Eisenmangel

Juni 2015 | Medizin & Trends

Das verbreitete Defizit hat schwere Folgen
 
Eisenmangel ist die häufigste Mangelerscheinung weltweit und Experten warnen jetzt verstärkt vor den Folgen dieser Volkskrankheit: Wird das Defizit nicht behandelt, drohen weitreichende gesundheitliche Probleme. Eine Ärztin erklärt, wie man Eisenmangel erkennen und die Eisenspeicher auffüllen kann.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Ihn allein aufgrund von Beschwerden dingfest zu machen, ist gar nicht so einfach – alles Mögliche könnte hinter den unspezifischen Problemen stecken, die (auch) einen Eisenmangel kennzeichnen: Die ständige Müdigkeit lässt sich vielleicht auch mit dem großen beruflichen Druck erklären, der einem den Schlaf raubt. Auch Haarausfall könnte man auf den Stress zurückführen und hinter der trockenen, spröden Haut vermutet man eine Spätfolge des langen Winters.
So plausibel die Erklärungen scheinen – man sollte unbedingt auch einen Mangel an dem lebenswichtigen Spurenelement Eisen in Betracht ziehen. „Prinzipiell sollte jeder mit typischen Beschwerden seinen Eisenstatus erheben lassen“, empfiehlt Dr. Doris Gapp, Ärztin für Allgemeinmedizin und Spezialistin für Diagnose und Therapie des Eisenmangels in Wien. „Selbst ohne Symptome sollte man regelmäßig, etwa jährlich, eine Blutabnahme machen lassen. Besonders Gefährdete – Schwangere, Frauen oder junge Mädchen mit starken Menstruationsblutungen und Sportler – sollten in noch kürzeren Abständen zur Blutabnahme.“ Wie man heute nämlich weiß, ist Eisenmangel „eine ernstzunehmende Erkrankung, die unbedingt behandelt werden muss“, betont die Allgemeinmedizinerin.

Eiserne Gesundheit?

Das Spurenelement Eisen ist lebensnotwendig und als Baustein des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin vor allem für den Sauerstofftransport im Körper zuständig. Großteils, nämlich zu rund 70 Prozent, ist Eisen im Körper an Hämoglobin gebunden, etwa 30 Prozent finden sich als Speichereisen gebunden in Leber und Milz.
Leider fehlt es vielen an der „eisernen Gesundheit“, ein Eisendefizit ist weit verbreitet: Schätzungen zufolge haben europaweit fünf bis zehn Prozent der Gesamtbevölkerung einen Eisenmangel, von den Frauen im gebärfähigen Alter ist sogar zumindest jede fünfte betroffen. Der großen Verbreitung zum Trotz wird ein Eisenmangel oft übersehen bzw. werden die Symptome falsch gedeutet, kritisieren die Experten. „Obwohl es eindeutige Laborparameter gibt, werden diese oft nicht bestimmt oder auch fehlinterpretiert“, bemängelt auch Doris Gapp. „Viele Frauen haben oft jahrelang einen Eisenmangel, bevor die richtige Diagnose gestellt und endlich mit einer Therapie begonnen wird.“  

Wichtige Werte

Dabei bedarf es nur einiger Blutwerte, um ein aussagekräftiges Bild vom Eisenstatus zu bekommen. „Der wichtigste Parameter ist das Ferritin, das Speichereisen“, erklärt Doris Gapp. Dieser Wert zeigt rechtzeitig an, wenn die Eisenspeicher im Körper sich zu leeren beginnen. In der Praxis wird jedoch oft nur der Hämoglobin-Wert im Rahmen des roten Blutbilds überprüft; dieser sinkt allerdings erst dann ab, wenn der Körper über keine Eisenreserven mehr verfügt. „Außerdem zu bestimmen sind das für den Eisentransport wichtige Protein Transferrin, die Transferrinsättigung und der Entzündungswert CRP“, ergänzt die Medizinerin. Auch den „individuellen Wohlfühlwert“ sollte man nicht außer Acht lassen, so Gapp. „Um herauszufinden, ob ein Eisenmangel vorliegt, braucht es eine Kombination aus subjektiven Beschwerden und Laborwerten.“

Verschiedene Ursachen

Die häufigsten Ursachen eines Eisenmangels? An erster Stelle steht ein übermäßiger Eisenverlust über das Blut, z. B. aufgrund der Menstruation. Auch Sportler, insbesondere Ausdauersportler, sind betroffen. „Sie benötigen aufgrund der erhöhten Muskelmasse mehr Eisen“, erläutert die Ärztin. Vegetariern wiederum könnte es aufgrund einer unzureichenden Zufuhr an dem Nährstoff mangeln.
In anderen Fällen wird Eisen aus der Nahrung durch den Magen-Darm-Trakt nicht richtig aufgenommen. „Zu einer gestörten Resorption kann es durch Entzündungen, Verdauungsprobleme aber auch durch bestimmte Nahrungsmittel oder Medikamente kommen“, zählt die Medizinerin auf.

