Wie Brandwunden besser heilen

Dezember 2008 | Medizin & Trends

Moderne Behandlung bei Verbrennungen
 
Advent und Weihnachten – die Zeit, in der man es sich mit Duftkerzen, vor dem Christbaum oder dem offenen Kamin gemütlich macht – ist auch die Zeit, in der es besonders häufig zu Brandunfällen und Verbrennungen kommt. Deshalb sollte man im Umgang mit Kerzen besonders vorsichtig sein. Kommt es dennoch zu einem Unfall, kann Brandverletzten dank moderner Hautersatzmaterialien jetzt noch besser geholfen werden.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Der siebenjährige Felix hat es eilig: Er möchte seine Oma überraschen und ihr selbst die gewünschte Tasse Kräutertee servieren. Dabei stolpert er und das kochendheiße Wasser ergießt sich über seinen linken Arm und das Bein. Mit einem Schmerzensschrei rennt er zu seiner Großmutter. Die ruft sofort die Rettung, die das verletzte Kind in das nächste Zentrum für Brandverletzte bringt.
Ob man sich mit kochendheißem Teewasser verbrüht, beim Kerzenanzünden oder an der Herdplatte verbrannt hat – in vielen Fällen muss eine Brandverletzung, wie auch im Fall des kleinen Felix, möglichst rasch ärztlich begutachtet und behandelt werden.

Gefährliches Nachbrennen
Wie schwer die Haut durch die Verbrennung geschädigt ist, hängt vor allem von der Temperatur des Teewassers, der Herdplatte, des Bratöls etc. ab und davon, wie lange die Hitze auf die Haut eingewirkt hat, erklärt Univ. Doz. Dr. Lars-Peter Kamolz, Facharzt für Plastische Chirurgie und Leiter der Intensivstation für Schwerbrandverletzte am Wiener AKH. Auch die Brandursache spielt eine wichtige Rolle. „Nach einer Verbrühung, also wenn heiße Flüssigkeit oder heißer Dampf die Unfallursache war, kommt es häufig zum so genannten Nachbrennen, das heißt, dass Gewebe, das anfangs nur leicht betroffen war, nachträglich Schaden nimmt und zu Grunde gehen kann“, berichtet der Experte. Der Grund? „Wenn man sich heißes Öl über die Hand gegossen hat, heizt das die Haut auf und wirkt länger nach. Wenn man sich hingegen beim Bügeleisen verbrannt und die Hand rasch weggezogen hat, wird die Wunde eher in dem Status verbleiben.“ Das Nachbrennen lässt sich kaum direkt beeinflussen und ist außerdem von Faktoren wie dem Alter des Patienten oder vorhandenen Grunderkrankungen abhängig. „Kinder haben grundsätzlich eine wesentlich bessere Wundheilung als alte Menschen“, ergänzt der Mediziner und attestiert dem kleinen Felix damit gute Heilungschancen.

Verbrennungsgrade
Bei der ärztlichen Begutachtung der Brandwunde wird – entsprechend der Tiefe – auch ihr Schweregrad festgestellt. Bei einer Verbrennung ersten Grades – z. B. in Folge eines Sonnenbrands – ist die Haut gerötet und/oder geschwollen, die Wunde schmerzt. Da von der Verbrennung nur die oberflächliche Hautschicht (Epidermis) betroffen ist, heilt die Brandwunde narbenfrei ab. Bei einer Verbrennung zweiten Grades reicht die Wunde schon tiefer – bis in die Lederhaut (Dermis). Ein Beispiel: Wenn die Haut nach einer Verbrühung mit heißem Bratöl schmerzt, wenn sie gerötet ist und sich außerdem Bläschen bilden, so ist das ein sicheres Anzeichen für eine zweitgradige Verbrennung. Ob die Brandwunde konservativ z. B. mit Salben behandelt werden kann, wie das nach einer Verbrennung von Grad 2a der Fall ist, oder ob operiert werden muss (nach Verbrennungen von Grad 2b), entscheidet ein Experte für Brandverletzungen. „Bei einer 2a-gradigen Verbrennung sind neben der Hautoberschicht nur geringfügig Anteile der Lederhaut betroffen und zerstört“, erklärt der Plastische Chirurg Kamolz. „Bei einer Verbrennung von Grad 2b sind auch tiefe Anteile der Lederhaut betroffen, es muss operiert werden.“ Dank moderner Entwicklungen wird im zweiten Fall längst nicht mehr automatisch Haut transplantiert. Brandverletzten stehen heutzutage verschiedene Alternativen zur Verfügung.

