Warum die Behandlung von Neurodermitis in der Traditionellen Chinesischen Medizin beim Frühstück beginnt und mit welchen einfachumsetzbaren Ernährungstipps der Weg zu einer gesunden Haut gelingen kann.
Von Natascha Gazzari
Neurodermitis zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen. Schätzungen zufolge sind in Österreich etwa zehn bis 20 Prozent der Kinder und zwei bis fünf Prozent der Erwachsenen von der chronisch-entzündlichen Hautkrankheit betroffen. Mag. Katharina Ziegelbauer ist bzw. war eine davon. Sie war zwölf, als sich die ersten juckenden Stellen in den Kniekehlen und Ellenbeugen zeigten. Das klassische Behandlungskonzept mit entzündungshemmenden Salben konnte ihre Neurodermitis nicht dauerhaft eindämmen.

„Durch TCM habe ich am eigenen Körper
erfahren, dass man sehr viel erreichen kann, wenn man seine Nahrungsmittel gezielt wählt.“
Die Suche nach einem anderen Weg aus dem Juckreiz-Kratz-Teufelskreis führte die Wienerin schließlich zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Darin wird Neurodermitis als eine Erkrankung betrachtet, die im Inneren des Körpers ihren Ursprung hat und sich erst anschließend an der Haut zeigt. Als Katharina Ziegelbauer ihre Essgewohnheiten ändert, erlebt sie rasch eine Verbesserung ihrer Beschwerden: „Ich habe immer wieder zu hören bekommen, dass die Ernährung bei Neurodermitis keine Rolle spielt. Durch die Lehre der TCM habe ich am eigenen Körper erfahren, dass man sehr viel erreichen kann, wenn man seine Nahrungsmittel gezielt wählt und die Haut auch von innen gut versorgt.“ Die schrittweise Umstellung der Ernährungsgewohnheiten hat sich nicht nur auf ihr Hautbild positiv ausgewirkt, auch die Verdauung, die Schlafqualität und das Energielevel haben sich verbessert. Ihre persönliche Erfahrung und ihr breites Wissen über die Traditionelle Chinesische Medizin gibt sie seit mehr als 15 Jahren als diplomierte Ernährungsberaterin nach TCM weiter.
Innere Hitze reduzieren
Die TCM konzentriert sich mit ihren Behandlungsmethoden auf die Ursachen von Krankheiten im Inneren des Körpers. Bei Neurodermitis sind aus Sicht der TCM Hitze und Feuchtigkeit die inneren Auslöser für Juckreiz, Rötungen und Ekzeme. Das Wissen über die thermische Wirkung von Lebensmitteln hilft dabei, passende Speisen auszuwählen. Erhitzend und bei Neurodermitis daher nicht empfohlen sind scharfe Gewürze wie Chili, Curry, Cayennepfeffer, Knoblauch, Zwiebel oder Lauch sowie Zimt, Gewürznelken, Anis und Ingwer. Auch Alkohol, Kaffee und Zigaretten fördern innere Hitze. „Das heißt nicht, dass Kaffeeliebhaber völlig auf ihren Wachmacher verzichten müssen. Selbst eine Tasse weniger am Tag macht schon einen Unterschied“, erklärt Ziegelbauer.
Feuchtigkeit ist das zweite große Thema bei Neurodermitis. Fleisch, Wurstwaren und Weißmehlprodukte wirken befeuchtend und können zu feuchter Hitze führen. „Ich empfehle, Brotmahlzeiten einzuschränken, auch wenn Brot in unseren Breiten einfach dazugehört. Wenn man Brot isst, sollte man auf gute Qualität achten und eher zu einem Roggen- oder Dinkelbrot mit möglichst wenigen Zutaten als zu einem hoch verarbeiteten Weckerl aus der Aufbackstation greifen“, erläutert die Ernährungsberaterin. Stark befeuchtend und daher aus Sicht der TCM zu vermeiden sind Kuhmilch, weicher Käse, Topfen, Joghurt und Buttermilch. Schlagobers, Sauerrahm und Butter sind aus Sicht der TCM hingegen besser bekömmlich und können hin und wieder in den Speiseplan zum Verfeinern eingebaut werden. „Reduzieren sollte man aufgrund ihrer befeuchtenden Wirkung Fruchtsäfte und Smoothies aus Orangen, Bananen und anderen exotischen Früchten. Weißen Zucker am besten ganz streichen und bei Bedarf mit unraffiniertem Rohrohrzucker, Vollrohrzucker, Honig, Reis- oder Ahornsirup süßen“, empfiehlt
Ziegelbauer. Darüber hinaus kommt es in der TCM nicht nur darauf an, was man isst, sondern auch, wie man die Speisen kocht. Zubereitungsarten wie Grillen, Braten und Frittieren wirken innerlich erhitzend und sind daher bei Beschwerdebildern wie Neurodermitis weniger geeignet. Wohltuend sind hingegen sanft gegarte bzw. gekochte Gerichte mit Reis, Polenta, Hirse, Hülsenfrüchten, Wurzelgemüse, Pilzen und Kohlgemüse.
Gute Körpersäfte aufbauen
Die Kombination aus häufigen Brotmahlzeiten und Rohkost in Form von Salaten, Obst oder Fruchtsäften erzeugt laut TCM einen Säfte- bzw. Blutmangel. Unterstützend und lindernd bei Neurodermitis wirken daher all jene Nahrungsmittel und Zubereitungsarten, die beim Aufbau der guten Körpersäfte helfen und der Trockenheit entgegenwirken. Am einfachsten gelingt das, wenn der Anteil an rohen Speisen schrittweise reduziert wird und nicht nur einmal am Tag, sondern zwei- oder sogar dreimal täglich warm gegessen wird. „Gemüsesuppen, Eintöpfe, Saucen, selbst gemachtes Apfel- oder Birnenkompott sowie gedünstetes Obst eignen sich perfekt, um die guten Körpersäfte aufzubauen“, so Ziegelbauer. Als Zutaten für Eintöpfe und Suppen bieten sich besonders Zucchini, Melanzani, Champignons und Tomaten an. Ein guter Start in den Tag gelingt mit saftigen Breien aus Getreideflocken, die mit Trockenfrüchten, Kokosflocken, Kernen und Kompott serviert werden. Roter Traubensaft und Rote-Rüben-Saft sind bei innerer Trockenheit ebenfalls empfohlen.
Keine Kurzzeit-Diät
Eine Ernährungsumstellung auf Basis der TCM bedeutet nicht, dass man seine oft über Jahre hinweg praktizierten Gewohnheiten von heute auf morgen aufgeben muss. „Es geht darum, sich ohne Verbote und Schritt für Schritt den gesünderen Essgewohnheiten zu nähern“, so die Expertin. Wer, wie Katharina Ziegelbauer einst selbst, ein Schokoholic ist, braucht nicht gänzlich aufs Naschen verzichten, sondern kann die Naschlust etwa mit Trockenfrüchten, Schokolade mit hohem Kakaogehalt oder selbstgemachten Süßigkeiten stillen. Mit einer Diät, die man ein paar Tage oder Wochen macht, um dann wieder in den alten Trott zurückzukehren, hat die Ernährung nach TCM nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, Nahrungsmittel zu finden, die einem schmecken und für ein gutes Bauchgefühl sorgen, also auch für die Verdauung bekömmlich sind. „Die Umstellung sollte möglichst alltagstauglich und nicht zu radikal sein. Zu viel Druck führt zu Frustration und verstärkt die innere Hitze“, so Ziegelbauer.
Fotos: © istock Rudzhan Nagiev, ZVG