Eine Studie von Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Harvard Medical School und des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum, liefert neue Erkenntnisse zur Übertragung der Tuberkulose.
Die Forschenden untersuchten, ob es Zeichen einer Anpassung zwischen Tuberkuloseerregern und menschlichen Wirten gibt, und ob sich diese Anpassung in den Übertragungsraten messen lässt. Sie betrachteten dabei, warum bestimmte Tuberkuloselinien („Spezialisten“) nur in bestimmten Regionen vorkommen, während andere („Generalisten“) weltweit verbreitet sind.
Methodik
In Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern in New York, Amsterdam und Hamburg wurden über 5.000 Menschen untersucht, die mit unterschiedlichen Tuberkuloseerregern infiziert waren. Die Studie berücksichtigte klinische Charakteristika, soziale Netzwerke und genetische Informationen der Erreger. Die Übertragungsraten wurden statistisch modelliert. Im Labor wurden Immunzellen von Spendern verschiedener Herkunft auf ihre Anfälligkeit gegenüber zwei verschiedenen Tuberkuloseerregern getestet.
Ergebnisse
Die Studie ergab, dass „Spezialisten“-Tuberkuloselinien, die auf bestimmte Regionen beschränkt sind, an internationalen Orten weniger gut übertragbar sind. Zudem sind Tuberkulosestämme aus einer bestimmten Region besser auf Menschen übertragbar, die aus derselben Region stammen, was auf eine lange Koexistenz und Anpassung zwischen den Bakterien und menschlichen Wirten hinweist. Dieser Effekt wurde auch im Labor beobachtet, wobei weitere Experimente nötig sind, um den Mechanismus zu verstehen.
Überraschungen
Es war lange vermutet worden, dass sich Tuberkuloseerreger an den Menschen angepasst haben. Die Studie liefert erstmals in einer großen epidemiologischen Fall-Kontroll-Studie den Beweis für einen Effekt dieser Koexistenz auf die Übertragungsrate.
Fazit
Die Studie zeigt, warum verschiedene Tuberkuloseerreger weltweit unterschiedlich verteilt sind. Die unterschiedliche Verbreitung der „Spezialisten“- und „Generalisten“-Linien deutet darauf hin, dass „Generalisten“ aufgrund ihrer besseren Übertragbarkeit auf verschiedene Wirtspopulationen weltweit häufiger vorkommen. Der genaue Mechanismus dieser Anpassung ist komplex und erfordert weitere Experimente. Gesundheitsämter können jedoch bereits jetzt genauer einschätzen, welche Personen nach einem Tuberkulose-Kontakt ein höheres oder niedrigeres Infektionsrisiko haben.
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