Verdauung, Magen & Darm

Grillgenuss ohne Nebenwirkungen

Sommer, Sonne, Grillerei: Warum sich Grillwürstel, Kotelett & Co auf den Magen schlagen können und mit welchen schnellen Rezepten Grillen zum gesunden Genuss wird.

Von Natascha Gazzari

Mag. Angelika Kirchmaier 
„Konservierungsstoffe können im Darm weiter wirken und greifen dort die guten Bakterien des Darmmikrobioms an.“

Fleischstücke mit dem perfekten Grillmuster, eine würzige Grillsauce, dazu ein knuspriges Knoblauch­baguette und als Draufgabe ein gekühltes Bier: Grillmeisterherz, was willst du mehr? Die archaische Art der Nahrungszubereitung gehört für viele zu einem gelungenen Sommer einfach dazu. Getrübt wird das Vergnügen, wenn die Verdauung empfindlich auf die gegrillten Köstlichkeiten reagiert und sich mit Völlegefühl, Sodbrennen oder Blähungen bemerkbar macht. Die Diagnose lautet dann meistens: zu viel und zu fettig gegessen. Dass beim Grillen oft mehr am Teller und somit im Magen landet als bei einer herkömmlichen Hauptmahlzeit, liegt vor allem daran, dass das Essen in Etappen fertig wird und der Magen zwischen Salat, Brot, Würsteln und Fleisch immer kleine Pausen einlegen kann, in denen er neuen Platz schafft. Die Sättigung setzt somit später ein und die verspeiste Menge ist am Ende größer als geplant.

Stress fürs Mikrobiom

Ob die Verdauung mit den Speisen vom Grill klarkommt oder ob sie rebelliert, hängt jedoch nicht nur von der Menge, sondern von vielen anderen Faktoren ab, wie die Tiroler Ernährungsexpertin Mag. Angelika Kirchmaier weiß: „Die Qualität der verwendeten Lebensmittel spielt eine große Rolle. So sind etwa in fertig mariniertem Grillfleisch, in Fertig­saucen, aber auch in vermeintlich gesunden Fleischalternativen oft Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel, Antioxidationsmittel, Stabilisatoren und Säureregulatoren enthalten, die von Haus aus die Verträglichkeit des Lebensmittels verschlechtern können.“

Was in einem Produkt durchaus Sinn macht, den Verdauungstrakt jedoch negativ beeinflussen kann, sind künstliche Konservierungsstoffe. Sie machen Schimmelpilze und Bakterien unschädlich, sorgen für eine längere Haltbarkeit der Lebensmittel und verringern somit das Risiko für Infektionen und
Lebensmittelvergiftungen. „Konservierungsstoffe können im Darm weiter wirken und greifen dort die guten Bakterien des Darm­mikrobioms an.“ Doppelt geschädigt wird das Darmmikrobiom laut Kirchmaier, wenn Fertigprodukte zusammen mit Alkohol genossen werden, denn auch dieser ist ein Konservierungsstoff, der zwischen guten und schlechten Keimen nicht unterscheiden kann.

Histamin in Schach halten

Für unterschiedliche Beschwerden, von Bauchschmerzen, über Juckreiz bis hin zu Kopfschmerzen und Atembeschwerden, kann Histamin sorgen. Histamin spielt eine wichtige Rolle als Botenstoff im menschlichen Körper und ist an der Regulierung verschiedener Prozesse beteiligt. Es wird nicht nur vom Körper selbst produziert, sondern auch durch viele Lebensmittel aufgenommen. Dabei gilt eine ganz grobe Faustregel: Je länger die Reifung oder Lagerung, desto mehr vom Abbauprodukt Histamin entsteht, z. B. enthält frisches Fleisch deutlich weniger Histamin als etwa Salami. Normalerweise wird Histamin im Körper durch Enzyme abgebaut. Bei einer Unverträglichkeit kann dieser Abbau jedoch gestört sein, was zu einer Ansammlung von Histamin im Körper und unterschiedlichen allergieähnlichen Symptomen führt. Fertig marinierte sowie geräucherte und gepökelte Lebensmittel können sehr histaminreich sein und selbst bei Personen, die mit Histamin grundsätzlich gut zurechtkommen, zu Problemen führen. „Wie ein Turbo für die Histaminbildung wirkt es, wenn mariniertes Fleisch und Grillwürstel längere Zeit in der Wärme liegen, bevor sie auf den Rost kommen“, berichtet die Ernährungsexpertin. Würstel daher am besten direkt vom Kühlschrank auf den Grill geben und Fleisch maximal eine halbe Stunde vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen und in der Küche akklimatisieren lassen. Verstärkt wird die Histaminwirkung noch bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol, wie es beim Grillen oft der Fall ist. 

