Kinderkrankheiten, Lunge, Atemwege & Allergien

Heuschnupfen bei Kindern ernstnehmen

Niest und schnieft Ihr Kind permanent, fällt ihm das Atmen durch die Nase schwer und leidet es zusätzlich an geröteten und juckenden Augen? Dann könnte es an einer allergischen Rhinokonjunktivitis, besser bekannt als Heuschnupfen, leiden.

Von Natascha Gazzari

OA Dr. Simon Florian Grewendorf
„Nur wenn der auffällige Allergietest und die Symptome des Kindes zueinanderpassen, kann tatsächlich von einer Allergie gesprochen werden.“

Nicht erkältet und trotzdem pausenlos verschnupft? – Wenn das Taschentuch zum ständigen Begleiter wird, das Kind von Niesattacken gequält wird und freies Atmen nur mit Nasenspray möglich ist, sollten Eltern hellhörig werden. Welche Schritte notwendig sind, um den Kleinen wieder ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen und was man selbst dazu beitragen kann, um die Allergenbelastung in den eigenen vier Wänden möglichst niedrig zu halten, erklärt der Salzburger Kinderpneumologe und Allergologe OA Dr. Simon Florian Grewendorf.

Mit welches Symptomen zeigt sich ein Heuschnupfen?

Bei einer allergischen Rhinitis können Kinder beispielsweise an einem Fließschnupfen mit einer ständig laufenden Nase, Niesanfällen und einem Jucken von Nase, Rachen und Gaumen leiden, oder sie haben einen Stockschnupfen aufgrund einer geschwollenen Nasenschleimhaut, wodurch die Nasenatmung erschwert wird. Betroffene atmen dann häufig durch den Mund und ihre Stimme bekommt einen näselnden Klang. „Besteht zusätzlich zum Schnupfen eine allergisch bedingte Bindehautentzündung mit geröteten, juckenden und tränenden Augen, spricht man von einer allergischen Rhinokonjunktivitis“, erklärt der Allergologe. 

Während die Beschwerden bei einer Hausstaubmilben-, Tierhaar- oder Schimmelpilzallergie eher ganzjährig bestehen, treten diese bei Pollenallergien zu typischen Pollenflugzeiten im Frühjahr, Sommer und Herbst auf. Liegen mehrere unterschiedliche Allergien vor, können sich die Beschwerdezeiträume vermischen. Große Unterschiede gibt es laut Grewendorf beim Schweregrad der Symptome: „Manche haben nur gelegentlich leichte Beschwerden und kommen ohne Behandlung aus. Die Krankheitszeichen können jedoch auch so stark sein, dass sie die Lebensqualität der Kinder massiv beeinträchtigen und den Schlaf erheblich stören.“

Beschwerden selbst behandeln oder direkt abklären lassen?

Im akuten Stadium können die Beschwerden eines Heuschnupfens jenen einer Atemwegsinfektion ähneln, daher empfiehlt der Kinderpneumologe Eltern, die bei ihrem Kind entsprechende Symptome gehäuft beobachten, sie vom Kinderarzt oder der Kinderärztin abklären zu lassen. Darüber hinaus können neben einem Heuschnupfen auch andere Erkrankungen wie beispielsweise ein Asthma bronchiale bestehen bzw. sich dieses entwickeln. In vielen Fällen können die allergischen Beschwerden durch konservative bzw. nicht-medikamentöse Maßnahmen zumindest gelindert werden. Ist eine medikamentöse Therapie der Allergie notwendig, kann der Kinderarzt oder die Kinderärztin die Eltern im Vorfeld diesbezüglich beraten, die weitere Entwicklung der Allergie beobachten und falls notwendig eine Hyposensibilisierung, auch allergenspezifische Immuntherapie genannt, veranlassen.

Wie wird bei Kindern getestet?

