Lunge, Atemwege & Allergien, Verdauung, Magen & Darm

Histamin-Intoleranz

Ob Emmentaler, Salami oder geräuchertes Fleisch, ob Sardellen, Sauerkraut oder Wein: Es sind die hierzulande typischen Jausengerichte, die Menschen mit einer Histamin-Unverträglichkeit Beschwerden bereiten. Stress verschlimmert das Problem, mit der richtigen Ernährung kann man es in den Griff bekommen.

Von Mag. Karin Kirschbichler und Dr. Thomas Schwingenschlögl*)

Wo tut’s weh?

Ein Glas Wein, ein Stück Kantwurst, ein paar Erdbeeren – und schon rinnt die Nase, rast das Herz, fällt das Atmen schwer, stellen sich Blähungen, Bauchschmerzen und andere oft quälende Beschwerden ein. Ein bis drei Prozent der Österreicher kennen dieses Problem: Sie leiden an einer Histamin-Intoleranz. Frauen sind wesentlich häufiger betroffen als Männer. Bei körperlicher Anstrengung und bei psychischem Stress schüttet unser Körper mehr Histamin aus und macht uns gegen histaminreiche Kost noch empfindlicher. Auch hormonelle Schwankungen im Rahmen des Menstruationszyklus führen phasenweise zu einer erhöhten Histaminempfindlichkeit. Zu beobachten ist auch, dass während einer Infektion oder Erkältung auf Histamin generell sensibler reagiert wird.

Was fehlt mir?

Ein Großteil der Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten wird durch spezielle Eiweißverbindungen in den Lebensmitteln hervorgerufen. Diese Eiweiße, auch biogene Amine genannt, entstehen durch Reifung und Verdauung eiweißhaltiger Speisen wie Fisch, Käse und Wurst. Besonders häufig löst das biogene Amin Histamin Beschwerden wie Durchfälle, Blähungen, Bauchschmerzen, aber auch Juckreiz, Hautausschläge und Kopfschmerzen aus, wenn es im Körper nicht ausreichend abgebaut werden kann.

Gerade die Histamin-Unverträglichkeit wird immer wieder mit einer Allergie verwechselt. Diese Verwechslung kommt daher, dass Histamin bei Allergien generell eine Rolle spielt. Histamin wird nämlich nicht nur über die Nahrung aufgenommen, sondern in unserem Körper auch selbst gebildet und hat eine Reihe wichtiger Funktionen für den menschlichen Stoffwechsel. Es regelt die Magensäureproduktion, steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus und den Appetit, ist als Neurotransmitter für Lernprozesse und Gedächtnis wichtig – und es spielt eine zentrale Rolle beim Auftreten allergischer Reaktionen. Kommt man mit allergieauslösenden Stoffen wie Gräser, Blüten, Hausstaub oder Tierhaare in Kontakt, so schüttet der Körper vermehrt Histamin aus – und es zeigen sich die typischen allergischen Symptome wie Anschwellen von Schleimhäuten, rinnende Nase oder Atembeschwerden.

Im Gegensatz dazu ist die Histamin-Intoleranz eine individuell unterschiedlich ausgeprägte Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln mit einem hohen Histamingehalt. Auch hier sind allergieähnliche Reaktionen wie verlegte oder rinnende Nase, Kopfschmerzen, Atemschwierigkeiten bis hin zu asthmaähnlichen Symptomen oder Herzrasen zu beobachten. Allerdings können im Blut niemals allergische Vorgänge nachgewiesen werden, wie das bei einer echten Allergie immer der Fall ist. Eine Histamin-Intoleranz führt häufig auch zu Magen- und Darmproblemen wie Blähungen, weichem Stuhl, Durchfall, Bauchschmerzen und Bauchkrämpfen. Dazu kommen Hautausschläge und Juckreiz, geschwollene Augenlider und Schwindel. Bei empfindlichen Personen können sogar Gelenksbeschwerden und geschwollene Gelenke hervorgerufen werden.

Worauf muss ich achten?

Histamin wird zwar zu einem geringen Teil in unserem Körper selbst gebildet, vor allem aber mit bestimmten Lebensmitteln in der Nahrung unserem Organismus zugeführt. Wenn Menschen mit einer entsprechenden Unverträglichkeit Speisen mit hohem Histamingehalt essen (siehe Liste), dann kommt es zu den typischen Beschwerden. Das gilt für Meeresfische wie Hering, Makrele und Lachs genauso wie für gereifte Käse- und Wurstsorten, geräuchertes Fleisch sowie verschiedene Obst- und Gemüsesorten. Aber auch Schokolade, Kakao und Nüsse können ebenso wie Schwarztee Probleme bereiten.

