Haut, Haare, Nägel & Kosmetik

Das kratzt mich!

Wie Stress unserer Haut zusetzen kann

Der Einfluss, den Stress auf unseren Körper hat, ist vielfältig. Neben der Anfälligkeit für Infekte oder Kopfschmerzen zählen Hauterkrankungen und Haarausfall zu den typischen Folgen.
In MEDIZIN POPULÄR erfahren Sie, wie man mithilfe von Stressreduktion auch der Haut Gutes tut.

Von Mag. Sonja Zechmann-Hamidi

Wir erleben es laufend am eigenen Leib: Vor Scham oder Nervosität werden wir rot, vor Schreck ganz blass. Wir fühlen uns nicht wohl in unserer Haut, ein Problem juckt oder kratzt uns. Viele Redewendungen drücken aus, was immer stärker ins Interesse der wissenschaftlichen Forschung rückt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Haut und Psyche, zwischen Wohlbefinden und Hautreaktionen.

Frage der Veranlagung
„Unser Körper beinhaltet komplexe Regelkreise, vergleichbar mit einem Netzwerk oder Computer“, erklärt Univ. Doz. Dr. Georg Klein, Leiter der Arbeitsgruppe Psychodermatologie der ÖGDV. Psychische Einflüsse und Stress können die Haut krank werden lassen. Das betrifft sehr viele Menschen, wie Studien belegen. Psychodermatologe Klein ist überzeugt, dass vieles zusammenwirkt: Umweltfaktoren wie Lebensstil, Stress, Sonne, Infekte und Ernährung sowie erbliche Anlagen. Die genetische Veranlagung ist oft die Grundvoraussetzung, damit eine chronische Hauterkrankung entstehen kann, sie muss aber nicht zum Ausbruch kommen. Seelische Belastungen und ungünstige Umweltbedingungen gelten als wesentliche Trigger, die das Fass sprichwörtlich zum Überlaufen bringen und eine „schlummernde“ Krankheit auslösen oder den Verlauf der Krankheit sowie das Auftreten von Schüben maßgeblich beeinflussen können.

Auslöser von Krankheit
Im Zuge der Embryonalentwicklung werden Haut und Nervensystem aus dem gleichen Keimblatt, der gleichen Zellschicht, gebildet. Bereits diese Tatsache lässt eine enge Verknüpfung vermuten. „Haut und Psyche, Stress und Hautkrankheiten – die Beeinflussung geht in beide Richtungen“, betont Klein. Wie stark jemand auf Stress reagiert, ist individuell verschieden.
Entzündliche Erkrankungen wie Akne, Schuppenflechte, Neurodermitis oder Rosacea – die „Kupferrose“ führt typischerweise zu Rötungen und erweiterten Äderchen im Gesicht – verlaufen in Schüben und setzen den Betroffenen gleich doppelt zu. Einerseits leiden sie an Juckreiz, Schmerzen und Entzündungsreaktionen, andererseits belastet sie der optische Makel – Stress spielt nicht nur als möglicher Auslöser, sondern auch als Folge eine große Rolle. „Wird die Schuppenflechte schlechter, steigt die psychische Belastung, dadurch juckt es mehr. Man kratzt und kletzelt, die Haut verschlechtert sich weiter, der Patient traut sich kaum mehr hinaus und schämt sich“, beschreibt Klein den Verlauf. Unter dem sozialen Rückzug leiden wiederum Partnerschaft und Beruf. Oft folgen Depressionen, die bis zu Selbstmordgedanken führen können. „Die psychosoziale Belastung erreicht ein unerträgliches Niveau, was eine neuerliche Verschlechterung des Krankheitsbildes hervorruft – ein Teufelskreis“, sagt Klein. Schließlich gebe es „eindeutige Hinweise, dass biologische Faktoren in unserem Körper, die zu einer Verschlechterung der Hautkrankheit führen, auch Einfluss auf unser Gehirn und die Depressionsentstehung haben. Die Schaltkreise greifen ineinander.“

Frage der Abwehr

Was die Situation zusätzlich verschärft: In stressigen Zeiten, wenn wir es am Nötigsten hätten, nehmen wir uns nicht die Zeit für Entspannung, ausreichend Schlaf und gesunde Ernährung. Bald sind die Reserven aufgebraucht, körperliche Symptome stellen sich ein. Wir sind zunehmend müde, reizbar, schlafen schlecht, der Druck lastet auf unseren Schultern, der Kopf schmerzt, der Ärger schlägt uns auf den Magen. Unser Immunsystem wird geschwächt. Wir bekommen Fieberblasen, eine Erkältung oder eine Hauterkrankung. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, Körper und Seele eine Ruhephase und Entspannung zu gönnen.
Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Faktoren wie Glück oder positives Selbstwertgefühl das Immunsystem günstig beeinflussen und die körperliche Gesundheit fördern. Umgekehrt erhöht Dauerstress die Cortisol-Ausschüttung, was die gesunde Abwehrreaktion unseres Immunsystems unterdrückt. Aus solchen wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich Tipps (siehe „Anti-Stress-Maßnahmen“, unten) ableiten, die dabei helfen, Stress zu reduzieren und  die Haut und das Immunsystem zu stärken.

