Vitamin D für ein längeres Leben

März 2009 | Medizin & Trends

Neue Erkenntnisse über das „Sonnenvitamin“
 
Bisher schätzte man Vitamin D vor allem wegen seiner knochenstärkenden Wirkung und setzte es hauptsächlich im Kampf gegen Rachitis und Osteoporose ein. Aktuelle Forschungsergebnisse machen es nun zu einer neuen Hoffnung der Anti-Aging-Medizin: Vitamin D soll das Leben verlängern, indem es das Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes und Krebs senkt. Ein Grazer Mediziner ist an der Erforschung des Wirkstoffs maßgeblich beteiligt. In MEDIZIN populär spricht er über jüngste Erkenntnisse.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Ein Mangel an Vitamin D kann Folgen haben – nicht nur für die Knochen. Das zeigen immer mehr aktuelle Studien. So kam man im Rahmen einer Langzeitstudie mit mehr als 3500 Teilnehmern, die seit acht Jahren in Ludwigshafen läuft, zu folgendem Fazit: „Patienten mit niedrigem Vitamin D-Spiegel hatten ein deutlich erhöhtes Risiko, früher zu sterben, als jene mit höheren Werten“, berichtet Univ. Prof. Dr. Harald Dobnig von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin an der Universitätsklinik für Innere Medizin der Medizinischen Universität Graz, der an der Studie (unter der Leitung von Prof. Dr. Winfried März) mitarbeitet. Man konnte, so verdeutlicht Dobnig, bei den untersuchten Patienten mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren „deutliche Zusammenhänge zwischen einem niedrigen Vitamin D-Spiegel und einer geringeren Lebenserwartung, einer erhöhten Neigung zu Schlaganfällen und Krebserkrankungen sowie einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten belegen“.

Mangel setzt Senioren besonders zu

Ein Mangel an Vitamin D wird weiters mit der Häufigkeit von Infekten in Verbindung gebracht. „Auch bei Inkontinenz, also Blasenschwäche, und Schluckstörungen vor allem bei älteren Menschen könnte er zumindest eine begleitende Rolle spielen“, ergänzt Dobnig. Außerdem kann sich der Vitamin D-Status auf die Muskelkraft und -koordination auswirken. Häufige Stürze und Knochenbrüche bei Senioren könnten demnach einen Mangel an Vitamin D als Ursache haben. „Bei einer Studie mit Senioren aus Graz und dem deutschen Bad Pyrmont konnten wir mit einer niedrigen Vitamin D-Zufuhr binnen eineinhalb Jahren eine Sturzreduktion um 43 Prozent feststellen“, berichtet Dobnig, der auch Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des Knochens und Mineralstoffwechsels ist.
„Vitamin D wird heute mit vielem in Zusammenhang gebracht“, sagt Dobnig über einen der derzeit meist erforschten Stoffe. Echte Beweise für die Wirksamkeit stünden allerdings noch aus. „Nur eine so genannte prospektive Placebo-kontrollierte Studie, die es noch nicht gibt, kann klären, was wirklich dran ist“, so der Experte, der plant, eine derartige Studie an der Medizinischen Universität Graz durchzuführen.

Schutz vor Krebs und Infarkt

Indessen belegen immer mehr Studien, dass das Vitamin D auf vielen verschiedenen Ebenen im Körper wirkt. Neueren Erkenntnissen zufolge ist Vitamin D etwa ein wichtiger Regulator der Zellteilung. „Sehr viele Studien haben gezeigt, dass ein niedriger Vitamin D-Spiegel mit erhöhter Krebswahrscheinlichkeit einhergeht“, berichtet Dobnig. „Denn bei einem Vitamin D-Mangel dürfte die Zellteilung gestört sein.“ Ein niedriger Vitamin D-Spiegel fördere außerdem Bluthochdruck. „Vitamin D reguliert in der Niere die Ausschüttung von Renin, welches gemeinsam mit anderen Hormonen blutdruckregulierend wirkt.“ Eine amerikanische Studie attestiert Vitamin D außerdem eine wichtige Schutzfunktion in Sachen Herzgesundheit. Kardiologen vom Mid American Heart Institute in Kansas City kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass niedrige Vitamin D-Werte das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich erhöhen.

