Wenn Essen zur Qual wird: Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Februar 2011 | Ernährung & Genuss

Bauchweh, Blähungen, Durchfall, Hautausschlag, Schnupfen, Atemnot: Die Beschwerden, die nach dem Essen auftreten können, haben viele Gesichter und können zur Qual werden. Immer mehr Menschen nehmen sie nicht als gegeben hin, sondern suchen ärztliche Hilfe.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Laktosefrei, fruktosefrei, histaminfrei, glutenfrei: Diese Angaben finden sich heute auf immer mehr Verpackungen von Nahrungsmitteln. Ob immer mehr Menschen an einer Unverträglichkeit gegenüber diesen Substanzen leiden? „Das kann man nicht mit Sicherheit sagen“, meint Prim. Univ. Prof. Dr. Ludwig Kramer, Leiter der 1. Österreichischen Ambulanz für Laktose-, Fruktose-, Histaminintoleranz und Nahrungsmittelunverträglichkeiten am Krankenhaus Hietzing in Wien, wohin sich Betroffene seit 2008 wenden können. „Sicher ist aber, dass immer mehr Menschen Völlegefühl, Bauchweh und Blähungen nach dem Essen nicht mehr wie früher als gegeben hinnehmen, sondern vermuten, dass eine Nahrungsmittelunverträglichkeit dahintersteckt.“
Viele lassen sich dann testen, die Tests sind schmerzlos und unkompliziert, sie funktionieren über Atem- und Blutanalysen. Und so werden Nahrungsmittelunverträglichkeiten jedenfalls häufiger als früher diagnostiziert. Die entsprechenden Statistiken zeigen, dass aktuell bei gut einem Viertel der Bevölkerung Nahrungsmittelunverträglichkeiten bestehen.
Aufgrund der Erfahrungen an der genannten Ambulanz, die zum Zentrum Hietzing für Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien gehört, wisse man, so Kramer: „Am meisten verbreitet ist die Laktoseintoleranz, gefolgt von der Fruktose- und Histaminintoleranz.“

Mehr Frauen betroffen

Prinzipiell gehen die Intoleranzen bzw. Unverträglichkeiten darauf zurück, dass der Körper Laktose, Fruktose oder Histamin nicht aufnehmen und verarbeiten kann. Das beschert den Betroffenen oft nicht nur Probleme im Bereich des Verdauungstrakts, sondern manchmal auch einen Hautausschlag, Schnupfen oder sogar Atemnot.
Über die Ursachen der quälenden Leiden hat man zuletzt noch mehr herausgefunden. So etwa, dass von den Nahrungsmittelintoleranzen aus rein biologischen Gründen mehr Frauen als Männer betroffen sind. Experte Kramer über den Hintergrund: „Bei Frauen nimmt der Dünndarm meist weniger Fruktose, also Fruchtzucker, auf als bei Männern.“ So werden Obst und manche Gemüsesorten von Frauen weniger gut vertragen als von Männern.
Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. „Wir wissen, dass etwa die Neigung zur Laktoseunverträglichkeit im Erwachsenenalter den meisten Betroffenen sozusagen in die Wiege gelegt wurde“, sagt Kramer. Ob tatsächlich Symptome entwickelt werden, hängt aber auch von der Zusammensetzung sowohl der Nahrung als auch der Darmflora ab, die sich mit dem Alter, durch Umwelteinflüsse, die Einnahme von Medikamenten und Veränderungen im Hormonhaushalt ändern kann.
Manchmal sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten auch auf Darmerkrankungen zurückzuführen. So z. B. auf die Zöliakie, eine Darmentzündung, die aufgrund einer Überempfindlichkeit gegenüber Gluten entsteht, das in Getreide vorkommt. Auch Morbus Crohn, eine chronische entzündliche Darmerkrankung, kann eine Laktose- oder Fruktoseintoleranz zur Folge haben.
Kann auch die Ernährungsweise Nahrungsmittelunverträglichkeiten entstehen lassen? Kramer: „Nachgewiesen ist das nicht, aber es ist auffallend, dass die Umstellung auf industrielle Nahrungsmittel wie z. B. Softdrinks, die viel Fruktose enthalten, dazu führt, dass Symptome einer Fruktoseunverträglichkeit auftreten.“  

Beschwerden ernst nehmen

Heilbar ist das Leiden heute noch nicht. Doch Betroffene können gut damit leben – vorausgesetzt, sie halten sich beim Essen an bestimmte Regeln: „Betroffene lassen sich am besten von Experten einen Ernährungsplan erstellen, der auf die individuelle Problemlage abgestimmt ist und in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird“, sagt Kramer. Durch die Vermeidung bestimmter Lebensmittel, oft auch schon durch die Verringerung der Aufnahme der Lebensmittel mit den unverträglichen Inhaltsstoffen können die Symptome der Unverträglichkeiten meistens gut unterdrückt werden.
Hilft die Veränderung des Essverhaltens nicht, können auch Medikamente gegeben werden, die Bauchweh & Co unterdrücken und die Verdauung unterstützen. „Was Betroffene auf keinen Fall tun sollten, ist, untätig zu bleiben und nichts gegen die Unverträglichkeit zu unternehmen“, sagt Kramer. Denn lang anhaltende unbehandelte Schmerzen können dazu führen, dass die Symptome auch ohne aktuelle Ursache entstehen.

Buchtipp:
Wolzt, Feffer, Gesund essen & trotzdem krank. Gluten-, Lactose-, Fructose-, Histamin-Intoleranz, ISBN 978-3-902552-01-3
144 Seiten, € 14,90, Verlagshaus der Ärzte

Webtipp:
Selbsthilfegruppe Fruktose-, Laktose-, Histaminintoleranz, Nahrungsmittel­unverträglichkeiten und Ernährung: www.frulakco.at

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