Frisch statt fertig

Oft ist es der Faktor Zeit, der uns zu Fertigprodukten greifen lässt. Wer versuchen möchte, bei der nächsten Grillparty zumindest größtenteils darauf zu verzichten und selbst Hand anzulegen, braucht dafür keinen Küchenmarathon einzuplanen. Fleisch lässt sich bereits am Vortag marinieren – aber noch nicht salzen, denn Salz laugt aus und macht das Fleisch zäh (ausgenommen spezielle Grillsalze, die erst beim Auflegen auf den Rost die volle Wirkung entfalten). Von fertigen Grillgewürzmischungen rät die Ernäh­rungsexpertin ab: „Sie enthalten häufig Glutamat oder Hefeextrakt, viel Salz und vergleichsweise wenige Gewürze.“ Besser und gesünder ist es, das Fleisch mit einer selbst hergestellten Mischung aus etwas Pflanzenöl, frischen Kräutern, Knoblauch und unmittelbar vor dem Grillen mit Salz zu marinieren. „Ich empfehle Kräuter wie Majoran und Kümmel einzuplanen, die als natürliche Magenstärker gelten und die Verdauung unterstützen.“ Eine verdauungsfördernde Wirkung hat auch Senf. Er eignet sich pur genossen zu Fisch oder Fleisch oder als würzige Zutat selbst gemachter Grillsaucen (siehe Rezept Seite 24) und Dips.

Es muss nicht immer Fleisch sein

Was auf den Grill kommt, entscheidet bei Angelika Kirchmaier der Familienrat. „Wir grillen viel Gemüse aus dem Garten, das klein geschnitten, mit vielen Kräutern und etwas Öl vermischt in der Grilltasse landet.“ Zum Grillen besonders geeignet sind z. B. Pilze, Zucchini, Paprika, Zwiebeln, Süßkartoffeln, Melanzani, Kartoffeln, Karotten, Sellerie, Karfiol, Broccoli und Maiskolben. Damit es nicht zu lang dauert, sollte hartes Gemüse kurz vorgedämpft werden, bevor es gegrillt wird. Eine gesunde und einfach zuzubereitende Alternative zu klassischen Burger Pattys aus Faschiertem sind vegetarische Laibchen auf Basis von Bohnen oder Kichererbsen. Dafür die Hülsenfrüchte mit einem Kartoffelstampfer zerstampfen, nach Belieben würzen und mit gehackten Zwiebeln, Knoblauch und sehr fein geriebenem Gemüse vermischen. „Zur besseren Bindung kann man ein paar Brösel, etwas Mehl oder ein Ei in die Masse geben, Laibchen formen und sie anschließend in der Grilltasse garen.“ 

Für selbst gemachte Cevapcici vermischt die Expertin ein Drittel Faschiertes mit einem Drittel Knödelbrot und einem Drittel sehr fein geraspeltem Gemüse. Wer zu diesen Köstlichkeiten einen bunten Salat serviert, liegt genusstechnisch und gesundheitlich richtig. Und selbst beim Brot animiert Kirchmaier zum Selbermachen: „Für Brot braucht es nur Mehl, Wasser, ein Backtriebmittel, Salz und Brotgewürz. Brotbacken ist einfach, günstig und im Vergleich zu hochverarbeiteten Fertigprodukten nebenwirkungsfrei“, so die Expertin.


Schnelle Grillsaucen 

Als Basis für eine schnelle und gesunde Grillsauce einen Becher Naturjoghurt mit einem halben Becher Sauerrahm verrühren und mit etwas Kräutersalz würzen. Dann kommt hinein, was schmeckt bzw. der Kühlschrank hergibt. Klein gehackt machen sich etwa
folgende Zutaten gut in der hausgemachten Grillsauce: frische Kräuter, Essiggurken, ein hart gekochtes Ei, Zwiebeln, Knoblauch, Senf, getrocknete Tomaten, sehr fein gehackte Paprikawürfel, Sardellen, Oliven, Kapern, ein Stück von einer sehr reifen Banane mit Currypulver. Die Sauce kann bereits am Vortag zubereitet und im Kühlschrank gelagert werden. Frische geraspelte Gurken passen ebenfalls gut in die Sauce, sollten jedoch erst kurz vor dem Verzehr untergerührt werden, weil sie sehr viel Wasser abgeben und damit die Sauce zu dünnflüssig wird. Wer auf Milchprodukte verzichten möchte, kann sich aus frischen, klein gehackten Tomaten, Knoblauch, Zwiebel, Salz, Pfeffer, frischem Basilikum, Balsamico und Olivenöl eine fruchtig-frische Tomatensalsa zaubern.

Achtung, Gesundheitsgefahr! 

Sie verursachen zwar keine akuten Probleme, können die Gesundheit jedoch langfristig gefährden und das Darmkrebsrisiko erhöhen: polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und heterozyklische aromatische Amine (HAA). Um die Entstehung dieser gesundheitlich bedenklichen Stoffe zu vermeiden, sollte man darauf achten,
dass kein Öl in die heiße Glut bzw. auf die Heizschlangen des Grills tropft und das Grillgut nicht zu lange bei großer Hitze zubereitet wird. Schwarze bzw. verbrannte Stellen am Grillgut sollten immer weg­geschnitten werden. Als krebserregend gelten auch die sogenannten Nitrosamine, die sich immer dann bilden, wenn gepökelte Lebensmittel wie Speck, geräucherter Schinken oder Würstel stark erhitzt werden.


Fotos: Trinkl,  istockphoto: zi3000

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