Herz, Kreislauf & Gefäße

Trinken, trinken, trinken

Ältere Menschen trinken oft zu wenig. Im Sommer kann das ernste Konsequenzen haben, warnt Oberarzt Dr. Walter Müller, MSc, vom Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt.

 

Wasser ist nicht nur ein Durst­löscher, sondern ein essenzielles Lebenselixier, das eine Vielzahl lebenswichtiger Funktionen im menschlichen Körper erfüllt: Es dient als Lösungs- und Transportmittel im Stoffwechselgeschehen, ist unerlässlich für die Steuerung des Säure-Basen-Haushalts und spielt eine zentrale Rolle bei der Temperaturregulierung des Körpers. Daher ist es notwendig, regelmäßig Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Doch gerade bei älteren Personen ist ausreichendes Trinken häufig ein Problem. Das Durstgefühl ist verringert, oft auch die Funktion der Nieren eingeschränkt. Damit steigt das Risiko, dass es zu Störungen im Wasserhaushalt kommt. Ein Flüssigkeitsmangel wird oft nicht oder zu spät bemerkt. Das kann bei älteren Menschen drastische gesundheitliche Probleme hervorrufen – im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen.

 

OA Dr. Walter Müller, MSc „Der Flüssigkeitsbedarf für Senioren beträgt etwa 30 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht.“

Wie zeigt sich Flüssigkeitsmangel?

Bereits ein geringer Flüssigkeitsmangel, der einem Verlust von ein bis zwei Prozent der Körpermasse entspricht, kann klinische Symptome verursachen, betont Oberarzt Dr. Walter Müller, MSc, Leiter des Departments für Akutgeriatrie und Remobilisation am A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen in Klagenfurt. Und ergänzt: „Bei einem Mangel von zwei Prozent sind körperliche Leistungseinschränkungen zu erwarten, und ein Defizit von 20 Prozent wird als lebensbedrohlich angesehen. Etwa 17 Prozent der Patientinnen und Patienten, die mit der Diagnose Dehydratation ins Krankenhaus gebracht werden, ver­sterben innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Aufnahme.“ Typische Symptome eines Flüssigkeitsmangels umfassen trockene Schleimhäute und Mundtrockenheit durch verminderte Speichelproduktion. Außerdem können Schwäche, Schwindel, Apathie und Lethargie, die eine erhöhte Sturzneigung zur Folge haben, auf einen Flüssigkeitsmangel hinweisen. „Eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit, Verwirrtheitszustände, Verstopfung, Gewichtsverlust, Blutdruckabfall, Herzrasen, Krampfanfälle, Thrombosen sowie Kreislauf- und Nierenversagen können ebenfalls auftreten“, warnt Müller. Bei Verdacht auf einen Flüssigkeitsmangel führen Ärztinnen und Ärzte Laboranalysen durch, bei denen der Gehalt von Kreatinin und Harnstoff sowie die Natriumkonzentration im Blut gemessen werden. Auch die Farbe und das spezifische Gewicht des Urins werden untersucht. Ergänzend dazu werden Messungen der Haut­dicke und -durchblutung in Kombination mit Körpergewicht, Puls und Blutdruck durch­geführt.

 

Wie viel sollten ältere Menschen trinken?

