Dank des medizinischen Fortschritts und moderner Behandlungsmöglichkeiten können Menschen mit Multipler Sklerose heute selbstbestimmt leben – und auch eine Familie gründen. Mit guter Vorbereitung steht dem Elternsein nichts im Weg.
„Mit modernen Therapien und ärztlicher Begleitung lassen sich Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit und ein aktives Familienleben auch mit MS meistern.“
Viele Menschen mit Multipler Sklerose (MS) fragen sich, ob sich der Wunsch nach einer eigenen Familie erfüllen lässt. Dank moderner Therapien, neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem besseren Verständnis der Erkrankung sind Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit und Elternschaft heute auch mit MS gut möglich. Das war nicht immer so, erklärt Dr. Doris Hauer, Fachärztin für Neurologie und Geriatrie, Multiple Sklerose Zentrum, Melk: „Lange Zeit herrschte die Vorstellung, eine Schwangerschaft könne den Krankheitsverlauf verschlechtern, und Betroffene seien körperlich zu eingeschränkt, um ein Kind ausreichend zu versorgen. Glücklicherweise hat sich dieses Bild in den letzten Jahren grundlegend gewandelt – heute wissen wir: MS steht dem Kinderwunsch nicht im Wege.“
Fakten zur Vererbung
Manche Menschen mit MS haben Angst, die Erkrankung könnte zwangsläufig an ihre Kinder weitergegeben werden – doch das stimmt so nicht, beruhigt Hauer: „Bei rund 90 Prozent der Betroffenen besteht kaum genetischer Zusammenhang. Selbst wenn ein Elternteil MS hat, liegt das Risiko, dass das Kind ebenfalls erkrankt, bei nur drei bis vier Prozent.“ Das bedeutet: Von 100 Kindern erkranken 97 nicht an MS. Sogar bei eineiigen Zwillingen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass beide MS entwickeln, lediglich rund 30 Prozent. Diese Fakten nehmen vielen Paaren die Unsicherheit – und machen Mut.
Gut vorbereitet in die Schwangerschaft
Ein Kinderwunsch trotz MS ist heute gut realisierbar – mit der richtigen Planung. Denn nicht alle MS-Medikamente sind während der Schwangerschaft erlaubt: Manche müssen frühzeitig abgesetzt werden, viele moderne Therapien können hingegen bis zur Empfängnis – oder sogar darüber hinaus – weitergeführt werden. „Wichtig ist, dass sich die MS in einer stabilen Phase befindet. Der beste Zeitpunkt für die Familienplanung sollte daher gemeinsam mit der behandelnden Neurologin oder dem Neurologen abgestimmt werden – damit eine mögliche Therapieanpassung frühzeitig erfolgen kann“, betont Hauer.
Während der Schwangerschaft oft weniger Krankheitsaktivität
In den meisten Fällen gestaltet sich der Schwangerschaftsverlauf problemlos. „Viele Frauen mit MS berichten, dass sie sich in der Schwangerschaft besonders wohl fühlen. Die Krankheit ist häufig weniger aktiv, Schübe treten selten auf“, so die Medizinerin. Vermutlich spielen dabei auch Zellen des ungeborenen Kindes eine schützende Rolle. Gegen Ende der Schwangerschaft empfiehlt es sich, den Impfstatus zu kontrollieren – etwa auf RSV –, um Mutter und Kind gut zu schützen.
Auch bei der Geburt gelten für Frauen mit MS grundsätzlich keine anderen Regeln als für andere Schwangere. „Eine spontane Entbindung ist ebenso möglich wie eine Periduralanästhesie (PDA), falls gewünscht. Ein Kaiserschnitt ist medizinisch nicht erforderlich, kann aber – wie bei jeder Frau – bei Bedarf durchgeführt werden. Auch das Geburtsgewicht entspricht jenem gesunder Babys ohne MS-Bezug“, erklärt Hauer. Nach der Geburt kann es durch die hormonelle Umstellung zu einem leicht erhöhten Schubrisiko kommen. Um bestmöglich vorbereitet zu sein, sollte frühzeitig ein Nachsorgegespräch mit der behandelnden Neurologin oder dem Neurologen vereinbart werden.
Stillen ist möglich – und wird empfohlen
Früher wurde Frauen mit MS oft vom Stillen abgeraten – aus Sorge vor einem Schub oder wegen möglicher Nebenwirkungen durch Medikamente. Heute weiß man es besser: Stillen wird empfohlen, und es gibt moderne MS-Therapien, die gut damit vereinbar sind. Auch hier gilt: Die Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt ist entscheidend für die individuell passende Therapie.
Familienwunsch mit MS? Heute gut umsetzbar
Die Sorge, als Mutter oder Vater mit MS dem Familienalltag nicht gewachsen zu sein, ist unbegründet. Wer gut eingestellt ist, kann den Alltag mit Kind ebenso aktiv und zuverlässig meistern wie andere Eltern auch. „Die Zeiten, in denen MS als Ausschlusskriterium für Elternschaft galt, sind vorbei. Heute wissen wir: Mit modernen Therapien und ärztlicher Begleitung lassen sich Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit und ein aktives Familienleben auch mit Multipler Sklerose meistern“, so die Expertin abschließend.
Fotos: zvg, istock Nadiia Lapshynska
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