Schnecken, Trüffel & Co unter der Lupe. Ob als kulinarisches Highlight bei Events der High Society oder als Geschenkidee – sie sind das ganze Jahr über immer wieder einmal Thema, und zu den Weihnachtsfeiertagen tischt man sie besonders gerne auf: ausgefallene, luxuriöse Lebensmittel, von A wie Austern über G wie Gänseleber, H wie Hummer und K wie Kaviar bis hin zu S wie Safran und T wie Trüffel. MEDIZIN POPULÄR wollte wissen, wie es um den gesundheitlichen Wert von teuren Lebensmitteln steht. Eine Ernährungsexpertin hat sie für uns analysiert. Ihre überraschenden Ergebnisse lesen Sie hier.
Von Mag. Sabine Stehrer
Dass die teuren Lebensmittel teuer sind, hat verschiedene Gründe. Entweder sie sind schwierig zu finden, wie die edlen Trüffel-Pilze, die mit eigens trainierten Trüffel-Suchhunden gesammelt werden. Oder die Ernte ist extrem aufwändig, wie im Fall des teuersten Gewürzes der Welt, dem Safran, bei dem für ein Kilo rund 150.000 Krokusblüten händisch die Härchen entnommen werden. Manche Lebensmittel lassen sich ihr Aussehen teuer bezahlen, wie die Beluga-Linsen, die dem Kaviar ähnlich sehen. Andere wiederum sind deswegen teuer, weil sich Mythen um sie ranken, wie die von der aphrodisierenden Wirkung der Austern. Wieder andere sind aber auch erwiesenermaßen gut für die Gesundheit und insofern ihr Geld wert, wie der Alpenlachs, der besonders wertvoll für die Herzgesundheit ist, oder der Wein aus der Tannat-Traube, der maßvoll genossen den Blutdruck senken soll.
Für MEDIZIN POPULÄR hat Mag. Eva Unterberger, Ernährungs-wissenschaftlerin in Wien, die genannten und noch eine ganze Reihe weiterer Luxus-Lebensmittel analysiert und dabei Überraschendes herausgefunden, wie etwa den hohen Gesundheitswert von Schnecken. Diese sind so reich an Omega-3-Fettsäuren, dass schon 100 Gramm (das entspricht drei ausgewachsenen Weinbergschnecken) die von der WHO empfohlenen 200 mg für die tägliche Zufuhr liefern.
Aber auch wenn manche teuren Lebensmittel tatsächlich einen besonderen gesundheitlichen Wert haben, erfüllen preisgünstigere Produkte denselben Effekt: „Ich brauche die Schnecken nicht, um von den wertvollen Omega-3-Fettsäuren zu profitieren“, sagt sie. Besser als alle heiligen Zeiten einmal Schnecken zu essen, sei es, „täglich einen bis eineinhalb Esslöffel Raps- oder Walnussöl zu sich zu nehmen und ein- bis zweimal pro Woche Fisch“. Rein ernährungsphysiologisch betrachtet bestehe auch kein Unterschied zwischen teuren Beluga-Linsen und anderen Linsen, weiß Unterberger. Ein einziges Hühnerei enthalte genauso viele wertvolle Inhaltsstoffe wie fünf bis sechs Wachteleier.
Und Achtung: Beim Genuss so mancher teurer Lebensmittel sollte man sogar vorsichtig sein, weil diese häufig Allergien auslösen und Gichtanfälle verursachen können, wie z. B. einige Meeresfrüchte. Im Übermaß genossen kann auch Safran gefährlich werden.
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Fische & Meeresfrüchte
Alpenlachs
Plus: Alpenlachs zeichnet sich durch einen besonders hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aus, die gut für die Blutgefäße sind und damit auch für die Herzgesundheit.
Austern
Plus: Sie sind fettarm und liefern viel Eiweiß, das zum Aufbau von Körpereiweiß und von Muskeln benötigt wird. Außerdem enthalten sie viel Selen und Zink, beides Stoffe, die das Immunsystem stärken sowie Vitamin D, das gut für die Knochen ist.