Moderner Hautersatz
Wer sich wie Felix eine Brandverletzung von Grad 2b zugezogen hat, kann zum Beispiel mit gezüchteten Hautzellen gut behandelt werden. „Gezüchtete Hautzellen, so genannte Keratinozyten, stammen entweder vom Patienten selbst oder von einem Spender. Sie werden auf die Wunde gebracht, indem man sie z. B. in einer Lösung auf die Haut sprüht oder träufelt“, erklärt Lars-Peter Kamolz. „Im Anschluss wird die Wunde mit einem Verband versorgt.“
Eine andere Behandlungsmöglichkeit: Modernes Hautersatzmaterial wird wie ein Tuch auf die Wunde gelegt und verbunden. Das Material löst sich ab, sobald der Körper im Wundbereich wieder eigene Hautzellen entwickelt hat.
Die Vorteile dieser neuartigen Methoden liegen auf der Hand: Die Behandlung verursacht wesentlich weniger Schmerzen, weil dem Patienten die schmerzhafte Hautentnahme – wie sie bei einer Hauttransplantation nötig ist – erspart bleibt. Außerdem bleiben kaum Narben zurück.

Biologischer Verband
Bei einer Verbrennung dritten Grades – z. B. nach einem schweren Unfall mit Starkstrom – ist die Haut lederartig und grau-weiß-schwarz verfärbt oder sie weist schwarzen Schorf auf. Außerdem verspürt der Verletzte keine Schmerzen, Haare und Nägel fallen aus. Da sowohl die Hautoberschicht als auch die Lederhaut zerstört sind, muss in jedem Fall Haut transplantiert werden. „Weil der Körper die Haut nicht mehr ausreichend ersetzen kann, muss man Hauttransplantate verwenden, indem man entweder Haut von unverbrannten Körperregionen entnimmt und die Wunde damit abdeckt und/oder – wenn die Wunde sehr groß ist – Spenderhaut als ,biologischen Verband‘ verwendet“, berichtet Lars-Peter Kamolz. Mit Hilfe eines neuen, aufwändigen Verfahrens kann die Haut – z. B. im Bereich der Hände – selbst nach einer derart schweren Brandverletzung besonders gut rekonstruiert werden. „Im Rahmen einer kombinierten Transplantation legt man zuerst ein spezielles Hautersatzmaterial auf die Wunde, darauf kommt so genannte Spalthaut, ein Hauttransplantat, das aus oberflächlichen Hautschichten und dünnen Teilen der Lederhaut besteht“, erklärt Lars-Peter Kamolz. „Das Ganze wird dann angenäht oder mit Klammern fixiert.“ Auf diese Weise ist die wieder hergestellte Haut funktionsfähiger und elastischer – und sie sieht natürlicher aus.

Erste Hilfe nach Verbrennungen

Kühlen oder sofort zum Arzt?
Für die Versorgung einer Brandwunde ist entscheidend, dass sie rasch und richtig erfolgt. Kleinere Verbrennungen oder Verbrühungen kann man selbst behandeln, indem man die betroffene Stelle für rund 20 Minuten mit kühlem Wasser von rund 20 Grad Celsius kühlt – der Rest des Körpers sollte warm gehalten werden. „Je größer die betroffene Fläche, desto vorsichtiger sollte man kühlen. Durch die Kühlung wird die Hautdurchblutung reduziert und es kann zu Nachschädigungen kommen“, warnt der Plastische Chirurg Univ. Doz. Dr. Lars-Peter Kamolz.
Wenn sich nach dem Unfall Blasen gebildet haben, sollte man möglichst bald einen Spezialisten aufsuchen, der abschätzen kann, ob eine Operation nötig wird. „Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn frühzeitig nach einer Verbrennung behandelt wird“, so Kamolz. Bei großflächigen Brandwunden sollte man ohnedies so rasch wie möglich ein Zentrum für Brandverletzte aufsuchen bzw. die Rettung rufen. „Alle größeren Verbrennungen von mehr als 15 bis 20 Prozent der Körperoberfläche sowie Brandwunden an Gesicht und Händen sollten an Spezialabteilungen für Brandverletzte behandelt werden“, betont Kamolz.
Folgende Faustregel hilft, die Ausdehnung einer Verbrennung richtig einzuschätzen: Die Handfläche eines Menschen macht – auch bei Kindern – zirka ein Prozent der Körperoberfläche aus. Zusätzlich kann man – allerdings nur bei Erwachsenen – die „Neunerregel“ heranziehen: Der Kopf und jeder Arm machen jeweils neun Prozent des Körpers aus, jedes Bein, die Rumpfvorderseite und der Rücken jeweils 18 Prozent.
   

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