Herz, Kreislauf & Gefäße

Örtliche Betäubung genau so sicher wie Vollnarkose

Die Wahl der Anästhesieform bei minimalinvasivem Herzklappenersatz hat in der medizinischen Gemeinschaft lange für Diskussionen gesorgt.

Unlängst lieferte eine randomisierte Studie erstmals Klarheit: Eine örtliche Betäubung ist bei der Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) genauso sicher wie eine Vollnarkose. Diese Erkenntnis könnte die gängige Praxis in vielen Kliniken revolutionieren.

Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI)

Bei der TAVI wird die defekte Aortenklappe durch eine neue Klappe ersetzt, die mittels eines Katheters über die Leistenarterie ins Herz geschoben und dort platziert wird. Diese Methode ist besonders schonend und kommt vor allem bei älteren Patienten mit hohem Operationsrisiko zum Einsatz. Eine Studie des Herzzentrums Leipzig, durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, konnte zeigen, dass eine örtliche Betäubung bei diesem Verfahren genauso sicher ist wie eine Vollnarkose.

Studienergebnisse: Gleiche Sicherheit bei beiden Narkoseverfahren

Die randomisierte sogenannte SOLVE-TAVI-Studie, an der 447 Patienten über 75 Jahren mit hochgradiger Aortenklappenverengung teilnahmen, zeigte keine signifikanten Unterschiede in der Sterblichkeit und der Anzahl der Komplikationen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Infektionen zwischen den beiden Narkoseverfahren. Dies bestätigt die Ergebnisse früherer Registerstudien, die jedoch aufgrund ihrer Methodik Verzerrungen unterliegen können.

Unterschiede in der Praxis

Welche Anästhesieform in den Kliniken verwendet wird, variiert. Größere Zentren bevorzugen oft die Lokalanästhesie, da diese schneller durchzuführen ist. Der Eingriff selbst dauert nur etwa 35 bis 40 Minuten. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Anwesenheit eines Anästhesisten, der letztendlich die Entscheidung über die Betäubungsform trifft. Neben der örtlichen Betäubung erhalten Patienten bei TAVI auch eine leichte Beruhigungsspritze, um den Eingriff angenehmer zu gestalten.

Zukunftsperspektiven

Die positiven Ergebnisse der SOLVE-TAVI-Studie legen nahe, dass in vielen Fällen auf die aufwändigere Vollnarkose verzichtet werden kann. In zukünftigen Studien plant Professor Holger Thiele, der Studienleiter, zu untersuchen, ob eine Lokalanästhesie ohne die zusätzliche Sedierung ebenso sicher ist.

TAVI: Ein bewährtes Verfahren

Das TAVI-Verfahren wurde ursprünglich bei sehr kranken und alten Patienten angewendet, bei denen ein chirurgischer Herzklappenersatz zu riskant war. Inzwischen haben zahlreiche Studien gezeigt, dass TAVI mindestens genauso sicher ist wie die konventionelle Operation, teilweise sogar überlegen. Deshalb wird das Verfahren nun auch bei Patienten mit mittlerem oder niedrigem OP-Risiko eingesetzt. In Deutschland wird die Aortenklappe mittels TAVI jährlich etwa 21.000 Mal ersetzt, während die Anzahl der chirurgischen Eingriffe auf 8.000 bis 9.000 gesunken ist.

Die Erkenntnisse der neuesten Studien und die fortschreitende Entwicklung minimalinvasiver Techniken versprechen eine weiterhin positive Entwicklung für die Behandlung von Herzklappenerkrankungen, insbesondere bei älteren und hochrisikobehafteten Patienten.


Literatur:

Heringlake M, Berggreen AE, Vigelius-Rauch U, Treskatsch S, Ender J, Thiele H. Patient Well-being and Satisfaction after General or Local Anesthesia with Conscious Sedation: A Secondary Analysis of the SOLVE-TAVI Trial. Anesthesiology. 2023 Nov 1;139(5):701-704. doi: 10.1097/ALN.0000000000004715. PMID: 37815468. https://pubs.asahq.org/anesthesiology/article-abstract/139/5/701/139219/Patient-Well-being-and-Satisfaction-after-General?redirectedFrom=fulltext

Heringlake M, Berggreen AE, Baumgärtel R, Kurz T, Vigelius-Rauch U, Treskatsch S, Ender J, de Waha-Thiele S, Desch S, Thiele H; SOLVE-TAVI Investigators. Prognostic value of pre-interventional cerebral oxygen saturation in transcatheter aortic valve replacement: a prespecified secondary analysis of the SOLVE-TAVI trial. Br J Anaesth. 2022 Aug;129(2):e35-e37. doi: 10.1016/j.bja.2022.04.025. Epub 2022 Jun 7. PMID: 35680477. https://www.bjanaesthesia.org/article/S0007-0912(22)00233-1/fulltext

Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.


Fotos: (c) istock: asikkk

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