Bewegungsapparat & Sport

Mit Freude kraftvoll Fitness tanken

Welches Bewegungsprogramm ist das Richtige für mich? Was fördert die Ausdauer, stärkt die Muskeln, hält geistig fit und macht obendrein noch Spaß? Nun, wie wäre es mit NIA? Dieses Bewegungskonzept vereint alles in einem.

von Mag. Wolfgang Bauer

Freistadt in Oberösterreich, an einem Mittwochmorgen: 22 Frauen kommen nach und nach aus dem Ballettsaal der Musikschule. Sie plaudern, lachen, sind voller Energie und gut gelaunt. Die Gruppe hat soeben eine bewegte Stunde absolviert, mit Musik, Tanz, Yoga, Tai Chi, Feldenkrais und abschließender Entspannung. Ein gelungener Einstieg in den neuen Tag, findet Kursteilnehmerin Erika: „Schon früh am Morgen tanze ich, die Musik ist abwechslungsreich. Nach der Stunde verlasse ich voll Freude den Tanzraum und gehe in einen schönen Tag.“ Und Helga ergänzt: „Das Bewegungsprogramm steigert meine Kondition und fördert meine Gelenkigkeit. Auch mein Hirn wird trainiert und die Koordination verbessert, weil ich mich mit der Choreographie der Tänze beschäftigen muss. Außerdem lernen wir, wie man sich gelenkschonend bewegt.“

Ganzheitliches Training
Was die Kursteilnehmerinnen beschreiben, kann man mit drei Buchstaben zusammenfassen: NIA. Das ist ein Bewegungskonzept mit ganzheitlichem Ansatz, sagt die Kursleiterin und Trainerin Dr. Karin Paar. „Körper, Geist und Seele werden gleichermaßen angesprochen“, so die Psychotherapeutin, die seit mehr als zwölf Jahren NIA-Kurse anbietet und bei jeder Einheit mit großer Freude dabei ist. „Nach einem intensiven Tag mit psychotherapeutischer Arbeit freue ich mich, wenn ich am Abend als Ausgleich noch eine NIA-Stunde leiten kann“, sagt Paar.

Was ist NIA?

NIA ist die Abkürzung von Neuromuscular Integrative Action. Vereinfacht gesagt, handelt es sich um ein Bewegungskonzept, das in den 1980er Jahren als Alternative zum Schweiß treibenden und wenig gelenkfreundlichen Aerobic entstanden ist. Zwar kann auch NIA körperlich fordern, etwa wenn man die schnellen und kraftvollen Bewegungen macht, die aus asiatischen Kampfkünsten wie Tae Kwon Do stammen und die zum Teil schreiend auch mit Einsatz der Stimme ausgeführt werden. Aber NIA integriert auch langsam und geschmeidig ausgeführte Bewegungen des Yoga und des Tai Chi sowie andere sanfte Elemente. „Besonders wichtig ist, dass wir Spaß am Training haben“, bringt es Karin Paar auf den Punkt. Das ergibt sich schon allein daraus, dass die Teilnehmerinnen (in dem genannten Kurs sind ausschließlich Frauen) selbst das Tempo des Mitmachens bestimmen und die Bewegungen dosieren können, wie es ihnen passt. „Es ist egal, wenn ich mich mal ungeschickt anstelle oder irgendwo nicht mitmache, weil es keine Rolle spielt, ob man jung, alt, dick oder dünn ist“, sagt Kursteilnehmerin Regina.

