Blähungen, Durchfall oder Verstopfung im Urlaub? Warum viele Reisende leiden, was in die Reiseapotheke gehört und wie Sie Verdauungsprobleme effektiv vermeiden.
Von Natascha Gazzari

„Kein idealer Reiseproviant sind schwere, fettige oder zuckerhaltige Speisen, da sie zu Unwohlsein, Blähungen und Müdigkeit führen können.“
Kaum ist man am Urlaubsort angekommen, geht es schon los: Nicht mit der wohlverdienten Entspannung, sondern mit dem Urlaubsbauch-Alarm! Verdauungsprobleme können einem die schönste Zeit im Jahr ordentlich vermiesen. Warum die Verdauung gerade dann streikt oder rebelliert, wenn wir es am wenigsten brauchen und ob das tägliche Stamperl Schnaps tatsächlich vor Montezumas Rache schützt, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Hofer, Leiter der Abteilung Innere Medizin I am Klinikum Wels-Grieskirchen.
Verdauungsprobleme in Auto und Flugzeug vermeiden
Lange Autofahrten und Flugreisen stellen besondere Anforderungen an unsere Ernährung. „Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr und leichte, bekömmliche Kost sind essenziell, um die Konzentration und Leistungsfähigkeit während der Reise zu erhalten“, betont Hofer. In der trockenen Flugzeugluft oder durch Klimaanlagen im Auto droht schnell Dehydration. Daher sollte man regelmäßig Wasser trinken und auf koffeinhaltige Getränke wie Kaffee oder Energy-Drinks sowie Alkohol verzichten. Bei der Nahrungswahl empfiehlt sich leichte Kost, die den Körper nicht belastet. Mageres Eiweiß, etwa in Form von Putenbrust, frisches Obst und Gemüse, Nüsse und Joghurt liefern nachhaltige Energie, ohne den Kreislauf zu belasten. „Kein idealer Reiseproviant sind schwere, fettige oder zuckerhaltige Speisen, da sie zu Unwohlsein, Blähungen und Müdigkeit führen können“, warnt der Internist.
Es kommt nicht nur auf die Zusammensetzung der Reisesnacks an, sondern auch auf das Timing: „Eine ausgewogene, leichte Hauptmahlzeit etwa ein bis zwei Stunden vor Reiseantritt versorgt den Körper optimal, während kleine Snacks im Abstand von etwa drei Stunden während der Reise das Energielevel stabil halten“, weiß Harald Hofer. Flugreisende sollten dem eigenen Bauch und den Mitreisenden zuliebe auf kohlensäurehaltige Getränke, Hülsenfrüchte und stark gewürzte Speisen verzichten, da der reduzierte Kabinendruck Blähungen begünstigt.
Verdauungs-Balance trotz Zeitverschiebung
Ein Jetlag kann den Verdauungsrhythmus erheblich durcheinanderbringen, was sich häufig durch Verstopfung, Durchfall, Blähungen oder Appetitlosigkeit äußert. Hier ist Geduld gefragt, wie der Mediziner erläutert: „Es kann drei bis sieben Tage dauern, bis sich die Verdauung an die neue Zeitzone angepasst hat, besonders bei großen Zeitunterschieden.“ Der Schlüssel zur Regulierung liegt in der raschen Anpassung an den neuen Tagesrhythmus. Dazu gehört, die Mahlzeiten gleich nach der Ankunft an die lokalen Essenszeiten anzupassen und kleinere, leichte Speisen zu sich zu nehmen. Die Synchronisation des Schlaf-Wach-Rhythmus mit der Ortszeit unterstützt zusätzlich die Darmtätigkeit. Tageslicht – besonders in den Morgenstunden – hilft, die innere Uhr schneller umzustellen. Bei Verstopfung empfiehlt sich eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten sowie reichlich Flüssigkeit. Bei Durchfall beruhigen leicht verdauliche Nahrungsmittel wie Bananen, Reis, Toast oder Apfelmus den Darm. Auf fettige, frittierte, stark gewürzte oder sehr zuckerreiche Speisen sowie Alkohol und koffeinhaltige Energy-Drinks sollte möglichst verzichtet werden.
So schützen Sie Ihre Verdauung am Urlaubsort
„Damit die Verdauung am Urlaubsort nicht rebelliert, ist es wichtig, auf Ernährung, Hygiene, lokale Gegebenheiten und den eigenen Körper zu achten“, fasst der Internist zusammen. In Ländern mit unsicherem Leitungswasser sollte nur abgepacktes oder abgekochtes Wasser getrunken werden. Eiswürfel werden häufig aus Leitungswasser hergestellt und können daher ebenfalls unsicher sein. Obst sollte geschält, Gemüse gekocht verzehrt werden – nach dem Motto „Cook it, peel it or forget it!“. Regelmäßiges Händewaschen oder Desinfizieren reduziert das Infektionsrisiko zusätzlich. Vorsicht ist bei ungewohnter Küche geboten: Probieren Sie scharf gewürzte oder exotische Speisen zunächst in kleinen Mengen. „All-inclusive-Buffets verleiten oft zu übermäßigem Essen, hier ist bewusste Zurückhaltung empfehlenswert“, sagt der Mediziner. In heißen Gefilden hilft reichliche Flüssigkeitszufuhr der Verdauung, in kälteren Gebieten profitiert der Verdauungstrakt von warmen, leicht verdaulichen Speisen.
Ob sonniger Süden oder hoher Norden: Hören Sie auf Ihren Körper und gönnen Sie ihm Zeit, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen – dann steht einem beschwerdefreien Urlaub nichts im Wege.
Schnaps als Durchfall-Prophylaxe?
Die Vorstellung, dass ein tägliches Stamperl Schnaps vor Reisedurchfall schützt, ist laut Prim. Univ.-Prof. Dr. Harald Hofer wissenschaftlich nicht haltbar: „Alkohol in diesen Mengen wird im Magen-Darm-Trakt schnell absorbiert und erreicht nicht die Konzentration, die nötig wäre, um Krankheitserreger abzutöten.“ Schnaps kann der Verdauung sogar schaden: Alkohol kann die Schleimhaut reizen und wirkt dehydrierend, was Durchfallsymptome verschlimmern kann.
Fotos: gerald riedler, istock: Inna Chapkevych, Nadezhda Nazarova, Natalia Kosheleva