Wohldosiert reinigen
Nicht zuletzt beeinflusst die richtige Pflege die Hautgesundheit. Das Kontaktorgan erfüllt eine wichtige Barriere-Funktion und verhindert, dass Schmutz und Krankheitserreger in unseren Körper eindringen. Diese Schutzfunktion kann durch die tägliche Körperpflege geschwächt werden. Viele Kosmetikprodukte enthalten bedenkliche bzw. aggressive Inhaltsstoffe. Diese entziehen der Haut Fett, stören die Hautbarriere und machen sie durchlässiger. So können unerwünschte Eindringlinge nicht ausreichend abgehalten werden. Dermatologe Klein warnt deshalb vor zu häufigem Waschen oder übertriebenem Sauberkeitswahn. Günstig sei es, rückfettende Produkte zu verwenden und sich nach dem Waschen einzucremen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die Inhaltsstoffe genau unter die Lupe nehmen.

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Zum Haareraufen:
Stress verursacht Haarausfall

Studien zeigen, dass körperliche oder emotionale Dauerbelastung den Haarzyklus verändert und Haarausfall begünstigt. Unter Stress schüttet der Körper verstärkt Neurotransmitter und andere Botenstoffe aus, die die Haarfollikel schädigen und zu diffusem Haarausfall führen. Außerdem kann Stress ein bereits bestehendes Haarproblem hormoneller, immunologischer oder genetischer Ursache verschlimmern. Hat man die
Stressursache beseitigt, wird der Haarwuchs von selbst wieder angeregt. Zusätzlich gibt es verschiedene Wege, um Stress zu mindern.

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Anti-Stress-Maßnahmen:
7 Frische-Kicks für Immunsystem und Haut

Das Immunsystem und die Nerven stärken, das Stressniveau senken, gesunden Schlaf fördern – und damit der Haut Gutes tun: Tipps, wie das funktioniert.

1. Regelmäßige Bewegung    

Bei jedem moderaten Work-Out wird das Immunsystem sanft gereizt. Wer aber seinen Körper überanstrengt, erzielt den gegenteiligen Effekt. Während der Belastung laufen die körpereigenen Abwehrreaktionen auf Hochtouren und fallen kurz darauf auf ein niedrigeres Niveau, als zuvor. Das eröffnet Erregern Tür und Tor.

2. Frische Luft       

Sauerstoff kurbelt den Hautstoffwechsel an – verbringen Sie viel Zeit an der frischen Luft! Speziell im Winter ist außerdem viel Sonnenlicht gefragt, um Vitamin D zu „tanken“, das sehr wichtig für Immunabwehr und Stressresistenz ist. Vitamin-D-Mangel zeigt sich langfristig in brüchigen Knochen. Kurzfristig kann der Mangel Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Schlafstörungen, erhöhte Infektanfälligkeit und Depressionen nach sich ziehen. Wir brauchen ausreichend Vitamin D, um leistungsfähig und stressresistent zu sein.

3. Bunte Mischkost
In  Obst, Gemüse, Vollkorn und hochwertigen pflanzlichen Ölen enthaltene Mikronährstoffe regulieren unser Immunsystem auf natürliche Weise. Das hilft, Infekte oder Überreaktionen des Immunsystems, etwa Allergien und Haut-irritationen, zu reduzieren.

4. Ausreichend schlafen        
Schlafmedizinern zufolge sollte man zwischen sieben und acht Stunden im Träumeland verbringen. Schlafmangel reduziert die Zahl der Abwehrzellen – das Immunsystem wird schwächer.

5. Küssen, schmusen, Sex   
Der beim Küssen produzierte Speichel ist reich an körpereigenen Antikörpern vom Typ Immunglobulin-A, der viele Krankheitserreger bekämpft. Sex löst stressbedingte Spannungen und soll die Wirkung des Stresshormons Adrenalin dämpfen. Das Liebesspiel trainiert das Immunsystem, man produziert mehr Abwehrzellen und ist besser gegen Infekte gewappnet.

6. Ausreichend trinken  
Wenigstens zwei Liter Flüssigkeit sollten es sein. Wer zu wenig trinkt, ist nicht nur müde und ausgelaugt, sondern auch anfälliger für Infekte. Die Schleimhäute trocknen aus, eindringende Viren und Bakterien können nicht entsprechend abtransportiert werden. Grüner Tee enthält besonders viele Antioxidantien, die das Immunsystem unterstützen und vorbeugend gegen Krebs wirken.

7. Kein Nikotin, wenig Alkohol            

Nikotin und Feinstaub aus dem Rauch lösen heftige Abwehrreaktionen des Immunsystems aus. Tabakrauch trocknet die Schleimhäute aus und fördert Entzündungsprozesse. Auch Alkohol sollte, wenn überhaupt, maßvoll konsumiert werden. Untersuchungen zeigen, dass Alkohol die Arbeit wichtiger Immunzellen behindert, wodurch Viren ein leichtes Spiel haben.

Foto: iStock, AsiaVision

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