Im Alltag reicht oft eine kleine Unachtsamkeit: Wenn man sich beim Kochen, im Garten oder durch einen Sturz verletzt und blutet, gilt es, schnell zu handeln. Was ist zu tun, damit Wunden rasch heilen?
Von: Michaela Neubauer
Vor Wunden ist niemand gefeit. Ob kleine Schnittverletzungen in der Küche, Schürfwunden beim Sport oder Verbrennungen – Unfälle passieren schneller, als man denkt. Gerade deshalb ist es wichtig, zu wissen, wie man im Ernstfall richtig reagiert. Eine gut ausgestattete Hausapotheke und grundlegende Kenntnisse in der Wundversorgung helfen dabei, Infektionen zu vermeiden und die Heilung zu beschleunigen. EOÄ Dr. Christiane Dreschl, MBA, Leiterin der Wundambulanz im Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt, empfiehlt, zuhause immer einige grundlegende Utensilien für die Erstversorgung von Verletzungen griffbereit zu haben: „Das Minimum sollte ein Desinfektionsmittel sein, um die Wunde zu reinigen und Keime abzutöten“, rät die Expertin. Zudem sollten in jedem Haushalt Pflasterverbände vorhanden sein, entweder auf einer Rolle zum Zuschneiden oder einzeln verpackt, sowie sterile Kompressen und Mullbinden für größere Wunden. Für die weitergehende Versorgung von kleinen Hautrissen oder Schürfwunden bietet sich auch eine Heilsalbe an. „Eine gute Wund- und Heilsalbe beschleunigt den Heilungsprozess und hält die Haut geschmeidig“, erklärt Dreschl. Wichtig ist es, auf die Haltbarkeit der Produkte zu achten und den Vorrat regelmäßig zu überprüfen.
Verbinden oder offen lassen?
Ein häufiger Irrtum bei der Wundversorgung betrifft die Frage, ob man die Wunde bedecken oder offen lassen sollte. Christiane Dreschl zufolge sollte eine Wunde in den meisten Fällen verbunden werden, insbesondere aus hygienischen Gründen: „Das Abdecken der Wunde schützt sie vor Verunreinigungen und damit auch vor Infektionen.“ Außerdem wird durch den Verband die Kleidung vor Verschmutzungen bewahrt, was vor allem bei nässenden oder blutenden Wunden wichtig ist. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: „Kleinere, oberflächliche Wunden können in manchen Fällen offen gelassen werden, um sie ‚atmen‘ zu lassen. Das gilt vor allem, wenn sie sauber sind und sich in einer geschützten Umgebung befinden“, fügt die Ärztin hinzu. Wichtig sei es hier, die Heilung im Auge zu behalten und gegebenenfalls einen Verband anzulegen, wenn die Wunde zu bluten beginnt oder verschmutzt wird.
Die häufigsten Fehler
Trotz aller Vorsicht unterlaufen bei der Wundversorgung oft Fehler. „Problematisch kann es etwa sein, eine Wunde vor dem Verbinden nicht zu reinigen“, warnt die Expertin. Denn dann bleiben Schmutzpartikel oder Bakterien in der Wunde und erhöhen das Infektionsrisiko. Das gründliche Spülen der Wunde mit klarem Wasser oder einem geeigneten Desinfektionsmittel ist daher ein unverzichtbarer Schritt.
Ein weiterer häufiger Fehler ist das Unterlassen der Versorgung. „Manche Menschen unterschätzen ihre Verletzung und lassen sie unbehandelt. Doch auch kleine Wunden können sich entzünden und schwerwiegendere Komplikationen verursachen“, erklärt Dreschl. Deswegen ist es wichtig, jede Verletzung ernst zu nehmen und entsprechend zu versorgen.
Ärztliche Abklärung
Auch wenn viele Wunden zu Hause versorgt werden können, gibt es Fälle, in denen unbedingt eine Ärztin oder ein Arzt konsultiert werden sollte. „Bei akuten Wunden, die stark bluten oder klaffen, sollte man nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen“, rät Christiane Dreschl. Besonders bei tiefen oder großen Wunden sowie bei Verletzungen durch Tierbisse besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, und eine medizinische Abklärung ist erforderlich. Zudem sollten Anzeichen einer Infektion wie Rötung, starke Schmerzen, Schwellungen oder Fieber ernst genommen werden. Und auch Verbrennungen, die größer als ein Handteller sind, sowie Wunden, die nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums heilen, sollten in jedem Fall abgeklärt werden. Die Gründe, warum einige Menschen mit Wunden zu kämpfen haben, die einfach nicht heilen wollen, können vielfältig sein: „Eine verzögerte Wundheilung tritt häufig bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus auf“, betont Dreschl. Auch Immunerkrankungen und bestimmte Medikamente wie Chemotherapeutika oder Mittel zur Rheumatherapie können den Heilungsprozess beeinträchtigen. Darüber hinaus spielen chronische Erkrankungen eine Rolle. „Durchblutungsstörungen, chronische Herz- oder Nierenerkrankungen sowie Krampfadern tragen ebenfalls zu einer verzögerten Wundheilung bei“, so die Ärztin. In diesen Fällen ist es besonders wichtig, den Heilungsverlauf engmaschig zu überwachen.
Wenn Wunden chronisch werden
Von einer chronischen Wunde spricht man, wenn diese nach sechs bis acht Wochen nicht verheilt ist. Chronische Wunden stellen eine besondere Herausforderung dar, da sie oft auf tieferliegende gesundheitliche Probleme hinweisen. „Sie sind nicht nur schmerzhaft und belastend, sondern auch ein Zeichen dafür, dass etwas im Körper nicht richtig funktioniert“, erklärt Dreschl. Die Behandlung chronischer Wunden erfordert eine gründliche Diagnose und einen langfristigen Behandlungsplan. „Bei chronischen Wunden ist es wichtig, die zugrunde liegenden Ursachen zu behandeln, um eine Heilung zu ermöglichen“, weiß die Expertin. Denn unbehandelt können chronische Wunden ein großes Risiko darstellen und im schlimmsten Fall bis zur Amputation führen. Letztlich macht die richtige Wundversorgung einen entscheidenden Unterschied – nicht nur für die Heilung, sondern auch für das gesamte Wohlbefinden. „Wenn man sich unsicher ist, sollte man immer auf Nummer sicher gehen und ärztlichen Rat einholen“, betont Christiane Dreschl abschließend.
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