Schlimme Folgen

Die Folgen eines Eisenmangels? Neben den eingangs erwähnten Beschwerden sind Reizbarkeit, Infektanfälligkeit oder erhöhtes Kälteempfinden  mögliche Symptome. „Es kann zu Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie zum Restless legs-Syndrom kommen“, ergänzt Doris Gapp. Bei chronischem Eisenmangel und einer dauerhaften Unterversorgung der Zellen mit Sauerstoff droht schließlich die Eisenmangelanämie, Blutarmut aufgrund eines Eisendefizits. „Sie führt zu einer massiven Erschöpfung, die auch durch viel Schlaf nicht gebessert werden kann“, erklärt Gapp. Weil die Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, kommt es zu Herzrasen und Atemnot. Eine länger bestehende Anämie führt zu einer Herzmuskelschwäche, die schlimmstenfalls tödlich endet.

Verzögert die Entwicklung

Eisenmangel hat in jeder Lebensphase gefährliche Folgen, auch schon vor der Geburt – regelmäßige Laborkontrollen in der Schwangerschaft sind deshalb unerlässlich, betont Doris Gapp. „Unter einem Eisenmangel leidet nicht nur die Mutter, sondern auch das Ungeborene.“ Schwangere, die nicht ausreichend mit Eisen versorgt sind, haben z. B. ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt oder die Entwicklung einer postpartalen Depression. Beim Baby könnte sich die Entwicklung des Gehirns verzögern.
Wie verschiedene Studien zeigen, beeinträchtigt ein Eisenmangel auch später die kindliche Entwicklung. Eisen ist für Heranwachsende wesentlich für die Entwicklung und Erhaltung kognitiver Fähigkeiten wie Denken, Wahrnehmung etc. Eine amerikanische Studie an Schulkindern zwischen 6 und 16 Jahren ergab, dass jene mit normalem Eisenstatus in Tests (u.a. in Mathematik und Lesen) deutlich besser abschnitten als Kinder mit Eisenmangel.

Mehr Risiken nach Operation

Wird eine Operation notwendig, kann ein Eisendefizit ebenfalls zum Problem werden. Ein Umstand, der viele Patienten betrifft: Bis zu 35 Prozent all jener, die vor einem geplanten operativen Eingriff stehen, leiden unter Blutarmut als häufigster Folge von Eisenmangel. Sie müssen Studien zufolge mit einer längeren Liegezeit im Krankenhaus, einem höheren Bedarf an Blutkonserven und einem erhöhten Risiko für Komplikationen nach der Operation rechnen. Der Rat der Expertin: „Vor geplanten Eingriffen ist es wichtig, den Eisenstatus zu bestimmen und einen Mangel behandeln zu lassen.“

Eisenspeicher auffüllen

Ein geringer Eisenmangel lässt sich womöglich mit gezielter Ernährung in den Griff bekommen, sagt die Ärztin. „Ist der Eisenmangel ausgeprägter, müssen Eisentabletten über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Ein schwerer Eisenmangel oder eine Eisenmangelanämie sollte mit Eiseninfusionen behandelt werden.“ Je nach Schwere des Mangels dauert das Auffüllen der Eisenspeicher einige Wochen bis zu mehreren Monaten.

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Dem Mangel vorbeugen:
Essen Sie genug Eisen!

Einem Eisenmangel beugt man am besten mit eisenreicher Kost vor: Männer sollten täglich rund zehn Milligramm Eisen zu sich nehmen, Frauen aufgrund des Blutverlusts durch die Monatsblutung 15 Milligramm. Mithilfe eines Eisenrechners lassen sich eisenreiche Nahrungsmittel eruieren und verstärkt in den Speiseplan einbauen.
Rotes Fleisch (z. B. Rindfleisch) kann vom Körper besonders gut verwertet werden und gilt deshalb als idealer Eisenspender. Daneben enthalten Samen (z. B. Sesam, Leinsamen),  einige Getreidesorten (z. B. Soja, Hirse, Hafer) und Hülsenfrüchte (z. B. Linsen, weiße Bohnen) viel Eisen; auch rote Früchte, Gemüse, Trockenobst und Nüsse sind eisenreich. Indem man die eisenhaltige Kost mit Vitamin C kombiniert, wird das Eisen noch besser verwertet. „Eisenräuber“, welche die Eisenaufnahme hemmen (z.B. Kaffee oder Schwarztee), sollte man hingegen reduzieren bzw. meiden.

Buchtipp:
Döll, Weichselbraun
Eisenmangel
ISBN 978-3-99052-083-3, € 14,90
128 Seiten, Verlagshaus der Ärzte

Stand 06/2015

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