Elektrosmog: Wie man die Gefahr verringert

Februar 2009 | Leben & Arbeiten

Warum Mediziner zur Vorsicht raten
 
Computerbildschirme, Handys, Leuchtstoffröhren, Mikrowelle, Radiowecker, Schnurlostelefone, WLAN & Co: Unser Wohnraum wird von immer mehr Elektrosmog durchdrungen. Auch wenn das Phänomen nach wie vor umstritten ist, raten Mediziner immer eindringlicher zu Vorsicht. Lesen Sie, was man tun kann, um die Gefahr für die Gesundheit zu verringern.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Da ist die 67-Jährige aus Salzburg, die mit Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit auf die Belastung durch Mikrowellenstrahlung reagiert, die von Mobilfunksendeanlagen ausgeht. Da ist der 40-Jährige aus Wien, der jede Nacht mehrmals aufwacht, seit sich die Nachbarin ein Schnurlostelefon angeschafft hat, das nach dem DECT (Digital Enhanced Cordless Telecommunications)-Standard funktioniert und ebenfalls Mikrowellen aussendet. Und dann ist da noch die kleine Melanie aus Niederösterreich, sieben Jahre alt, die immer dann unter quälenden Alpträumen leidet, wenn die Lichterkette am Kopf ihres Bettes eingeschaltet ist – und elektrische Wechselfelder abgibt.

So wie diese drei leiden immer mehr Menschen unter Elektrosmog, also unter den technischen Feldern und der Strahlung, die von elektrischen Geräten, Leitungen und Sendern ausgehen. Nach Angaben der Abteilung für Umweltmedizin der Salzburger Landesregierung liegt das daran, dass die Belastung mit Elektrosmog zunimmt, und zwar sowohl im Kilohertz-Bereich, z. B. durch Energiesparlampen, Monitore und Notebooks, als auch im Megahertz-Bereich durch Mobiltelefone, Mobilfunksendeanlagen und Schnurlostelefone. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind in Europa derzeit bis zu zehn Prozent der Bevölkerung betroffen.

Zehn Prozent sind elektrosensibel

Diese zehn Prozent leiden nicht nur an Schlafstörungen, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen, weiß der Leiter des Referats für Umweltmedizin der Ärztekammer für Wien, Dr. Erik Randall Huber. „Zu den kurz- und mittelfristig auftretenden Symptomen einer Elektrosensibilität können auch Herzklopfen, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Schwindelgefühle und Tinnitus zählen.“ Solche Beschwerden kommen allerdings bei vielen Erkrankungen vor. Deswegen rät Dr. Huber, der auch Allgemeinmediziner ist, „betroffenen Personen, die meinen, dass die genannten Symptome auf die Belastung durch Elektrosmog zurückgehen, sich an einen Arzt zu wenden, der mit umweltmedizinischen Aspekten vertraut ist“. Wenn sich der Verdacht bestätigt, könnten weiterführende Maßnahmen getroffen werden.

Damit meint Huber das Aufspüren der belastenden Elektrosmog-Quellen und sind sie gefunden – das Bemühen um deren Beseitigung oder um einen entsprechenden Schutz.
Beides sollte man in die Hände geprüfter Baubiologen legen, die sich auf die Messung von technischen Feldern und Strahlung spezialisiert haben (siehe Info-Tipp). Sie messen mit Breitbandmessgeräten und Spektrumanalysatoren, wie es um die Belastung mit technischen Feldern und Strahlung in den einzelnen Wohnbereichen bestellt ist. Ist ein Wert besonders hoch, geben die Experten überdies Tipps für entsprechende Schutzmaßnahmen, die ein gesundes Wohnen ermöglichen. Bei dem Mädchen, dem die Lichterkette Alpträume bescherte, genügte es beispielsweise, diese zu entfernen. Der Mann, der wegen dem Schnurlostelefon der Nachbarin Schlafstörungen hatte, bat die Nachbarin, auf das Gerät zu verzichten, und als sie es wieder abschaffte, war er die Beschwerden los.

Vorbeugender Schutz ist sinnvoll

Ist es auch sinnvoll, sich sozusagen vorbeugend vor Elektrosmog zu schützen, wenn man die Belastung gar nicht bemerkt und auch nicht elektrosensibel ist? „Auf jeden Fall, ja“, sagt Dr. Huber: „Die Zellen, Gewebe und Organe des menschlichen Körpers verständigen sich durch chemische Botenstoffe, aber auch durch elektrische Signale, und daher ist anzunehmen, dass Elektrosmog das vegetative und zentrale Nervensystem, die Hormone, Chromosome und Zellen beeinflussen kann, und dass eine zu starke Belastung durch Elektrosmog langfristig zu verschiedenen Krankheiten führen kann.“

Diese Annahme wird bereits durch die Ergebnisse einiger wissenschaftlicher Arbeiten bestätigt. Nach einer Studie der Universität Oxford, die 2005 veröffentlicht wurde, haben Kinder, die vom Zeitpunkt ihrer Geburt an weniger als 200 Meter von einer Hochspannungsleitung entfernt wohnen, die magnetische Wechselfelder produziert, z. B. ein um 70 Prozent höheres Risiko, an Leukämie zu erkranken, als Kinder, deren Zuhause mehr als 600 Meter davon entfernt liegt. Für eine andere großangelegte Studie überprüften Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen dem Telefonieren mit dem Handy und der Entstehung von Hirntumoren. Die Ergebnisse zusammenfassend sagt der Leiter des Instituts für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Dr. Michael Kundi: „Wir haben Hinweise darauf, dass durch eine starke, langfristige Belastung mit Mobilfunkstrahlen das Risiko erhöht ist, einen Hirntumor zu bekommen, können die Höhe dieses Risikos aber nicht beziffern.“

