Wie häufig sind Kinder von Kopfschmerzen betroffen?
Etwa 90 Prozent der 12-Jährigen haben bereits Kopfschmerzerfahrung. Zwischen elf und 17 Jahren leidet rund die Hälfte der Mädchen und ein Drittel der Buben an wiederkehrenden Kopfschmerzen.
Was deutet darauf hin, dass es sich bei Kopfschmerzen um Migräne handelt?
Hat ein Kind ein echtes Ruhebedürfnis, zieht es sich zurück und hält sich am liebsten in einem dunklen Raum auf, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um Migräne handelt. Spannungskopfschmerzen hingegen erkennt man daran, dass diese beim Spazierengehen oft besser werden.
Ähneln die Symptome einer Migräneattacke bei Kindern jenen von Erwachsenen?
Bei Kindern können genauso wie bei Erwachsenen Licht- und Lärmempfindlichkeit auftreten, sowie Übelkeit und Erbrechen. Häufig geht bei Kindern ein Migräneanfall mit Bauchschmerzen einher. Typisch ist auch, dass der ganze Kopf betroffen ist, und die Attacken, anders als bei Erwachsenen, oft nach zwei Stunden vorbei sind.
Welche Ursachen kann Migräne bei Kindern haben?
Der Lebensstil hat große Auswirkungen. Darüber hinaus spielt die Genetik eine Rolle. Es gibt „Migräne-Familien“, in denen viele Mitglieder und Generationen betroffen sind. Auch die Hormone haben einen Einfluss.
Sollten Eltern gleich zum Neurologen, wenn sie vermuten, dass ihr Kind unter Migräne leidet?
Die erste Anlaufstelle ist zumeist der Haus- bzw. Kinderarzt. Ein großes Blutbild im Labor und der Besuch beim Augenarzt und Orthopäden helfen bei der Abklärung. Die Neurologin bzw. der Neurologe freut sich, wenn andere Ursachen im Vorfeld schon abgeklärt wurden. Migräne ist ein multifunktionelles Geschehen, da ist ein interdisziplinärer Ansatz besonders wichtig.
Bekommen Kinder, die an Migräne leiden, dieselben Medikamente wie Erwachsene?
Nein. Wobei man sowieso nicht sofort eine medikamentöse Therapie startet. Zuerst setzt man bei den Ursachen an und fragt: Wie ist das Schlafverhalten des Kindes? Wie ernährt es sich? Hat es viel Stress? Wie ist der Umgang mit digitalen Medien? Deshalb ist eine Kopfschmerztherapie immer auch eine Therapie zusammen mit den Eltern. Es geht darum, den Alltag so zu gestalten, dass das Kind keine Kopfschmerzen haben muss.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen bei Schmerzen können zum Beispiel ein heißes Fußbad oder das Auftragen von Tigerbalsam an bestimmten Triggerpunkten sein. Und natürlich Ruhe. Auch mit Entspannungstechniken und Biofeedback machen viele gute Erfahrungen. Aber natürlich: Kinder sollen nicht leiden. Wenn sie starke Schmerzen haben, kann man ihnen Medikamente geben. Ibuprofen ist die Substanz erster Wahl, Paracetamol jene zweiter Wahl. Bestimmte Substanzklassen bei Triptanen sind für Kinder ab dem zwölften Lebensjahr zugelassen. Auch Betablocker zur Prophylaxe sind eine Möglichkeit, die man aber nicht leichtfertig wählt.
Für Eltern ist es schwer, ihr Kind leiden zu sehen. Wie können sie es unterstützen?
Wichtig ist, die Schmerzen ernst zu nehmen und sie nicht zu verharmlosen. Eltern sollen eine ruhige Atmosphäre schaffen, damit sich das Kind wirklich ausruhen kann. Und sie sollten sich bewusst sein: Migräne und Kopfschmerzen lassen sich meist nicht oberflächlich und schnell lösen – man muss in die Tiefe gehen, damit sich die Situation verbessert.
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