Bevor gezielt auf Allergien getestet wird, wird die Krankengeschichte in einem ausführlichen Arztgespräch erhoben und das Kind umfassend körperlich untersucht. „Es wird beispielsweise erhoben, ob die Symptome ganzjährig oder nur zu bestimmten Zeiten auftreten und ob es in der Familie andere bekannte Allergien gibt“, erklärt Grewendorf. Bei der Testung auf mögliche Allergien stehen ein Hauttest (Pricktest) oder eine Blutuntersuchung zur Verfügung. Manchmal werden auch beide Untersuchungen benötigt. Der Bluttest bietet die Möglichkeit, einen etwas detaillierteren Blick auf eine Allergie zu werfen. Das Testergebnis allein ist für die Diagnose und das weitere Vorgehen nicht entscheidend. „Nur wenn der auffällige Allergietest und die Symptome des Kindes zueinanderpassen, kann tatsächlich von einer Allergie gesprochen werden.“

Ein weiteres Diagnoseverfahren ist die nasale Provokation. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn ein Auslöser für eine Allergie nicht eindeutig identifiziert werden kann. „Bei dieser Testmethode wird der vermutete Auslöser mit Hilfe eines Sprays in die Nase gegeben und dann beobachtet, ob und wie stark das Kind darauf reagiert“, beschreibt der Allergologe die Vorgehensweise. In Abhängigkeit von der Krankengeschichte und den Beschwerden kann es auch sinnvoll sein, die Lungenfunktion des Kindes zu testen. Besteht der Verdacht auf eine mechanische Beeinträchtigung der Nasenatmung oder auf eine Hörminderung, ist ggf. zusätzlich eine Abklärung beim HNO-Arzt, der HNO-Ärztin erforderlich.

Wie wird Heuschnupfen behandelt?

„Heuschnupfen ist keine Bagatellerkrankung, sondern kann zu einer relevanten Beeinträchtigung des Alltags führen. Daher ist es wichtig, die Allergie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln“, so der Kinderarzt. An erster Stelle der Therapiemaßnahmen steht – sofern möglich – die sogenannte Allergenkarenz, also die Meidung des Allergieauslösers. Das lässt sich beispielsweise bei Allergenen wie Pollen oder bei einer Hausstaubmilbenallergie meist nur schwer umsetzen, daher gibt es unterschiedliche symptomatische Therapien, die zwar die Symptome, jedoch nicht die Ursache der Allergie behandeln. Die sogenannten Antihistaminika gibt es z.B. als antiallergische Augentropfen, Nasensprays, Säfte oder Tabletten. Klassische abschwellende Nasentropfen können laut Grewendorf falls notwendig zusätzlich verwendet werden, allerdings nicht länger als maximal fünf Tage hintereinander. Kommt es durch die Allergie zu einer anhaltenden entzündlichen Schwellung der Nasenschleimhaut, ist eine längerfristige Behandlung mit einem kortisonhaltigen Nasenspray möglich und notwendig. „Bei Kortison sind manche Eltern verunsichert. Bei der Anwendung als Nasenspray sind jedoch keine relevanten Nebenwirkungen zu erwarten“, beruhigt der Allergologe. Neben der Therapie ist es wichtig, dass zusätzliche Faktoren, welche Schleimhäute und Lunge reizen können, möglichst ausgeschaltet werden. So sollte man den regelmäßigen Kontakt mit Nikotin, Stichwort „Passivrauchen“, unbedingt vermeiden.

Wie funktioniert die allergen-spezifische Immuntherapie?

