Regionale Unterschiede und soziale Ungerechtigkeit.
Rund 1,8 Millionen Menschen in Österreich leben mit chronischen Schmerzen. Diese beeinflussen nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Lebensqualität massiv. Dennoch bleibt der Zugang zu Schmerztherapien oft ungleich verteilt. Laut Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Vizepräsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), fehlen in ländlichen Regionen häufig spezialisierte Anlaufstellen: „Das verschärft die gesundheitliche Ungleichheit erheblich“, betont er. Um diese Disparitäten zu verringern, fordert die ÖSG verstärkte Aufklärung und Sensibilisierung – bei Ärztinnen und Ärzten ebenso wie bei Patientinnen und Patienten.
Zweitmeinung als Chance
Ein weiteres Problem ist die fehlende Übernahme von ärztlichen Zweitmeinungen durch Krankenkassen. Gerade für einkommensschwache Patientinnen und Patienten ist dies eine finanzielle Hürde. Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner, Präsident der ÖSG, sieht darin eine verpasste Chance: „Zweitmeinungen könnten nicht nur die Patientensicherheit verbessern, sondern auch Kosten im Gesundheitswesen sparen.“ Durch bessere Diagnosen könnten bis zu 50 Prozent unnötiger Operationen vermieden werden.
Mit der Aufnahme der integrativen Schmerztherapie in den Österreichischen Strukturplan für Gesundheit im Vorjahr wurde ein wichtiger Schritt gesetzt. Ziel sei es, in jedem Bundesland mindestens ein Schmerzzentrum zu etablieren, erklärt Eisner. Doch eine aktuelle Studie zeigt deutliche Versorgungslücken: Nur sieben Schmerzambulanzen sind in Vollzeitbetrieb, während der tatsächliche Bedarf mehr als doppelt so hoch ist. Die Zahlen zeigen zudem, dass in den verbliebenen Schmerzambulanzen zunehmend invasive Behandlungen durchgeführt werden, während der multimodale Schmerztherapieansatz immer seltener zum Einsatz kommt.
Versorgungssicherheit bei Schmerzmitteln
Dr. Waltraud Stromer, Past-Präsidentin der ÖSG, warnt vor einem anhaltenden Mangel an essenziellen Schmerzmitteln wie Morphium. Niedrige Preise und Produktionsstopps gefährden die Versorgungssicherheit. Stromer appelliert an die Politik, gesetzliche Maßnahmen zu verstärken und größere Lagerbestände aufzubauen. Um Missverständnisse über die sichere Anwendung von Opioiden zu beseitigen, betont die ÖSG die Wichtigkeit evidenzbasierter Information. Trotz medialer Berichterstattung gibt es in Europa keine „Opioidkrise“ wie in den USA. „Patientinnen und Patienten dürfen durch falsche Informationen nicht verunsichert werden“, betont Stromer.
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