Heilsame Tänze und Kampfkünste
Wichtige Bestandteile einer NIA-Stunde sind tänzerische Elemente, die dem Jazz Dance, dem Modern Dance und dem Duncan Dance entlehnt sind. Doch man muss nicht zu den versierten Tänzern dieser Richtungen gehören, um mitmachen zu können. Vielmehr machen die Teilnehmer automatisch Modern Dance, wenn sie die improvisierten Bewegungen und Schritte der Trainerin nachmachen. Wenn sie wiederum einzelne Körperteile isoliert bewegen, kommen sie in den Bereich Jazz Dance, zumeist ohne es zu wissen.
Ähnlich verhält es sich mit den Kampfkünsten. „Sie müssen kein Kampfsportler sein, um NIA machen zu können und Spaß daran zu haben“, sagt Karin Paar, die den Ablauf und die Inhalte einer Einheit sehr genau überlegt und auf die Teilnehmerinnen abstimmt. Diese müssen dann praktisch nur mehr mitmachen, sich auf die Übungen und Schritte einlassen, so gut sie eben können und wollen. Die positiven Effekte kommen ganz automatisch, sagt NIA-Fan Barbara: „Nach einer NIA-Stunde habe ich das Gefühl meinen ganzen Körper durchgearbeitet zu haben, obwohl ich das durch die Leichtigkeit und den Spaß dabei gar nicht wirklich gemerkt habe.“
Dass eine Stunde mit verschiedenen Bewegungselementen die Ausdauer fördert und die Muskeln stärkt, versteht sich von selbst. Aus medizinischer Sicht ist noch etwas ganz anderes relevant. „Diese Mischung aus Yoga, Tanz und Kampfkünsten trainiert die koordinativen Fähigkeiten, also das Zusammenspiel von verschiedenen Muskelgruppen und dem Nervensystem. Somit fördert NIA auch die Körperbalance und das Gleichgewicht, womit es ein hervorragendes Mittel zur Sturzprophylaxe darstellt, was vor allem für ältere Personen wichtig ist“, sagt Dr. Jutta Flatscher, Allgemeinmedizinerin mit Schwerpunkt Schmerztherapie, Traditionelle Chinesische Medizin und Akupunktur aus Sierning in Oberösterreich. Daneben schätzt sie NIA auch als effektive Methode zum Stressabbau, weil eine NIA-Stunde neben aktivierenden auch zahlreiche entspannende Elemente enthält. „Allerdings sollten Patienten mit chronischen Schmerzen vorsichtshalber vom Arzt abklären lassen, ob sie NIA machen können“, rät Jutta Flatscher. Doch die Ärztin ist zuversichtlich, was die Teilnahme von Schmerzpatienten betrifft. Denn Schmerzen werden häufig durch Bewegung besser, darüber hinaus können die Teilnehmer einer NIA-Einheit die Intensität und das Tempo ja selbst bestimmen.

Die Elemente einer Stunde
Eine NIA-Einheit hat einen wohldurchdachten Ablauf. Sie beginnt damit, dass die Aufmerksamkeit für die bevorstehende Einheit auf etwas ganz Bestimmtes gerichtet wird. Etwa auf die Körpermitte oder die Füße. Die Teilnehmer lassen sich ganz bewusst darauf ein, versuchen alles loszulassen, was sie davon ablenkt. Nach einem bewussten Aufwärmen steigern die Teilnehmerinnen nach und nach ihre Aktivität bis zu einem persönlich gewählten Maximum an Belastung, jedoch ohne Leistungsdruck. Danach kommt es zu einem „Cool Down“, mit Übungen, die zum Beispiel auf einer Matte liegend ausgeführt werden. Zuletzt folgt ein bewusster langsamer „Übergang“ in den Alltag. „NIA ist für mich eine Stunde ‚Ich-Zeit‘, die ich mir und meinem Körper schenke. Es ist schön, seinen Körper auf diese Art und Weise kennenzulernen und sich frei zu bewegen“, fasst es Kursteilnehmerin Ulli zusammen.


NIA – das Konzept

NIA (=Neuromuscular Integrative Action) wurde 1983 von der amerikanischen Aerobic-Trainerin Debbie Rosas und ihrem Mann Carlos ins Leben gerufen. Sie haben als Alternative zum temporeichen Aerobic mit den zahlreichen schnellen Richtungswechseln und Sprüngen eine sanftere und die Gelenke schonendere Bewegungsform entwickelt. Diese besteht aus mehr als 50 Basisschritten sowie neun Bewegungsformen, darunter Yoga, Aikido oder Feldenkrais. Außerdem besteht eine NIA-Einheit aus sieben unterschiedlichen Phasen. All das mag kompliziert klingen, doch die Gestaltung und der Ablauf einer NIA-Stunde obliegen speziell ausgebildeten und zertifizierten NIA-Trainern, die mindestens vier Ausbildungsstufen zu je 60 Stunden absolvieren. Die Teilnehmerinnen müssen nur mitmachen und sich auf die Bewegungen einlassen. Die Übungen und Schrittfolgen sind leicht nachvollziehbar. Mitmachen können Personen jeden Alters, auch ohne Vorkenntnisse. Auch Männer sind herzlich willkommen!

Foro: iStock, FatCamera

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