Herz, Kreislauf & Gefäße, Hormone, Stoffwechsel & Diabetes

Herzgesund essen

Die Folgen falscher Ernährung gehen zu Herzen: Zu viele Kilos, ein zu hoher Blutdruck, ein entgleister Cholesterinspiegel setzen der Pumpe enorm zu. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind schon jetzt die Todesursache Nummer 1 in Österreich, doch Mediziner befürchten in den nächsten Jahren einen weiteren dramatischen Anstieg. Mit dem richtigen Essen kann man viele Herzfeinde in den Griff bekommen. Worauf es dabei ankommt, zeigen Experten für MEDIZIN POPULÄR auf.

von Mag. Alexandra Wimmer

Sie wiegen etliche Kilos zu viel, der Blutdruck ist zu hoch und auch der Cholesterinspiegel aus dem Lot? Spätestens jetzt sollten die Alarmglocken schrillen: Ihr Herz ist in Gefahr – ein Schicksal, das es mit vielen Herzen Österreichs teilt: „Die enorme Zunahme von Übergewicht und Fettsucht, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, die weite Verbreitung von Diabetes und der nach wie vor verbreitete Bluthochdruck fördern in allen Altersgruppen die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, warnt der Wiener Kardiologe Univ. Prof. Dr. Günter Steurer.
Im Vorjahr gingen die meisten, nämlich beinahe die Hälfte aller Todesfälle (43 Prozent), auf ein Herz-Kreislauf-Leiden zurück. Mangelnde Bewegung, Rauchen, Stress und vor allem falsches, übermäßiges Essen: Der gegenwärtig ungesunde Lebensstil lässt befürchten, dass künftig noch deutlich mehr Menschen betroffen sein werden. Wie der dramatischen Entwicklung Einhalt gebieten?

Herzfeind Übergewicht

Schlankwerden bzw. -bleiben ist das Grundrezept für eine gesunde Pumpe. Herzgesund isst daher, wer maßvoll isst: „Weil das Herz aufgrund der Körpermasse Blutvolumen und Pumpleistung steigern muss, kommt es im Lauf der Zeit zu einer Überbelastung, die in eine Herzschwäche münden kann“, erklärt Facharzt Steurer, warum überschüssiges Körperfett so ungesund ist. Zudem sei Fettgewebe „nicht bloß ein Energiespeicher, sondern ein hormonell äußerst aktives Organ“; in der Folge erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Besonders hoch ist die hormonelle Aktivität im Bauchfett, also bei Personen mit einer sogenannten apfelförmigen Fettverteilung“, so der Mediziner.
Ein hoher Anteil von Körper- und Blutfett fördere außerdem die Atherosklerose und damit den zentralen Krankheitsmechanismus bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „An Schädigungen der Innenwand der Blutgefäße, die vor allem auf Entzündungsprozesse zurückgehen, lagern sich Fettstoffe ab, verhärten und verstärken das Entzündungsgeschehen“, erläutert Steurer. „Die Entzündungen und Plaques stören die zahlreichen Funktionen der Gefäßwand, die Wände verdicken und werden brüchig, die Blutgefäße werden enger.“ Diese Vorgänge können jahrelang unbemerkt fortschreiten. „Es treten immer wieder kleine Risse auf, die Blutgerinnsel nach sich ziehen, welche ein Gefäß teilweise oder komplett verstopfen können“, so  der Arzt. Die dramatischen Folgen: „Wird eine Herzarterie verstopft, kommt es zu einem Herzinfarkt, ist eine Gehirnarterie betroffen, zu einem Schlaganfall.“

Übeltäter Fett

Herzgesund isst nicht nur, wer maßvoll, sondern auch, wer das Richtige isst: „Im Allgemeinen entspricht eine herzgesunde Ernährung einer abwechslungsreichen Mischkost, wie sie zum Beispiel in der Österreichischen Ernährungspyramide skizziert ist“, erläutert Steurer. Damit verweist man auch weitere Herzfeinde in die Schranken – allen voran Fett. Speziell tierische Fette und Transfette setzen unserer Pumpe zu. „Transfette sind vor allem in gehärteten Fetten enthalten“, erklärt die Ernährungswissenschafterin Mag. Angela Mörixbauer. „Man findet sie in Plundergebäck und fettreichen Knabbereien, aber auch in der eigenen Küche, etwa wenn Gebackenes zu dunkel wird.“
Der gegenwärtige Trend zur fleischarmen bzw. vegetarischen Ernährungsweise unterstützt hingegen das herzgesunde Fett-Sparprogramm. Denn Fleischkonsum schlägt allein schon mit der Zubereitung zu Buche: „Fleisch wird oft in viel Fett gebraten, eine Panier saugt obendrein sehr viel Fett auf“, so Mörixbauer. Wie viel Fett sich durch die Reduktion von Wurst einsparen lässt, ist den meisten gar nicht bewusst: „Der Extrawurst beispielsweise sieht man den hohen Fettgehalt von 20 Prozent nicht unbedingt an“, so die Expertin.
Pflanzliche Öle sollten anstatt und nicht zusätzlich zu tierischen Fetten und Kokosfett verwendet werden. „Viele glauben, dass Öle weniger fettreich und deshalb gesünder sind“, kennt die Ernährungswissenschafterin einen verbreiteten Irrtum. „Öl besteht immer zu 100 Prozent aus Fett, die Fettsäureverteilung ist bei Pflanzenölen jedoch günstiger als bei tierischen Fetten.“