So lebenswichtig ist Sonnenlicht

Dabei ist das Vitamin D gar kein Vitamin. „Man hat es seinerzeit falsch ,getauft‘“, erklärt Dobnig den Irrtum. Vitamine sind nämlich Wirkstoffe, die der Körper zum Leben braucht, selbst jedoch nicht herstellen kann, sodass er auf Zufuhr von außen angewiesen ist. Ganz so einfach ist es beim Vitamin D, in der Fachsprache Calciferol genannt, nicht: Es kommt in unserem Körper in unterschiedlichen Stufen vor. Die Vorstufe des „Vitamins“ wird vom Organismus selbst produziert – für die Umwandlung in das wirksame Vitamin D3 braucht es aber Hilfe von außen: das Sonnenlicht. „Eigentlich ist das Vitamin D ein Prohormon, also ein Hormonvorläufer“, sagt Dobnig. Mit Hilfe von ultraviolettem Licht wird es in den untersten Hautschichten gebildet und in komplexen Prozessen in seine eigentlich wirksame Form umgewandelt.

Mangelmonate Oktober bis März

Hilfe von außen kommt zu einem kleinen Teil auch von der Nahrung: Zu rund 20 Prozent füllen wir unsere Vitamin D-Speicher mit bestimmten Lebensmitteln. „Wir nehmen Vitamin D als Vitamin D2 in pflanzlichen Produkten wie Pilzen und Avocados oder als Vitamin D3 in Form von tierischen Nahrungsmitteln wie Hering und Lachs zu uns“, erläutert Dobnig. Für den Großteil aber, nämlich für rund 80 Prozent der benötigten Menge, braucht der Körper Sonnenlicht. „In den Sommermonaten werden die Vitamin D-Speicher in den meisten Fällen problemlos gefüllt“, weiß der Mediziner. Problematisch sei die Versorgung jedoch auf der nördlichen Erdhalbkugel in den Monaten von Oktober bis März und zwar vor allem in den geografischen Regionen nördlich von Mittelitalien. Hier ist der Sonnenstand dann vergleichsweise flach, sodass man auch bei direkter Sonnenbestrahlung zu wenig Vitamin D in der Haut produziert, wie Dobnig erklärt. Die Folge: Ein Vitamin D-Mangel, der in unseren Breiten gar nicht selten ist.  

15 Minuten Sonne genügen

Studien aus Österreich etwa haben ergeben, dass rund ein Drittel der Erwachsenen über lange Phasen des Jahres einen Vitamin D-Mangel hat. „Ganz besonders niedrig war die Vitamin D-Konzentration, die sich im Blut bestimmen lässt, bei älteren oder gehbehinderten Menschen, die auch im Sommer wenig ins Freie kommen“, erläutert Harald Dobnig. Bei den Senioren ist die Bildung von Vitamin D ohnedies vermindert. „Die Produktionskapazität von Vitamin D in der Haut nimmt mit zunehmendem Alter – etwa proportional zur abnehmenden Hautdicke – ab“, so Dobnig. Bei gleicher UV-Lichtbestrahlung bildet ein älterer Mensch im Vergleich zu einem jüngeren nur etwa ein Viertel bis die Hälfte an Vitamin D3. „Viele meiden außerdem die Mittagshitze zwischen 10 und 14 Uhr, gerade wenn die Vitamin D-Produktion eigentlich optimal wäre.“ Am späteren Nachmittag, wenn etwa viele Berufstätige an die Sonne kommen, wird hingegen nur mehr wenig Vitamin D gebildet – ein Vitamin D-Mangel ist also leicht „erworben“.
Man muss aber nicht Hautschäden riskieren und in der Mittagsglut in der Sonne braten, um zur optimalen Vitamin D-Dosis zu gelangen. Denn obwohl wir die Sonne für die Produktion von Vitamin D brauchen, sollte man sie maßvoll genießen. Im Sommer vermag ein 15-minütiges Sonnenbad den Tagesbedarf zu decken.

Wie viel ist sicher?
So viel Vitamin D brauchen wir täglich

Um auch im Winter ausreichend mit Vitamin D versorgt zu sein, rät der Grazer Experte Univ. Prof. Dr. Harald Dobnig die Substanz von Oktober bis Ende März ergänzend in Form von Tropfen zu sich zu nehmen. Die empfohlene Dosis? „Erwachsenen empfehlen wir pro Tag zumindest 1000 IE. Diese 1000 Internationalen Einheiten, entsprechen 25 Mikrogramm – das sind zwei bis drei der Vitamin D3-Tropfen, die man nur gegen ärztliches Rezept in der Apotheke erhält“, erklärt Dobnig. „Bei älteren, bettlägerigen Menschen sind 2000 Einheiten das ganze Jahr hindurch empfehlenswert.“ Eine Überdosierung sei bei diesen Mengen – auch ohne vorherige Bestimmung des Vitamin D-Spiegels im Blut – auszuschließen, versichert der Experte. „Es handelt sich dabei um eine absolut sichere Dosierung.“

Stand 03/2009

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