Neurologie & Psyche

Migräne-Aura und Schlaganfall-Risiko

Ein unterschätztes Gesundheitsproblem: Forschungsergebnisse legen nahe, dass Migräne, insbesondere in Verbindung mit Aura, das Risiko für ischämische Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken (TIA) signifikant steigert.

Migräne betrifft rund 10 % der Bevölkerung, wobei etwa ein Drittel der Betroffenen unter Migräne-Auren leidet. Diese neurologischen Phänomene, die sich durch visuelle Störungen wie Blitze, Flimmern oder Gesichtsfeldausfälle bemerkbar machen, sind nicht nur belastend, sondern können das Risiko für zerebrovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfall erhöhen. 

Migräne und Schlaganfall: Eine komplexe Beziehung

Migräne und Schlaganfall sind weit verbreitete neurovaskuläre Erkrankungen, die sowohl die Lebensqualität der Betroffenen als auch die Gesundheitssysteme erheblich belasten. Studien zeigen, dass Migräne das Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse erhöht, wobei der Zusammenhang bei Migräne mit Aura besonders stark ausgeprägt ist.

Risikofaktoren im Fokus

Besonders gefährdet sind junge Frauen mit Migräne-Aura, die orale Kontrazeptiva verwenden oder rauchen. In dieser Gruppe steigt das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall erheblich. Auch wenn Migräne mit einem erhöhten Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle assoziiert wird, ist der Zusammenhang weniger stark ausgeprägt.

Bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspintomographie (fMRI) haben zudem gezeigt, dass Migränepatienten häufiger asymptomatische Hirnschäden und ungünstige vaskuläre Risikoprofile aufweisen. Dies gilt selbst für Patienten ohne klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Diabetes.

Migräne-Aura: Neue Erkenntnisse aus der Forschung

Neuere Studien werfen ein Licht auf die Mechanismen, die Migräne-Auren mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbinden. Eine Untersuchung, die speziell Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren einbezog, identifizierte unterschiedliche Schlaganfallrisiken in Abhängigkeit vom Typ der Aura:

  • Visuelle Symptome wie Punkte und Linien erhöhen das Risiko um 25 %.
  • Visusverluste steigern das Risiko sogar um 70 %.

Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Migränepatienten mit Aura gezielt zu überwachen und zusätzliche vaskuläre Risikofaktoren zu minimieren.

Funktionelle Kernspintomographie: Ein Blick ins Gehirn

Die fMRI spielt eine entscheidende Rolle bei der Untersuchung der neuronalen Mechanismen, die Migräne-Auren zugrunde liegen. Diese Methode erlaubt es, Hirnaktivitäten in Echtzeit zu erfassen, was insbesondere bei der Untersuchung der oft unvorhersehbaren und kurzen Auren von Bedeutung ist.

In Studien konnten Forscher spezifische Reaktionen der Sehrinde auf verschiedene Trigger wie Lichtstimulation oder Sauerstoffmangel beobachten:

  • Verminderte Reaktionen bei Gesichtsfeldausfällen.
  • Verstärkte Reaktionen bei der Wahrnehmung von Lichtblitzen oder Flimmern.

Diese Erkenntnisse könnten den Weg für maßgeschneiderte Behandlungsansätze ebnen, die besser auf die individuellen Bedürfnisse von Patienten mit unterschiedlichen Aura-Typen abgestimmt sind.

Prävention und Behandlung: Handlungsbedarf bei Migränepatienten

Angesichts des erhöhten Schlaganfallrisikos ist es entscheidend, Migränepatienten, insbesondere jene mit Aura, umfassend zu betreuen. Neben der medikamentösen Therapie sollten vaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und die Nutzung hormoneller Verhütungsmittel konsequent adressiert werden.

Die Erkenntnisse aus der fMRI-Forschung könnten langfristig nicht nur zu einem besseren Verständnis der Migräne-Aura führen, sondern auch innovative Präventions- und Behandlungsstrategien ermöglichen, um das Schlaganfallrisiko effektiv zu senken.


Literatur:

Øie LR, Kurth T, Gulati S, Dodick DW. Migraine and risk of stroke. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2020 Jun;91(6):593-604. doi: 10.1136/jnnp-2018-318254. Epub 2020 Mar 26. PMID: 32217787; PMCID: PMC7279194.


Fotos: © istock nemke

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