, weiß man inzwischen. Aber Botox in der Behandlung von Hyperhidrose? „In den letzten Jahren konnte im Rahmen von kontrollierten Studien gezeigt werden, dass die Injektion von Botulinum-Toxin in die Haut zu einer deutlichen Besserung bei Hyperhidrose führt. Meist bemerkt man nach zwei bis drei Tagen eine deutliche Abnahme des Schwitzens“, so Schnider.

Wie das funktioniert? Das Botulinum-Toxin blockiert das Signal vom Nerv zur Schweißdrüse. An der Stelle, an der es in kleinsten Mengen eingespritzt wird, entsteht ein kreisförmiges schweißfreies Areal von zwei Zentimeter Durchmesser. Es müssen also so viele Injektionen gesetzt werden, wie die vom übermäßigen Schwitzen betroffene Stelle groß ist. Damit erklärt sich, dass diese Anti-Schwitz-Methode nur bei örtlich begrenzter Hyperhidrose angewandt werden kann (Achseln, Handflächen etc.). Nebenwirkungen seien wegen der geringen Dosis Botox, die verwendet wird, nicht zu erwarten. Bei der Behandlung der Handflächen könne es allerdings zu einer vorübergehenden Störung der Feinmotorik kommen.
Die schweißblockierende Wirkung von Botox hält meist vier bis sechs Monate an, dann kommt es zu einer langsamen Abnahme der Wirkung, so dass eine Wiederholungsbehandlung nach sechs bis zwölf Monaten notwendig wird. Die Kosten muss man in den allermeisten Fällen selbst tragen. Je nach Dosierung muss man mit zirka 500 bis 1000 Euro pro Behandlung rechnen.

Was ist Schweiß?

Schweiß besteht zu 99 Prozent aus Wasser, den Rest bilden Kochsalz und andere Stoffe, die in einer nicht nennenswerten Menge enthalten sind. Doch Schweiß ist nicht gleich Schweiß. Die Zusammensetzung dieser Körperflüssigkeit ist von der persönlichen Konstitution, der Umgebungstemperatur, dem Grad der Anstrengung sowie (bedingt) von der Ernährung abhängig. Kaum zu glauben, aber wahr: Frischer Schweiß ist völlig geruchlos!
Er riecht erst dann, wenn verschiedene Bakterien, die natürlich auf der Haut vorkommen, die Körperflüssigkeit zersetzen. Der Wirkmechanismus der meisten Deodorants setzt übrigens genau hier an: Sie enthalten in erster Linie antibakterielle Wirkstoffe und Alkohol. Dadurch soll das Wachstum der schweißzersetzenden Bakterien vermindert und der unangenehme Körpergeruch verhindert werden.

Tipps für die schweißtreibende Zeit:

  • Das regelmäßige Entfernen der Achselhaare reduziert das Wachstum von Bakterien und damit auch die Entstehung von Schweißgeruch.
  • Kleidung aus Naturfasern (z. B. Baumwolle oder Leinen) tragen.
  • Schuhe aus Leder tragen – im Sommer Sandalen.
  • Auf heiße Speisen und Getränke verzichten (lauwarm oder kühl essen) und scharfe Gewürze meiden.
  • Stress abbauende Methoden erlernen (Yoga, Autogenes Training).
  • Sport betreiben (baut Stress ab, reduziert Gewicht).
  • Ausreichend Flüssigkeit – im Sommer (2 bis 3 Liter) – aufnehmen! Z. B. Tees, Leitungswasser, aber wenig zuckerhaltige Getränke.
  • Auf Nikotin und Alkohol verzichten (beides regt über das Nervensystem das Schwitzen an).
  • Gewicht reduzieren.

             

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