Herz, Kreislauf & Gefäße

Lymphödem: Ursachen, Diagnose und Therapie

Das Lymphödem ist eine chronische Erkrankung, die durch eine vermehrte Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Körper gekennzeichnet ist. Dies führt zu Schwellungen, die unbehandelt fortschreiten und Haut- sowie Gewebeveränderungen verursachen können.

Die Erkrankung entsteht infolge einer gestörten Lymphdrainage, die durch operative Eingriffe, Bestrahlung oder andere Grunderkrankungen hervorgerufen werden kann. Sie kann an verschiedenen Körperstellen auftreten, darunter Arme, Beine, Genitalien, Gesicht, Hals, Brustwand und Mundhöhle. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, insbesondere nach bestimmten Lebensereignissen wie Schwangerschaft oder Wechseljahren.

Lymphödem als chronische Erkrankung

Ein unbehandeltes Lymphödem neigt zur fortschreitenden Verschlechterung. Die eingeschränkte Transportkapazität der Lymphgefäße verhindert die ausreichende Drainage von Lymphflüssigkeit, was zu einer anhaltenden Ödembildung führt.

Zusätzlich erhöhen wiederkehrende Infektionen, wie das Erysipel, die Krankheitslast erheblich. Diese Infektionen verschlimmern nicht nur das Lymphödem, sondern beeinträchtigen auch die Lebensqualität der Betroffenen erheblich.

Wird die Erkrankung jedoch frühzeitig diagnostiziert und behandelt, können Patienten mit der richtigen Therapie und angepassten Verhaltensweisen weitgehend beschwerdefrei leben.

Formen des Lymphödems

Lymphödeme lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen:

  • Primäres Lymphödem: Angeborene Fehlbildungen des Lymphsystems führen zu einer unzureichenden Drainage. Es kann bereits bei Geburt vorhanden sein oder sich im späteren Leben spontan entwickeln.
  • Sekundäres Lymphödem: Erworben durch Schädigung oder Blockierung der Lymphbahnen. Ursachen sind häufig Lymphknotenentfernungen oder Bestrahlungen im Rahmen einer Krebstherapie. Aber auch Verletzungen, Operationen und Entzündungen können zu einem sekundären Lymphödem führen.

Diagnostik des Lymphödems

Die Diagnose eines Lymphödems erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Anamnese: Der Arzt klärt den Beginn, die Lokalisation (ein- oder beidseitig), die Ausbreitung der Schwellung sowie vorhergehende Operationen oder Entzündungen.
  2. Inspektion: Hierbei wird die Hautbeschaffenheit untersucht. Wichtige Merkmale sind Narben, Schwellungsausdehnung, Hautveränderungen und Muskelstatus.
  3. Palpation: Durch Tasten werden Verhärtungen, Fibrosierungen und Hautverdickungen identifiziert.
  4. Funktionsdiagnostik: Neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung werden Gefäßfunktionen, Gelenkbeweglichkeit und neurologische Befunde erfasst.

Falls notwendig, kann eine erweiterte Diagnostik durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Lymphszintigraphie oder MRT erfolgen.

Stadien des Lymphödems

Die Erkrankung wird in vier Stadien eingeteilt:

  • Stadium 0 (Latenzstadium): Keine sichtbaren Ödeme, aber nachweisbare Lymphtransportstörungen.
  • Stadium I: Weiche Schwellung, die durch Hochlagerung vorübergehend reduziert werden kann.
  • Stadium II: Verstärkte Verhärtung des Gewebes, keine spontane Rückbildung mehr möglich.
  • Stadium III (Elephantiasis): Massive Schwellungen mit Hautveränderungen und drohender Invalidität.

Behandlung des Lymphödems

Die Therapie richtet sich nach der individuellen Ausprägung der Erkrankung und zielt darauf ab, die Lymphdrainage zu verbessern und Komplikationen zu verhindern.

1. Komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Die KPE ist der internationale Standard und erfolgt in zwei Phasen:

  • Phase I (Entstauung): Manuelle Lymphdrainagen, Kompressionsbehandlung, Bewegungstherapie.
  • Phase II (Erhaltungsphase): Langfristige Nutzung von Kompressionsstrümpfen und spezialisierte Pflege.

2. Chirurgische Therapie

Bei therapieresistenten Fällen kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein. Dazu zählen:

  • Lymphgefäßerhaltende Operationen (Mikrochirurgische Transplantationen, lymphovenöse Anastomosen).
  • Resektionsverfahren, falls fibrotische Hautveränderungen die Beweglichkeit stark beeinträchtigen.

3. Medikamentöse Therapie

Die Rolle von Medikamenten ist begrenzt. Benzopyrine können bei Mischformen hilfreich sein. Enzympräparate sind umstritten. Diuretika sind nicht indiziert, da sie nur Wasser entziehen und keine nachhaltige Verbesserung bewirken.

Psychosoziale Rehabilitation

Das Lymphödem kann erheblichen psychischen Stress verursachen. Eine psychosoziale Begleitung ist daher ein wichtiger Bestandteil der Therapie, um das Wohlbefinden der Betroffenen zu verbessern.

Fazit

Frühzeitige Diagnose und konsequente Therapie sind entscheidend, um das Fortschreiten des Lymphödems zu verhindern. Durch ein Zusammenspiel aus Kompressionstherapie, Bewegung und gegebenenfalls chirurgischen Eingriffen kann die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert werden. Die Bereitstellung qualifizierter Therapeuten und hochwertiger Hilfsmittel ist essenziell, um die Behandlungserfolge langfristig zu sichern.


Literatur:

Bryan C. Sleigh; Biagio Manna. Lymphedema. StatPearls [Internet]. Last Update: 2025 Jan.

Arin K. Greene, Jeremy A. Goss. Diagnosis and Staging of Lymphedema. Lymphedema Management. Semin Plast Surg. 2018 Feb; 32(1): 12–16. Published online 2018 Apr 9. doi: 10.1055/s-0038-1635117

Oğuz Kayıran, Carolyn De La Cruz, Kaori Tane, Atilla Soran. Lymphedema: From diagnosis to treatment. Turk J Surg. 2017; 33(2): 51–57. Published online 2017 Jun 1. doi: 10.5152/turkjsurg.2017.3870


Fotos: istock Jitendra Jadhav

Share

Logo medizinpopulär