Sobald der Winter Einzug hält, leiden viele verstärkt unter Rückenschmerzen: Muskeln werden durch die Kälte steifer, Gelenke reagieren empfindlicher und die Motivation für Bewegung sinkt. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt aktiv zu bleiben.
Von Michaela Neubauer
„Das nasskalte Wetter kann vor allem bei Menschen mit bereits bestehenden
Rückenproblemen zu einer Verschlechterung führen.“
Zugegeben: Der graue Dezember lädt wahrlich dazu ein, sich im Warmen zu verkriechen. Das Faulenzen auf der Couch und die eingeschränkte Aktivität sind allerdings problematisch für unseren Rücken, der im Winter ohnehin stärker als sonst belastet ist, weiß Dr. Steven Moayad, Orthopäde und Experte für Sportorthopädie in Wien: „Das nasskalte Wetter kann vor allem bei Menschen mit bereits bestehenden Rückenproblemen wie Arthrose oder Bandscheibenvorfällen zu einer Verschlechterung führen.“ Kälte und Feuchtigkeit sorgen dafür, dass die Muskulatur stärker arbeiten muss, um Gelenke und die Wirbelsäule zu stabilisieren. „Dadurch kann es leicht zu Verspannungen oder gar akuten Schmerzen kommen“, erklärt Moayad. Zusätzlich sind viele Menschen aufgrund der Witterung weniger motiviert, regelmäßig Sport zu treiben. „Bewegung ist jetzt aber besonders wichtig und hilft nicht nur gegen den Winterblues, sondern auch, um Schmerzen vorzubeugen“, betont der Orthopäde. Schon regelmäßige Spaziergänge oder das Nutzen der Treppe anstatt des Aufzugs leisten ihren Beitrag, um die Muskeln im Alltag zu aktivieren. Für eine optimale Unterstützung der Rückenmuskulatur empfiehlt Steven Moayad, zusätzlich zwei- bis dreimal wöchentlich Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, einem Thera-Band oder mit leichten Gewichten durchzuführen. Wichtig sei es, den Rücken nicht nur punktuell zu stärken, sondern den gesamten Halteapparat zu bewegen – vom Bauch über die Oberschenkel bis zum Latissimus. „Hierfür eignen sich etwa Übungen wie Kniebeugen, Planks oder Hip Thrusts. Auch die ‚umgekehrte Brücke‘ oder das seitliche Strecken der Beine, während man auf dem Rücken liegt, helfen dabei, die Muskeln, Sehnen und Faszien geschmeidig zu halten“, so der Arzt.
Rückenschonend Schneeschaufeln
Schneeschaufeln gehört im Winter für viele zur alltäglichen Pflicht. Doch auch dabei gilt es, auf die richtige Technik zu achten, damit Schmerzen keine Chance haben. Der Orthopäde rät, regelmäßig die Seite zu wechseln, um eine einseitige Belastung zu vermeiden, Pausen einzulegen, statt das Schaufeln in einem Zug durchzuziehen und nicht so lang zuzuwarten, bis bereits viel Schnee gefallen ist. Auch die Länge des Werkzeuges ist entscheidend: „Eine zu kurze Schaufel zwingt zu einer ungesunden Bückhaltung, während eine zu lange Schaufel mehr Kraftaufwand erfordert“, erklärt er. Auch das Tragen eines Lendengurts kann bei Aktivitäten wie Schneeschaufeln oder längeren Aufenthalten im Freien unterstützend wirken. „Diesen sollte man allerdings nur dann nutzen, wenn man zusätzlich Übungen zur Kräftigung macht. Ein reines Tragen ohne Bewegung ist kontraproduktiv, da die Muskulatur dadurch abbauen kann“, warnt Moayad.
Selbstbehandlung und Schmerzmanagement
Wenn sich Rückenschmerzen bereits bemerkbar machen, ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Ruhe und gezielter Aktivierung zu finden. „Bei leichten Beschwerden helfen oft schon sanfte Mobilisierungs- und Entspannungsübungen sowie die Verwendung von Wärmesalben oder TENS-Geräten, mit denen elektrische Impulse erzeugt und von Elektroden durch die Haut auf das Nervensystem übertragen werden“, so Moayad. Gegebenenfalls kann auch die Einnahme eines Analgetikums notwendig sein. Der Orthopäde appelliert jedoch, bei anhaltenden oder stärker werdenden Schmerzen eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen: „Wenn man merkt, dass die Schmerzen auch bei leichter Aktivität zunehmen oder sich innerhalb weniger Tage nicht bessern, sollte man ärztlichen Rat einholen.“
Botox als ergänzende Therapieoption
Botox ist vielen vor allem aus der ästhetischen Medizin bekannt, findet seit mehreren Jahren jedoch auch verstärkt in der Orthopädie Anwendung, um verspannte Muskulatur zu lockern – eine Methode, die vor allem bei chronischen Nackenschmerzen und nervenbedingten Rückenschmerzen hilfreich ist. „Für chronische Verspannungen, die nicht auf herkömmliche Therapien ansprechen, oder bei neuropathischen Schmerzen kann Botox eine effektive Alternative sein“, so Moayad. Der Effekt hält in der Regel mehrere Monate an und kann den Zeitraum bis zu einer anderen Therapie überbrücken. Bei regelmäßiger Anwendung sollte jedoch auch ein Lebensstil-Check erfolgen, um die Ursachen langfristig in den Griff zu bekommen. Ergänzend rät der Experte dazu, insbesondere in der dunklen Jahreszeit auf eine ausreichende Nährstoffaufnahme zu achten: „Eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D unterstützt Immunsystem, Muskulatur und Knochenstoffwechsel“, erklärt der Orthopäde. Magnesium und Kalzium verhindern Muskelkrämpfe und helfen dabei, den Rücken fit und schmerzfrei zu halten. Steven Moayad empfiehlt, die Ernährung an die Bedürfnisse im Winter anzupassen und – wenn nötig – auf Nahrungsergänzungsmittel zurückzugreifen.
Fotos: © zvg, istock lemono,