Bösewicht Salz

Ein besonderer Erzfeind der Herzgesundheit ist Salz, weil das enthaltene Natrium den Blutdruck in die Höhe treiben kann. „In Österreich ist der Salzkonsum mit zehn bis zwölf Gramm pro Tag etwa doppelt so hoch wie empfohlen“, warnt Mörixbauer. „Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass zwischen erhöhter Salzzufuhr und Bluthochdruck ein direkter Zusammenhang besteht.“ Besondere Vorsicht ist etwa bei Fertiggerichten, Brot und Gebäck, Wurst sowie gesalzenem Knabbergebäck geboten. „Bitte zugreifen“ heißt es hingegen bei Lebensmitteln, die viel Kalium, den „Gegenspieler“ von Natrium, enthalten: „Das sind zum Beispiel Gemüse, Obst, Trockenfrüchte“, zählt die Expertin auf. Auch Vollkornbrot und -gebäck liefern reichlich Kalium.

Fisch, Nüsse, Beeren

Zu den großen Stars herzgesunder Küche zählt Fisch. „Insbesondere fette Meeresfische wie Hering, Makrele, Thunfisch, Lachs und Sardinen haben einen hohen Anteil an den wertvollen Omega-3-Fettsäuren“, erklärt Mörixbauer. „Diese im Fischfett enthaltenen Fettsäuren halten das Blut dünnflüssig und wirken entzündungshemmend – beides hilft, Atherosklerose vorzubeugen.“ Reich an gesunden Fettsäuren sind außerdem Nüsse. Vollkorn-Getreideprodukte wiederum helfen, den Cholesterinspiegel zu reduzieren; dasselbe gilt für Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen. Der Grund: „Ballaststoffe binden Nahrungscholesterin im Darmtrakt, das somit ausgeschieden wird“, erläutert die Ernährungswissenschafterin.
Auch auf der Hitliste des Herzens: Beerenobst. „Insbesondere dunkle Beeren wie Heidelbeeren, Johannisbeeren oder rote Trauben enthalten sekundäre Pflanzenstoffe, die gegen Atherosklerose helfen“, ergänzt Mörixbauer. Und wie gesund ist das Glas Rotwein täglich wirklich? „In großen Studien hat sich gezeigt, dass Personen mit einem mäßigen Alkoholkonsum ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen als jene, die entweder gar keinen oder zu viel Alkohol konsumieren“, erklärt Kardiologe Steurer. Das im Rotwein enthaltene Resveratrol könnte eine Rolle spielen, die genauen Hintergründe sind bislang aber nicht bekannt.

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Grundregeln herzgesunder Ernährung

Fettfallen meiden.

Insbesondere bei Milchprodukten kann durch die richtige Wahl viel Fett eingespart werden: Das heißt, Magermilch, Halbfettmilch, Magerjoghurt, Buttermilch, Halbfettbutter etc. anstatt der normalfetten Varianten.

Pflanzenöle zum Kochen.
Besonders gesund sind Öle mit einem hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Leinöl, Nussöle, Rapsöl, Olivenöl. Insgesamt fettarme Zubereitungsarten wie Kochen, Dünsten und Dämpfen bevorzugen.

Viel Obst und Gemüse.
Viele dieser fettarmen und gleichzeitig kaliumreichen Lebensmittel liefern außerdem viele Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die durch ihre antioxidative Wirkung den Cholesterinspiegel senken und die gefährlichen Ablagerungen in den Blutgefäßen hintanhalten können.

Salz sparen.
Besser Kräuter zum Würzen verwenden; wenige Fertigprodukte; lieber ungesalzene Nüsse und Gemüsechips als gesalzene Nüsse und Kartoffelchips; bei Brot und Gebäck im Geschäft nach salzreduzierten Sorten fragen.

Fisch schmausen.
Ein bis zwei Mal pro Woche Fisch lautet die herzgesunde Empfehlung der Experten, davon einmal wöchentlich Meeresfisch wie Lachs, Makrele, Hering, Thunfisch oder Sardinen. Achten Sie der Umwelt zuliebe auf Fisch aus nachhaltigem Fang, den man z. B. am MSC-Siegel erkennt.

Ballaststoffe, ja bitte!

