Bewegungsapparat & Sport

Die Muskeln

Mit rund 650 Muskeln ist die Muskulatur das Organ mit der meisten Masse. Dass Muskeln auch Klasse haben, belegen immer neue Untersuchungen: Gut trainiert halten sie uns beweglich und schlank, sie kurbeln den gesamten Stoffwechsel an und sind ein wahrer „Gesundbrunnen“.

von Mag. Alexandra Wimmer

Welche Aufgaben erfüllen unsere Muskeln?

Sie sorgen für Bewegung und Stabilisierung, Kraft und Wärme: Bei jeder kleinsten Bewegung ist die Muskulatur im Einsatz. Durch die Abfolge von Kontraktion (Anspannung) und Relaxation (Entspannung) der Muskeln werden innere und äußere Strukturen des Organismus bewegt. Die aufrechte Körperhaltung geht auf die Grundspannung, unter der die Muskeln ständig stehen, den Muskeltonus, zurück. Prinzipiell wird die Muskulatur in drei Gruppen unterteilt: Die quergestreifte Muskulatur (Skelettmuskulatur) kann willkürlich gesteuert werden und ist für aktive Bewegungen zuständig. Die glatte Muskulatur (Organmuskulatur) findet sich in Organsystemen (z.B. in Magen, Darm, Blase) und wird unwillkürlich über das Nervensystem gesteuert. Auch das Herz, das aus einer speziellen quergestreiften Muskulatur besteht, kann nicht bewusst gesteuert werden.
Jede Muskelbewegung wird durch einen elektrochemischen Impuls ausgelöst, der vom Gehirn oder Rückenmark an die jeweiligen Synapsen – die Enden der angesteuerten Muskelfasern – ausgesendet wird. Die Muskelfasern ziehen sich zusammen. Die Bewegung wird über die Sehnen auf den Knochen übertragen.

Wie sind die Muskeln aufgebaut?

Bei Frauen liegt der Muskelanteil bei rund 30 Prozent der Gesamtkörpermasse, bei Männern bei rund 40 Prozent. Muskelgewebe besteht aus charakteristischen Zellen, Muskelzellen (= Muskelfasern). Man unterscheidet langsam zuckende (ST-)Fasern und schnell zuckende (FT-)Fasern. An jeder Muskelfaser liegen motorische (= neuromuskuläre) Endplatten, die den vom Gehirn ausgehenden Nervenreiz über den Muskelnerv empfangen. Dieser Nerv liefert jenen elektrischen Impuls, der den Muskel erregt und zur aktiven Arbeit veranlasst. Der Nerv kann bis zu 1000 Muskelfasern gleichzeitig versorgen.
Viele Muskelfasern werden zu Muskelfaserbündeln zusammengefasst. Sie bilden in der Gesamtheit den eigentlichen Muskel, der in einen Bindegewebssack (= Faszie) eingebettet ist. Die Faszie geht in Sehnen über, durch die der Muskel am Knochen befestigt ist. Sehnen bewirken die Kraftübertragung des Muskels auf den Knochen.
Jede Muskelfaser besteht aus unzähligen Myofibrillen. Die Myofibrille als kleinste Funktionseinheit im Muskel besteht wiederum aus Sarkomeren, die sich aus fadenförmigen Proteinbausteinen, Aktin und Myosin, zusammensetzen. Diese verrichten die eigentliche Arbeit des Muskels: Sie gleiten immer wieder ineinander – der Muskel kontrahiert. Für die Muskelarbeit braucht es eine spezielle „Energiewährung“, das Adenosintriphoshat (ATP), welches vor allem aus Glukose und Fettsäuren gewonnen wird.

Woran erkranken die Muskeln häufig?

Die Muskelgesundheit ist insbesondere durch den verbreiteten Bewegungsmangel bedroht. „Die Verringerung von Muskelmasse aufgrund von Inaktivität ist heute das größte Problem“, betont Dr. Helmuth Ocenasek, Allgemeinmediziner, Sport- und Rehabilitationsmediziner in Linz. Werden Muskeln nicht benutzt, schreitet der Muskelschwund (Muskelatrophie) voran. Die Verringerung von Muskelmasse kann aber auch eine Begleiterscheinung von Erkrankungen wie Krebs, einer chronischen Lungenkrankheit wie COPD oder einer Herzschwäche sein.
Muskelschmerzen sind eine mögliche Folge von vorwiegend sitzende Tätigkeiten gepaart mit Fehlhaltungen: Ursache sind Muskelverspannungen, insbesondere im Bereich von Schulter, Nacken und Rücken.
Die Schmerzen können auch von einer Überbeanspruchung beim Training oder von einer Verletzung herrühren – etwa aufgrund eines „Muskelkaters“, einer Muskelzerrung, eines Muskelfaserrisses oder eines Muskelrisses. Bei akuten Muskelschmerzen sollte die betroffene Stelle ruhig gestellt und geschont werden.
Weiters können Muskelschmerzen das Symptom einer Erkrankung (z. B. von Arthrose oder der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit) sein. Nicht zuletzt führen angeborenen Muskelerkrankungen (= neuromuskuläre Erkrankungen) zu Muskelbeschwerden. Im Volksmund werden die Erkrankungen, von denen es rund 800 verschiedene gibt, „Muskelschwund“ genannt. In Österreich leben rund 20.000 Menschen mit einer solchen Muskelerkrankung, die meist schon im Kindesal­ter aufritt. Von der häufigsten, der Duchenne’sche Muskeldystrophie (DMD), sind nur Buben betroffen. Um die Ursache für die Muskelbeschwerden herauszufinden, empfiehlt sich der Gang zum Allgemeinmediziner, der bei Bedarf an einen Orthopäden, Rheumatologen oder Neurologen überweist.

Wie können wir die Muskeln schützen?

Ein wichtiger Beitrag zur Gesunderhaltung der Muskeln ist regelmäßiges Training. „Muskeln lassen sich noch im Alter von 70, 80 Jahren binnen weniger Wochen aufbauen“, informiert Ocenasek. „Die Muskulatur ist von allen Organsystemen am besten trainierbar.“ Aktive Muskeln senden hormonähnliche Botenstoffe, Myokine, aus. Diese stimulieren das Immunsystem, stärken das Herz, fördern die Neubildung von Blutgefäßen und das Wachstum von Nervenzellen. Muskeltraining verbessert die Insulinsensitivität und schützt vor Typ 2 Diabetes. Indem es den Knochenaufbau anregt, beugt es der Osteoporose vor.
Daneben benötigt der Körper Eiweiß, um die Muskulatur aufzubauen. Wertvolle Eiweißspender sind fettarme Milchprodukte, Hühnereier, Nüsse, Amaranth, Sojaprodukte, Hülsenfrüchte, Avocados.

Best of Muskelkraft

Der größte Muskel ist der Gesäßmuskel, der kleinste der Steigbügelmuskel im Ohr. Der Kaumuskel ist der kräftigste: Er kann bis zu 400 Kilogramm „stemmen“. Der fleißigste Muskel ist jener über dem Auge: Er lässt uns über 100.000 Mal pro Tag zwinkern.

Foto: iStock, Mihaela Rosu

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