Wie man sich vor dem Elektrosmog, der von Mobilfunksendeanlagen oder Hochspannungsleitungen ausgeht, schützen kann? „Manchmal reicht es“, sagt Huber, „das Bett an einen anderen Ort zu stellen, also in einen Bereich, der nicht der Belastung ausgesetzt ist.“ Wo sich so ein Bereich befindet, stellen Baubiologen durch die Messung fest. Andere Schutzmaßnahmen: „Man kann ein Kupferdach legen lassen, Alurahmen für die Fenster und Balkontüren anschaffen, oder man installiert an den Außenwänden ein spezielles Abschirmgewebe.“

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Tipps gegen den Strahlencocktail daheim

Wie man sich vor dem Elektrosmog aus technischen Feldern und Strahlungen schützt, die man selbst in den eigenen vier Wänden produziert, erklärt Umweltmediziner Dr. Erik Randall Huber für MEDIZIN populär.

Beleuchtung

Am besten, da am strahlungsärmsten, ist die gute alte Glühbirne. Allerdings frisst sie so viel Strom, dass sie laut einem EU-Beschluss ab 2012 nicht mehr erhältlich sein soll. Bereits ab Oktober 2009 sollen die 100-Watt-Glühbirnen aus den Regalen genommen werden. Die derzeit beste Alternative zu Glühbirnen sind geerdete Halogenlampen. Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren sollten nur in Leuchten verwendet werden, die mehr als zwei Meter vom Körper entfernt sind, also nicht in Nachttischlampen, Schreibtischlampen oder Stehlampen in der Nähe der Couch im Wohnzimmer. Sie erzeugen zum Teil erhebliche elektrische und magnetische Wechselfelder, die bei Elektrosensiblen zu Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen führen.

Kochen

Wenn schon mit der Mikrowelle kochen, dann sollte man sich sicherheitshalber nicht unmittelbar davor aufhalten, während sie eingeschaltet ist. Auch Induktionsherd, E-Herd, Toaster & Co geben nur dann Elektrosmog ab, wenn sie in Betrieb sind – da dies meistens nur kurz der Fall ist, tragen diese Geräte nicht zu einer bedenklichen Dauerbelastung bei.

Fernsehen & Co

Auch von Fernseh- und Audiogeräten sowie von Lautsprechern gehen Belastungen durch technische Felder aus. Deswegen sollte man die Lautsprecher bzw. das Fernseh- oder Audiogerät möglichst in einem Abstand von mindestens zwei Metern zu jenem Platz aufstellen, von dem aus man diese Geräte nutzt.

Telefonieren

Völlig strahlungsfrei telefoniert man über das Festnetz oder über einen Breitband-Internet-Anschluss. Wenn man schon mit dem Handy telefoniert, dann nach den zehn medizinischen Handyregeln der Österreichischen Ärztekammer, die im April 2008 aktualisiert wurden. Nicht empfehlenswert sind Schnurlostelefone und auch Babyphones, die nach dem DECT-Standard funktionieren, da sie Mikrowellen aussenden.

Wohnen

Überall dort, wo man sich oft und lang aufhält, sollte man einen Abstand von zwei Metern auch zu elektrischen Leitungen und Steckdosen einhalten, denn ungeschirmte Leitungen, Kabel und Geräte geben ein elektrisches Wechselfeld ab. Um sich vor dieser Belastung zu schützen, kann man geschirmte Kabel, Stecker, Verteiler anschaffen.

Computer und Internet

Computerbildschirme und Notebooks können genauso wie Fernseher elektrische und magnetische Wechselfelder produzieren, die bedenklich sind. Elektrosmogreduziert sind Geräte, die das schwedische Prüfzeichen TCO tragen. Gar nicht in den eigenen vier Wänden empfehlenswert: UMTS oder WLAN. Beides gibt permanent gepulste Mikrowellen ab.

Schlafen

Für das Schlafzimmer gilt: Man sollte sich einen Netzfreischalter bzw. Netzabkoppler besorgen, wodurch das Zimmer nachts elektrosmogfrei wird. Wer das nicht möchte, sollte darauf achten, dass sich besonders im Nahbereich des Kopfes keine elektrischen Geräte, Leitungen und Steckdosen befinden. Am besten verbannt man alle elektrischen Geräte wie Computer, Fernseher, Heizdecke, Radiowecker & Co aus dem Schlafzimmer.

 

Infotipp
Das Referat Gesundheit, Hygiene und Umweltmedizin der Salzburger Landesregierung informiert über Baubiologen, die die Belastung durch Elektrosmog messen:
www.salzburg.gv.at/umweltmedizin („Elektrosmog“, „Elektrosmog und Gesundheit“, „Adressen“), Telefon 0662/8042-0

Service
Das Plakat „Strahlende Informationen: 10 medizinische Handy-Regeln“ kann in der Pressestelle der Ärztekammer für Wien kostenlos unter Tel. 01/51501-1223,  E-Mail: pressestelleno@sonicht.aekwien.at, bestellt werden. Plakat-Download unter www.aekwien.at.

Buch Tipp
Huber, Knirsch-Wagner, Nebenwirkung Handy. Schaden Mobiltelefone unserer Gesundheit? ISBN 978-3-902552-16-7, Verlagshaus der Ärzte, 152 Seiten    Euro 14,90  

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