Eine Venenentzündung zeigt sich oft durch Rötung und brennende Schmerzen. Bleibt sie oberflächlich und wird korrekt behandelt, ist sie meist unproblematisch. Doch sie kann sich zu einer tiefen Venenthrombose entwickeln.
Von Natascha Gazzari

„In bis zu einem Viertel der Fälle kann eine oberflächliche Venenthrombose in die Tiefe wandern.“
Obwohl der Begriff „Venenentzündung“ nach wie vor
häufig verwendet wird, gilt er als überholt und fachlich nicht korrekt. Warum das so ist, erklärt Priv.-Doz. DDr. Dominic Mühlberger, Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirurgie am Landesklinikum Melk und in der Wahlarztordination MedPuls Linz: „Es hat sich gezeigt, dass sich bei der Erkrankung im oberflächlichen Venensystem ein Blutgerinnsel (Thrombus) bildet, das in der Regel zu einer örtlich begrenzten Entzündung der Wand des betroffenen Gefäßes führt. Daher nennt man das Kind jetzt beim Namen und spricht nicht mehr von einer Venenentzündung, sondern von einer oberflächlichen Venenthrombose, kurz OVT.“
Eine oberflächliche Venenthrombose kann grundsätzlich überall im Venensystem vorkommen, mit Abstand am häufigsten sind jedoch die oberflächlichen Beinvenen betroffen. Bei rund drei Viertel der Fälle entwickelt sich die oberflächliche Venenthrombose in einer bereits bestehenden Krampfader, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter und mit der Dauer des Krampfaderleidens steigt. Seltener entsteht eine OVT in einer gesunden Vene, wenn beispielsweise eine Störung der Blutgerinnung vorliegt. Häufig lässt sich die Ursache für einen Thrombus in einer zuvor gesunden Vene jedoch nicht eindeutig identifizieren.
Symptome abklären lassen
Kommt es zu geröteten, geschwollenen Stellen und schmerzhaften Verhärtungen im Bereich der Venen, sollte man hellhörig werden und an eine Venenerkrankung denken. Auch wenn oberflächliche Venenthrombosen an sich gut behandelbar sind und in der Regel folgenlos ausheilen, bergen sie ein gewisses Risiko, wie Mühlberger berichtet: „In bis zu 25 Prozent der Fälle wandert die oberflächliche Thrombose in die Tiefe und löst eine tiefe Beinvenenthrombose aus. In einem bis fünf Prozent der Fälle kann sich sogar eine lebensbedrohliche Lungenembolie entwickeln.“
Bei Verdacht auf eine OVT sollte man die Beschwerden auf jeden Fall abklären lassen. Erste Anlaufstelle sind Hausärztinnen und Hausärzte. „Nicht jede Schwellung ist eine oberflächliche Venenthrombose. Bestehen jedoch bereits Krampfadern oder andere Risikofaktoren wie familiäre Veranlagung, hohes Alter oder Tumorerkrankungen, sollte man an eine Thrombose denken“, so der Venenspezialist. Die Symptome einer OVT sind in der Regel sehr charakteristisch: Rötung, verhärteter Venenstrang, Überwärmung und teilweise eine leichte Schwellung zählen zu den wichtigsten Krankheitszeichen. Oft liefern bereits die Erhebung der Krankheitsgeschichte und eine körperliche Untersuchung wichtige Hinweise auf die Erkrankung. „Deuten die Untersuchungsergebnisse auf eine oberflächliche Beinvenenthrombose hin, kann bereits in der hausärztlichen Praxis eine Therapie mit blutverdünnenden Medikamenten begonnen werden. Zur Absicherung der Diagnose sollte zusätzlich ein Gefäß-Ultraschall durchgeführt werden.“ Im Ultraschall lässt sich das Blutgerinnsel erkennen und dessen Ausdehnung beurteilen. Um eine tiefe Thrombose auszuschließen, werden immer auch die tiefen Venen mittels Duplex-Sonografie untersucht.
Ausmaß entscheidet über Therapie
Die Behandlung einer OVT richtet sich immer nach Form, Ausprägung und Lokalisation der Erkrankung. Ist nur ein kleiner Seitenast am Unterschenkel betroffen, kann es reichen, den schmerzhaften Bereich zu kühlen, schmerzlindernde, entzündungshemmende Medikamente einzunehmen sowie einen Kompressionsstrumpf zu tragen. Die Kompressionstherapie lindert die Beschwerden, unterstützt den Heilungsprozess und reduziert das Risiko einer tiefen Venenthrombose. Anders sieht die Therapie bei oberflächlichen Venenthrombosen aus, die länger als fünf Zentimeter sind oder Stammvenen des oberflächlichen Venensystems betreffen: „Bei dieser Form müssen sich die Betroffenen 45 Tage lang Spritzen mit einem niedrig dosierten, die Blutgerinnung hemmenden Medikament verabreichen und zusätzlich einen Kompressionsstrumpf tragen. Viele kennen solche Spritzen als Anti-Thrombose-Spritzen, die man sich etwa nach einer Operation über einen gewissen Zeitraum selbst injizieren muss“, erläutert Mühlberger. Eine besonders konsequente Therapie erfordern Blutgerinnsel, die sich im Bereich der Einmündung zum tiefen Venensystem befinden: „Die Erkrankung wird dann wie eine tiefe Beinvenenthrombose mit blutverdünnenden Medikamenten über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten behandelt.“ Regelmäßige Bewegung während der Therapie ist bei allen Formen der Venenthrombose ausdrücklich empfohlen.
Da oberflächliche Venenthrombosen in den meisten Fällen in bereits vorhandenen Krampfadern entstehen, ist die frühzeitige Behandlung eines Krampfaderleidens eine der wichtigsten Vorbeugemaßnahmen. „Ist es bereits zu einer Thrombose gekommen, kann man nach dem Abklingen der OVT mit der Therapie der Krampfadern beginnen – ein Richtwert sind drei Monate“, so der Venenspezialist.
Fotos: Praxis für Phlebologie, Melk, istockphoto/dimid_86