Mit der Reife- und Lagerungsdauer steigt der Histamingehalt in den einzelnen Lebensmitteln. Verdorbene Ware, vor allem verdorbener Fisch, weist enorme Histaminmengen auf. Grundsätzlich kann der Histamingehalt bei den einzelnen Nahrungsmitteln stark schwanken, was bedeutet, dass man das gleiche Lebensmittel einmal gut und einmal weniger gut verträgt. Ist die individuelle Toleranzgrenze überschritten, dann zeigen sich die unterschiedlichsten Symptome. Die typischen Beschwerden können schon nach wenigen Minuten oder erst Stunden nach der histaminreichen Mahlzeit auftreten.

Was man auch bedenken sollte: Viele Medikamente können die Histaminwirkung im Körper verstärken, informieren Sie also Ihren Arzt im Fall einer bekannten Histamin-Unverträglichkeit.

Wie komme ich dahinter?

Treten immer wieder unklare allergieähnliche Symptome auf, sollte Ihr Arzt an die Möglichkeit einer Histamin-Intoleranz denken. Eine genaue Befragung des Patienten über seine Beschwerden im Zusammenhang mit seiner Ernährung gibt meist schon die entscheidenden Hinweise. Die endgültige Diagnose geschieht durch die Bestimmung jenes Enzyms im Blut, welches Histamin in unserem Körper abbaut. Dabei handelt es sich um das Enzym Diaminoxidase. Echte allergische Reaktionen im Sinne des Auftretens von speziellen Antikörpern im Blut gegen Histamin oder histaminreiche Lebensmittel können dagegen bei einer Histamin-Intoleranz nie nachgewiesen werden.

Zu beachten ist auch, dass es außer Histamin noch viele andere biogene Amine in den Nahrungsmitteln gibt, die die Wirkung von Histamin verstärken.

Was kann helfen?

Ist eine Histamin-Intoleranz nachgewiesen, sollte man den Genuss von histaminhältigen Lebensmitteln so gut es geht einschränken. Vor allem die Kombination histaminreicher Speisen wie ein Thunfischsteak mit einem Glas Rotwein und als Nachspeise noch einen Käseteller mit Emmentaler und Nüssen sollte man unbedingt meiden. Eine histaminarme Kost führt hingegen meist innerhalb weniger Tage bis Wochen zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden.

Die Einnahme von Antihistaminika, das sind allergiehemmende Substanzen, kann die Symptome oft lindern. Die Einnahme von Medikamenten sollten Sie jedoch unbedingt mit Ihrem Arzt besprechen. Auch Diaminoxidase, also jenes Enzym, welches Histamin in unserem Körper abbaut, kann man in Kapselform zuführen. Das führt zu einer wesentlich besseren Verträglichkeit von histaminreichen Speisen, in deren Genuss man so ab und zu kommen kann.

Trotz aller medikamentösen Neuheiten muss man im Fall einer Histamin-Unverträglichkeit den Verzehr von histaminreichen Speisen einschränken.

*) Dr. Thomas Schwingenschlögl ist Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Ernährungsmediziner in Wiener Neudorf

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Was tut mir gut, was nicht?    
                                                                     
Liste für Menschen mit Histamin-Intoleranz zusammengestellt von der Ernährungswissenschaftlerin Mag. Ingrid Neugebauer, Wien

Besonders eiweißreiche, leicht verderbliche Lebensmittel wie Fisch sind reich an Histamin, aber auch mit Mikroorganismen versetzte Produkte wie Sauerkraut, Edelpilzkäse oder Wein. Daneben gibt es auch eine Reihe an Nahrungsmitteln, die die körpereigene Freisetzung von Histamin fördern. Dazu gehören zum Beispiel: Bananen, Nüsse, Schokolade, Eier, Milch, Papaya, Erdbeeren, Ananas und Tomaten. Bereits eine geringe Menge (15 Mikrogramm) reicht aus, um bei empfindlichen Personen Hautrötungen hervorzurufen. Schon 30 Mikrogramm (ein Glas Wein oder zwei Flaschen Bier) können zu Kopfschmerzen führen.

Fisch
•    Thunfisch
•    Sardine, Sardellen
•    Hering, Makrele
•    Lachs

Käse
•    Emmentaler
•    Parmesan
•    Harzer Käse (Quargel)
•    Gouda
•    Blauschimmelkäse
•    Tilsiter
•    Camembert
•    Cheddar

Wurst
•    Osso Collo
•    Salami
•    Westfäler Schinken
•    Kantwurst

Gemüse
•    Sauerkraut, Spinat
•    Tomaten (Ketchup)

Essig
•    Rotweinessig

Getränke
•    Rotwein
•    Champagner
•    Sekt
•    Dessertwein
•    Bier
•    Weißwein

Foto: iStock, zeljkosantrac

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