Setzen Sie Gemüse und Hülsenfrüchte regelmäßig auf den Speisezettel und bevorzugen Sie bei Getreideprodukten die Vollkornvarianten. Essen Sie Obst nach Möglichkeit mit der Schale, denn darin stecken die meisten Ballaststoffe.

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Menü des Herzens
Die besten Fett-Spartipps von der Suppe bis zum Nachtisch

Mag. Angela Mörixbauer, Ernährungswissenschafterin in Waidhofen/Ybbs, erklärt, was man beim Kochen fürs Herz tun kann:

Suppen und Saucen

  • Besser Gemüse- statt Oberssauce, klare Suppen statt Cremesuppen!
  • Binden Sie Saucen mit der natürlichen Stärke von Gemüse und Kartoffeln. Statt z. B. eine Cremesuppe mit fettreicher Einbrenn zu binden, lieber einen Erdapfel mitkochen und pürieren.
  • In pürierte Gemüsesuppen oder Sauce Carbonara geben Sie statt Schlagobers lieber Kaffeeobers und Milch. Es enthält weniger Fett und gibt trotzdem einen molligen Geschmack.

Aufstriche, Wurst und Käse

  • Kaufen Sie von Wurst und Käse nur die Menge, die Sie wirklich benötigen. Falls Sie z. B. Gusto auf Salami bekommen, reichen meist drei Dekagramm.
  • Indem man Hart- und Schnittkäse im Ganzen einkauft und mit einem Käsehobel schneidet, erhält man dünnere Scheiben und kann an Menge sparen.
  • Schinken und Wurst hauchdünn schneiden und locker auf das Brot drapieren. So sieht es nach mehr aus, und der Geschmack ist dennoch vorhanden; geschmacklich lässt sich z. B. mit Gemüsebelag zusätzlich variieren, knackiges Gemüse verstärkt außerdem den Eindruck, dass es hier „etwa was zu beißen“ gibt.
  • Streichwurst lässt sich mit Magertopfen 1:1 „verdünnen“, Fertigtopfenaufstriche mit Magerjoghurt oder -topfen strecken.


Salate und Dressings

  • Öl nicht mit der „Handgelenkmethode“ abmessen – verwenden Sie immer einen Esslöffel als Maß!
  • Salatdressings gelingen hervorragend auf Joghurtbasis, frische oder Tiefkühlkräuter sowie fertige Kräutermischungen für Salate sorgen für Aroma, ein Schuss prickelndes Mineralwasser verstärkt das Geschmackserlebnis.
  • Falls es einmal Majonäse-Sauce z. B. für einen Erdäpfelsalat sein soll, nehmen Sie eine 25-prozentige Majonäse und strecken Sie diese mit Joghurt.


Fleisch und Fischgerichte

  • Als Alternative zu Fleischgerichten (immer) öfter Nudelgerichte und Getreideaufläufe servieren!
  • Zum Braten beschichtete Pfannen verwenden, die nur mit Öl ausgepinselt werden.
  • Zum Anbraten ganz ohne Fett eignen sich Edelstahltöpfe mit „Sandwichboden“: Kupfer oder Aluminium als Kern zwischen zwei Edelstahlschichten gewährleistet eine gute Wärmeübertragung von der Kochstelle an das Gargut.
  • Geflügel und Fisch kann man auch ganz ohne Fett in einem Dämpfeinsatz zubereiten.
  • Entfernen Sie bei Geflügel die Haut, knapp darunter befindet sich das meiste Fett.
  • Fischstäbchen und andere Tiefkühlprodukte mit „orangebrauner“ Panier gelingen auch gut im Backrohr ohne Fettzugabe. Auch Fleischlaibchen lassen sich auf einer wenig gefetteten Alufolie unter dem Backofengrill mit einmal Wenden fettarm zubereiten.
  • Lassen Sie sich magere Teilstücke vom Rind oder Schwein frisch faschieren anstatt fertiges Faschiertes zu kaufen.


Kuchen und Mehlspeisen

  • Verwenden Sie Vollkornmehl oder eine Mischung aus Vollkorn- und Weißmehl für Mehlspeisen. Der Ballaststoffanteil und somit die Sättigungswirkung können damit erhöht werden.
  • Tauschen Sie in Kuchen die Butter durch Rapsöl aus. Das spart zwar kein Fett, aber der höhere Gehalt an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren beeinflusst den Cholesterinspiegel positiv.
  • Bevorzugen Sie fettarme Teige wie z. B. Strudel- (statt Blätterteig) und Germteig, Biskuitmasse, Lebkuchen- oder Erdäpfelteig.
  • Die Fettmenge in Rezepten für Backpulverteige, Germteige oder Becherkuchen kann um etwa die Hälfte reduziert werden. Ev. etwas Milch zufügen, falls der Teig zu fest wird.

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Foto: iStock, fcafotodigital

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