Der Flüssigkeitsbedarf für Seniorinnen und Senioren beträgt etwa 30 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht. Unter normalen Bedingungen entspricht dies bei einem Körpergewicht von 70 Kilo einer täglichen Wasserbilanz von etwa 2,1 Litern. Ungefähr 300 ml Wasser entstehen beim Stoffwechsel, zirka 700 ml werden mit der festen Nahrung aufgenommen. Die restlichen rund 1,1 Liter müssen dann durch Getränke zugeführt werden. „Bei hohen Außentemperaturen, starker körperlicher Anstrengung oder Erkrankungen, die von Fieber, Erbrechen oder Durchfall begleitet werden, kann der Flüssigkeitsbedarf jedoch deutlich höher sein“, betont Müller. Um den Bedarf zu decken, bieten sich vorrangig Trink- und Mineralwasser, je nach Verträglichkeit mit oder ohne Kohlensäure an, wobei kalziumreiches und magnesiumreiches Mineralwasser bevorzugt werden sollte. Verdünnte Fruchtsäfte, Kräuter- und Früchtetees helfen ebenfalls dabei, die Trinkmenge zu steigern. „Auch Kaffee und Tee tragen entgegen häufig anderslautender Aussagen durchaus zur Flüssigkeitsversorgung bei. Besonders während der Sommermonate empfiehlt sich auch der Verzehr von wasserreichem Obst und Gemüse wie Melonen, Obstkompott, Tomaten und Gurken sowie wasserhaltigen Nahrungsmitteln wie Suppen und Milchprodukten“, führt Müller weiter aus. Gegen ein gelegentliches Glas Bier oder Wein spricht nichts, sofern keine gesundheitlichen Gründe dagegensprechen, sagt der Experte. Getränke mit hohem Zuckergehalt wie Limonade oder Cola sind hingegen zum Durstlöschen nicht geeignet. „Ältere Menschen sollten die Trinkration für den Tag bereits morgens bereitstellen, Getränke stets in Sicht- und Reichweite aufstellen, zwischen verschiedenen Getränken variieren und einen Trinkplan erstellen. Trinkrituale, wie ein Glas Wasser nach dem Aufwachen und vor jeder Mahlzeit, können ebenfalls hilfreich sein“, lauten die Tipps des Mediziners bei nachlassendem Durstgefühl im höheren Alter.

 

Wenn das Trinken Schwierigkeiten bereitet

Bei bettlägerigen, pflegebedürftigen Menschen oder Seniorinnen und Senioren, denen das Trinken Schwierigkeiten bereitet, können spezielle Trinkgefäße aus dem Fachhandel oder die Verwendung eines Trinkhalms hilfreich sein. „Besteht der Verdacht auf eine Schluckstörung, ist jedoch eine ärztliche Abklärung notwendig, um Komplikationen wie eine Lungenentzündung durch Aspiration von Nahrung zu vermeiden“, gibt Müller zu bedenken. Ebenfalls gilt zu beachten, dass manche Medikamente die Ausscheidung von Wasser über die Nieren erhöhen oder Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Schwindel verursachen, die sich negativ auf die Flüssigkeitsbilanz auswirken. In bestimmten Fällen, wie bei einer Herzschwäche oder bestimmten Nieren- und Lebererkrankungen, kann sogar eine Begrenzung der täglichen Flüssigkeitsaufnahme notwendig sein. „Da ist es besonders wichtig, die optimale Trinkmenge gemeinsam mit der behandelnden Ärztin, dem behandelnden Arzt festzulegen“, so Müller abschließend.


Was Seniorinnen und Senioren im Sommer zusätzlich beachten sollten

Essen: Auf allzu fettreiches Essen sollte verzichtet werden, da dadurch unnötig die Verdauung und der Kreislauf belastet werden. Besser sind leicht verdauliche Speisen wie Salat mit Speiseöl, Obst, Gemüse oder mageres Fleisch und Fisch. Da der Körper durch das Schwitzen relativ viel Salz verliert, darf man mit dem Salzen der Speisen bei hohen Temperaturen guten Gewissens etwas großzügiger sein.

Siesta machen: In Spanien gibt es die Siesta: Auch Seniorinnen und Senioren sollten sich nicht der Mittagshitze aussetzen und ruhen. Aktivitäten besser auf den späten Nachmittag oder die frühen Abendstunden verlegen und auch außerhalb der Mittagszeit, wenn möglich, nur im Schatten aufhalten. Um ein starkes Aufheizen der Wohnräume zu vermeiden, sollte nur am Morgen und in den Abendstunden gelüftet werden; ein Ventilator kann zusätzlich für Abkühlung sorgen.

Bekleidung: Luftige Gewänder mit hellen Farben reflektieren das Sonnenlicht effektiver als dunkle. Vor einem Sonnenstich schützt zusätzlich eine Kopfbedeckung. Erfrischend wirkt auch eine lauwarme bis kühle Dusche, oftmals reicht es auch schon, die Handgelenke eine Weile unter kaltes, fließendes Wasser zu halten, ein kaltes Fußbad zu nehmen oder ein nasses Tuch auf die Stirn zu legen.


Fotos: studiohorst, (c) istock: PeopleImages

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