Frauengesundheit

Im Interview: Petra Preiss

„Ich finde es reizvoll, Probleme zu lösen“. Die neue Präsidentin der Kärntner Ärztekammer und österreichweit erste Frau an der Spitze einer Ärztekammer Dr. Petra Preiss im Interview mit MEDIZIN POPULÄR über ihre Motive, Persönliches und Vorhaben.

Von Mag. Sabine Stehrer

Sie ist Fachärztin für Allgemeinchirurgie sowie Herz- und Gefäßchirurgin am Klinikum Klagenfurt und lernte ihr Handwerk unter anderem in der Schweiz und an jener Klinik in Südafrika, wo Christiaan Barnard 1967 die weltweit erste Herztransplantation durchführte. Auf ihn, den Pionier, traf sie dort auch. Nun ist Dr. Petra Preiss selbst Pionierin: Die neue Präsidentin der Kärntner Ärztekammer ist die erste Frau an der Spitze einer Ärztekammer, sowohl österreichweit, als auch in der mehr als 120 Jahre langen Geschichte der hiesigen Ärztekammern. Der Öffentlichkeit bekannt wurde Preiss in ihrer Funktion als Betriebsrätin des Klinikums Klagenfurt, als sie um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Spitalsärzte kämpfte. Dabei kam sie in Kontakt mit der Ärztekammer und engagierte sich dort einige Jahre für die angestellten Ärzte. In das Rennen um das Präsidentenamt ging die gebürtige Niederösterreicherin, die nun in Pörtschach lebt, 56 Jahre alt ist, verheiratet ist und zwei Kinder hat, mit ihrer parteiunabhängigen Liste „Preiss und Team“. Den Wahlsieg erzielte sie im Mai, den Chefsessel der Ärztekammer für Kärnten hat sie für die nächsten fünf Jahre inne.

MEDIZIN POPULÄR: Frau Präsidentin Preiss, was hat Sie dazu motiviert, das Amt an der Spitze der Kärntner Ärztekammer anzustreben?

Petra Preiss: Ursprünglich wollte ich nicht einmal in die Ärztekammer (lacht), aber dann hat sich über meine Funktion als Betriebsrätin am Klinikum Klagenfurt und mehrere weitere Etappen der Weg dorthin ergeben. Meine Devise war immer: Was nicht passt, muss man selber ändern. Nur jammern geht nicht. Vor einigen Jahren haben wir Kärntner Spitalsärzte gemeinsam mit der Ärztekammer den Spitalserhaltern ein recht respektables Verbesserungspaket abgerungen. Damals habe ich gemerkt, dass es durchaus reizvoll ist, in größerem Rahmen Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Zur Kandidatur habe ich mich aber erst nach Rücksprache mit meinem Team und natürlich mit meiner Familie entschlossen.

Sie sind nicht nur die erste Ärztekammer-Präsidentin Kärntens, sondern auch Österreichs, dabei wurden die Ärztekammern hierzulande vor mehr als 120 Jahren gegründet. Warum hat es so sehr lang gedauert, bis eine Frau in diese Funktion kam?

Dass dies so lang gedauert hat, finde ich zwar bedauerlich, aber es ist durchaus erklärbar. Zum einen funktionieren Männerseilschaften immer noch sehr gut, zum anderen streben Frauen kaum je eine Ärztekammerfunktion an. Neben dem Beruf als Ärztin und der Familienarbeit noch drei Abende pro Woche in Sitzungen zu verbringen, das geht mit kleinen Kindern nicht. Wenn dann noch Sitzungen zu unproduktiven Streitereien ausarten, sehen Frauen das als Zeitverschwendung an und sagen sich ´das brauch´ich nicht´.

Wie schaffen Sie es, Präsidentschaft, Beruf und Familie zu vereinbaren?

Einfach ist das nicht. Mit kleinen Kindern wäre es unmöglich. Ich bin eigentlich ein Familienmensch, freue mich, wenn ich mit meiner Familie zusammen sein kann, treffe mich auch immer wieder gern mit Freunden, lese an sich gern. Aber wenn ich nun einmal Zeit für mich habe, übe ich meistens mein neues Hobby aus, und das heißt Schlafen (lacht).