Wird der Alltag durch die Allergie anhaltend beeinträchtigt und müssen die Beschwerden regelmäßig mit Medikamenten gelindert werden, kann eine spezifische Immuntherapie Abhilfe schaffen. „Sie setzt an der Ursache der Allergie an und kann die Beschwerden der Kinder nicht nur für kurze Zeit, sondern anhaltend verbessern. Der Langzeiteffekt der Therapie ist beispielsweise bei einer Pollenallergie über einen Zeitraum von ca. zwölf Jahren belegt“, berichtet der Experte. Bevor man mit der Immuntherapie startet, wird die Allergie in der Regel ca. zwei Jahre lang beobachtet. Es kann nämlich sein, dass sich der Pollenflug und somit auch die Beschwerden von Jahr zu Jahr ändern. Zeigen sich jedoch anhaltende und relevante Beschwerden, kann nach einer sorgfältigen Allergiediagnostik mit der spezifischen Immuntherapie begonnen werden. 

Meist lassen sich die Beschwerden durch die Behandlung deutlich reduzieren und der Einsatz von Antihistaminika ist dadurch seltener erforderlich. „Wird mit der Hyposensibilisierung bereits im Kindesalter begonnen, lässt sich das Risiko für die Entwicklung neuer Allergien sowie das Risiko für die Entwicklung eines Asthma bronchiale (sog. Etagenwechsel) senken“, verweist der Kinderpneumologe auf die Vorteile der Behandlung. Die spezifische Immuntherapie dauert in der Regel drei (bis fünf) Jahre und kann ab einem Alter von fünf bis sechs Jahren durchgeführt werden, bei Insektengiftallergien teilweise noch früher. Die Behandlung erfolgt entweder in Form täglicher Tropfen bzw. einer Tablette unter der Zunge, oder in Form von Injektionen, die ca. alle vier Wochen an der Rückseite des Oberarms unter die Haut verabreicht werden.

Welche Tipps kann man im Alltag beachten

Auch im Alltag geht es laut Grewendorf vorwiegend um die Allergenkarenz, also das Meiden der Allergieauslöser. „In der Pollenhochsaison sollten die Fenster geschlossen bleiben bzw. nur kurz zum Lüften geöffnet werden.“ Reduzieren lässt sich die Pollenbelastung auch, indem man sich vor dem Schlafengehen die Haare wäscht bzw. Bettwäsche und Kleidung häufiger als gewohnt wäscht und nicht im Freien zum Trocknen aufhängt.

Um der Entwicklung von Allergien beim Kind vorzubeugen, sollten Frauen während der Schwangerschaft und in der Stillzeit auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung setzen. „Es wird mittlerweile nicht mehr empfohlen, in dieser Phase auf potente Nahrungsmittelallergene zu verzichten. Auch die Beikost der Kinder sollte nach Möglichkeit vielfältig gestaltet werden und z.B. auch Fisch und Eier umfassen“, weiß der Kinderfacharzt. Einen besonderen Bonus haben Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, im Kuhstall spielen und unverarbeitete Milch trinken. Sie profitieren vom sogenannten „Bauernhofschutz“ und leiden seltener unter Allergien und Asthma. Allergien sind laut Grewendorf übrigens kein Grund, um Kinder nicht oder nur eingeschränkt impfen zu lassen. „So wie alle anderen Kinder sollten auch Kinder mit Allergien nach den aktuellen Empfehlungen geimpft werden.“


So funktioniert die Immuntherapie

Bei der spezifischen Immuntherapie wird der verantwortliche Allergieauslöser dem Immunsystem in regelmäßigen Zeitabständen so lange präsentiert, bis es sich an den Auslöser gewöhnt hat und nicht mehr überschießend reagiert. Gerade bei Kindern ist das Immunsystem noch besonders anpassungsfähig. Liegen noch nicht viele andere Allergien vor, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit der Hyposensibilisierung höher. Zum Einsatz kommt die Immuntherapie beispielsweise bei unterschiedlichen Pollenallergien, Hausstaubmilbenallergie und Insektengiftallergie. Bei Allergien gegen Tierhaare ist eine Immuntherapie nicht unbedingt die Regel, aber prinzipiell möglich. Zu anderen Allergieauslösern, wie z.B. Schimmelpilzen, gibt es noch keine umfangreichen Studien, hier kommt es auf den Einzelfall an.


Fotos: istock KanKhem

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