Jährlich erkranken weltweit rund 40.000 Menschen an nicht-kleinzelligem Lungenkrebs mit HER2-Mutation. Ein Wiener Forschungsteam machte sich 2017 gezielt auf die Suche nach einem Molekül, das diesen Tumortyp stoppen kann – mit Erfolg: Der Wirkstoff Zongertinib, heute unter dem Namen Hernexeos, erhielt überraschend schnell Zulassungen in den USA, China und Japan; Europa könnte in etwa zwei Jahren folgen. Entwickelt wurde der Ansatz in den Labors von Boehringer Ingelheim, wo über 12.000 Substanzen getestet wurden. Besonders viele Betroffene sind Nichtraucher, wie Ex-Projektleiter Norbert Kraut betont.
Warum HER2 so aggressiv ist
Die HER2-Mutation fungiert wie ein „permanent durchgedrücktes Gaspedal“, das das Tumorwachstum antreibt. Woher diese Veränderung stammt, ist ungeklärt. Klar ist jedoch, dass sie mit einer schlechten Prognose und schwacher Reaktion auf Standardtherapien einhergeht. Wirkstoffe zu entwickeln, ist schwierig, da die Mutation die Bindungsstellen der Proteine verändert und präzise Moleküle erfordert, die nicht versehentlich an verwandte Rezeptoren wie EGFR andocken.
Beschleunigte Zulassung
Nach rund achteinhalb Jahren Forschung und sehr positiven Daten aus präklinischen Modellen und frühen Studien kam es 2024 zur beschleunigten FDA-Zulassung. „Das passiert äußerst selten“, sagt Mark Petronczki, Leiter der globalen Onkologie des Unternehmens. In weiteren Studien zeigten über 70 Prozent der Patientinnen und Patienten eine deutliche Wirkung, einschließlich teils starker Schrumpfung metastasierender Tumoren. Bei rund 40 Prozent der häufig auftretenden Hirnmetastasen wurden Verbesserungen beobachtet. Diese Ergebnisse weckten früh die Hoffnung, „ein echtes Juwel“ gefunden zu haben, so Kraut.
Ausweitung auf andere Krebsarten
Da HER2 auch bei Brust- und Magenkrebs eine Rolle spielen kann, sollen zukünftige Studien prüfen, ob der Wirkstoff dort ebenfalls Nutzen bringt. Erste Patientenerfahrungen beschreiben beeindruckende Verbesserungen – manche kehrten „vom Sterbebett zurück ins Leben“. Eine EU-Zulassung könnte innerhalb der nächsten zwei Jahre folgen.
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