Das lässt erahnen, dass Sie nun nur noch wenig Freizeit haben?

So ist es, denn ich arbeite 45 Stunden in der Woche an der Klinik, habe zwei bis drei Nachtdienste und sechs Rufbereitschaften pro Monat. Und wenn ich nicht in der Klinik bin, bin ich meist in der Ärztekammer tätig oder für die Ärztekammer unterwegs. Aber meine Arbeit als Chirurgin erfüllt mich sehr, und als Ärztekammer-Präsidentin freue ich mich darüber, was ich alles anstoßen und im Gesundheitssystem im Sinn der Ärzte und Patienten verbessern kann.

Im Spitalsbereich haben Sie diesbezüglich ja schon einiges erreicht, was haben Sie als nächstes vor?

Da gibt es die vorhersehbaren Probleme: Der Ärztemangel hat begonnen, die niedergelassenen Ärzte zu erreichen, auch in Kärnten. Junge Ärztinnen und Ärzte können es sich heute aussuchen, wo sie arbeiten, auch im Ausland. Wenn sich nichts an den Arbeitsbedingungen besonders für Allgemeinmediziner am Land ändert, werden wir viele der frei werdenden Stellen nicht nachbesetzen können. Immerhin stehen 50 Prozent der Stelleninhaber vor der Pensionierung. Die derzeit so hochgepriesenen Primärversorgungszentren werden übrigens wenig dagegen ausrichten, sie sind für Bezirksstädte vorgesehen und werden den Mangel am Land eher vergrößern. Wir sehen in Kärnten die Zukunft daher eher in besserer Vernetzung von Praxen am Land. Daher ist es besonders wichtig, den Lokalpolitikern klarzumachen, dass man Ärzten etwas bieten muss, wenn man sie für eine Landgemeinde gewinnen will. Ich denke da an Unterstützung bei der Gründung und dem Betrieb einer Ordination sowie den Betrieb eines Go-Mobils (günstiger Taxidienst für Orte mit schlechter Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz). Nicht zu vergessen: Das Jahr 2021 rückt näher, dann wird die Wochenarbeitszeit von Spitalsärzten auf 48 Stunden im Schnitt begrenzt sein, und dafür haben wir immer noch nicht genug Ärzte in den Krankenhäusern. Wichtig ist mir außerdem, die Ausbildung der Ärzte weiter zu verbessern, obwohl sich da in der Vergangenheit schon viel getan hat. Besonders bei der Ausbildung zum Allgemeinmediziner ist noch Luft nach oben. Aber, auch was an Unvorhersehbarem dazukommt: Ich bin optimistisch, dass ich gemeinsam mit meinem engagierten Team zu Lösungen beitragen kann.

Was möchten Sie jungen Frauen sagen, die jetzt Medizin studieren?

Ich möchte Medizinstudentinnen sagen, dass sie in diesen Beruf Zeit investieren müssen, um durch Erfahrung gut zu werden. Natürlich brauchen wir auch Teilzeitmodelle, aber man darf sich keine Illusionen machen: Wer viel mehr arbeitet, kommt in der Regel viel weiter. Das gilt natürlich besonders für chirurgische Fächer. Langfristig in Teilzeit arbeiten, passt zum Beispiel mit Herzchirurgie sicher nicht zusammen.

Warum sind Sie eigentlich Herzchirurgin geworden?

Das hat sich ergeben. Mein erster Berufswunsch als Kind war die Unfallchirurgie, ich habe keine Idee warum (lacht). Dann bin ich über ein Forschungsprojekt in die Herz- und Gefäßchirurgie gekommen und wusste: Das ist es. Dazwischen hätte mich auch interessiert, einmal in Kriegsgebieten zu arbeiten, um direkt an der Front Patienten zu helfen.

Nun sind Sie in der Ärztekammer an vorderster Front. Wie hilfreich sind Ihnen im Amt als Präsidentin jene Eigenschaften, die Sie als Herzchirurgin haben, wie gute Nerven, Geschicklichkeit Durchhaltevermögen, etc.?

(Lacht). Ich denke, sehr, sehr hilfreich.

Foto: iStock, FrankRamspott

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