Hitzewallungen gehören zu den häufigsten und belastendsten Symptomen der Wechseljahre – bei Frauen wie auch bei Männern. Während Hormonersatztherapien bei vielen Patientinnen helfen, sind sie nicht für alle geeignet oder gewünscht. Deshalb gewinnen nicht-hormonelle Therapieoptionen zunehmend an Bedeutung. Zwei davon stehen dabei besonders im Fokus: die kognitive Verhaltenstherapie und die klinische Hypnose. Jüngste Studien zeigen, dass vor allem die Hypnosetherapie überraschend effektiv sein kann.
Was ist Hypnose – und wie wirkt sie?
Hypnose ist ein Zustand fokussierter Aufmerksamkeit, bei dem äußere Reize in den Hintergrund treten und die Wahrnehmung auf innere Vorgänge gelenkt wird. Laut Dr. David Spiegel, Psychiater an der Stanford Medical School, erhöht dieser Zustand die „kognitive Flexibilität“ – also die Fähigkeit, alte Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen.
„Hypnose hilft, ein altes Problem aus einer neuen Perspektive zu sehen und eingefahrene Gedankengänge loszulassen“, so Spiegel.
In der klinischen Anwendung kann Hypnose das Schmerzempfinden, den Stresslevel und das emotionale Erleben von Beschwerden deutlich beeinflussen – auch bei Hitzewallungen.
Hypnose in der Menopause: Neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit
Eine große Übersichtsarbeit, die 2024 auf dem Jahreskongress der Menopause Society in Chicago vorgestellt wurde, analysierte 23 Studien aus den Jahren 1996 bis 2022. Die Ergebnisse:
- Klinische Hypnose kann die Häufigkeit und Intensität von Hitzewallungen um bis zu 60 % reduzieren.
- Die kognitive Verhaltenstherapie zeigte ebenfalls positive Effekte, insbesondere bei der Stressverarbeitung, war aber weniger wirksam in Bezug auf die direkte Reduktion von Hitzewallungen.
Hypnose bietet sich besonders für Frauen an, die keine Hormone einnehmen dürfen – etwa nach einer Brustkrebserkrankung. Sie wirkt sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene und kann dadurch mehrere Wechseljahresbeschwerden gleichzeitig lindern.
Hypnosetherapie bei Männern: Das Tabu der Hitzewallungen
Hitzewallungen betreffen auch Männer – vor allem nach einer Prostatakrebsbehandlung oder bei einem Testosteronmangel. Laut Studien leiden bis zu 80 % der Überlebenden von Prostatakrebs an Hitzewallungen, bei etwa jedem zweiten ist eine Behandlung medizinisch notwendig.
Trotzdem ist das Thema in der Öffentlichkeit wenig präsent. „Männer neigen dazu, Hitzewallungen zu verdrängen“, sagt Dr. Gary Elkins von der Baylor University. „Und wenn sie klagen, kann man ihnen keine Östrogene verschreiben.“
In einer Fallstudie der Baylor University wurde ein 69-jähriger Prostatakrebs-Patient mit intensiven Hitzewallungen mit einer Hypnosetherapie behandelt – mit bemerkenswertem Erfolg:
- Nach sieben Wochen war die Häufigkeit seiner Hitzewallungen um 94 % reduziert.
- Die Beschwerden sanken von 160 auf nur noch 15 Episoden pro Woche.
- Auch die Schlafqualität verbesserte sich deutlich.
Therapie individuell abstimmen
Ob Mann oder Frau – Hypnose ist kein Allheilmittel, aber ein vielversprechender, nebenwirkungsarmer Ansatz bei Hitzewallungen. Wichtig ist eine qualifizierte Durchführung durch erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten. Besonders für Männer kann Hypnose eine wirksame Alternative darstellen, wenn hormonelle Behandlungen nicht in Frage kommen.
Auch bei Frauen kann Hypnose helfen, neben den körperlichen Beschwerden auch die psychische Belastung der Wechseljahre zu lindern. Denn wie Dr. Spiegel betont:
„Hypnose kann das Bewusstsein von Dingen trennen, die normalerweise das Denken und Wohlbefinden stören – und so für mehr Gelassenheit sorgen.“
Fazit: Hypnose als ernstzunehmende Option
Die Forschung zeigt deutlich, dass klinische Hypnose – sowohl bei Frauen als auch bei Männern – eine effektive, sichere und individuell anpassbare Methode sein kann, um Hitzewallungen zu reduzieren. Gerade bei Patientinnen, die keine Hormone einnehmen möchten oder dürfen, stellt sie eine wertvolle Option dar. Und auch für Männer, die bislang wenig Beachtung in der Behandlung solcher Symptome fanden, öffnet sie neue therapeutische Wege.
Quellen:
Psychologie und Neurowissenschaften an der Baylor University
Quelle: Gary Elkins, The Journal of The North American Menopause Society
Fotos: istock AndreyPopov