Minus: Wie viele Meeresfrüchte lösen auch Austern häufig allergische Reaktionen aus. Sie haben zudem einen hohen Gehalt an der chemischen Verbindung Purin, die im Stoffwechsel zu Harnsäure abgebaut wird, weswegen Gichtkranke beim Genuss von Austern einen Gichtanfall riskieren.
Die Austern-Legende: Austern wird eine aphrodisierende und potenzsteigernde Wirkung nachgesagt, einen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt es nicht.
Hummer
Plus: Hummer ist fettarm und eiweißreich.
Minus: Das Krustentier kann allergische Reaktionen auslösen.
Kaviar
Plus: Kaviar hat einen hohen Gehalt an Eiweiß und Vitamin D und wäre daher theoretisch gut für die Muskeln und Knochen.
Minus: Man isst üblicherweise so wenig davon, dass sich die Inhaltsstoffe praktisch nicht auf die Gesundheit auswirken.
Krebse & Langusten
Plus: Beide Krustentiere sind fettarm und eiweißreich.
Minus: Einige Sorten sind besonders cholesterinreich und enthalten viel Purin, weshalb Gichtkranke am besten auf Krebse und Langusten verzichten.
Muscheln
Plus: Wie die Austern sind sie fettarm und eiweißreich, liefern viel Selen und Zink fürs Immunsystem und Vitamin D für die Knochen.
Minus: Wie Austern und viele andere Meerestiere lösen auch Muscheln häufig allergische Reaktionen aus, und Gichtkranke sollten sie wegen des hohen Puringehalts meiden.
Wildlachs
Plus: Der Wildlachs enthält drei bis vier Gramm Fett pro 100 Gramm und ist damit fettärmer als gezüchteter Lachs, der bis zu 13 Gramm Fett pro 100 Gramm enthält. Wie der Alpenlachs liefert auch der Wildlachs Omega-3-Fettsäuren, die den Blutgefäßen und dem Herz gut tun.
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Fleisch & Wurst
Schnitzel mit Blattgold-Panier
Plus: Fleisch punktet durch seinen Eiweißgehalt. Blattgold, das in der Luxus-Küche vielfältig angewandt wird, ist genauso wie Silberplättchen, die für das Dekor von Süßspeisen eingesetzt werden, in der Lebensmittelindustrie als gesundheitlich unbedenklicher Zusatzstoff mit der Nummer E 175 zugelassen. Wie kein Schaden ist aber auch kein Nutzen für die Gesundheit bekannt.
Enten- und Gänseleber
Plus: Beide Lebersorten liefern viel Vitamin E, das antioxidativ wirkt, und Folsäure, die die Zellteilung und damit unter anderem die Blutbildung fördert.
Minus: Beide Lebersorten enthalten viel Cholesterin – und Purin, weshalb Gichtkranke darauf verzichten sollten.
Schnecken
Plus: Reich an Eiweiß wie andere Fleischsorten, aber auch sehr reich an Omega-3-Fettsäuren, die gut für die Blutgefäße und die Herzgesundheit sind. Schon 100 Gramm (= drei ausgewachsene Weinbergschnecken) liefern die von der WHO empfohlenen 200 mg für die tägliche Zufuhr.
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Gemüse
Trüffel
Plus: Im Vergleich zu anderen Pilzen haben Trüffel einen doppelt so hohen Ballaststoffanteil und sind außerdem sehr eisenreich. Eisen hilft gegen Konzentrationsschwächen und Müdigkeit und senkt die Infektanfälligkeit.
Minus: Da Trüffel eher zum Würzen verwendet werden, sind die zugeführten Mengen an Nährstoffen so klein, dass sie nicht ins Gewicht fallen.
Beluga-Linsen
Plus: Liefern wie alle anderen Linsensorten und Hülsenfrüchte hochwertiges pflanzliches Eiweiß und Vitamine aus dem B-Komplex, die der Haut gut tun. Aufgrund ihres hohen Gehalts an löslichen Ballaststoffen können Beluga-Linsen wie alle Hülsenfrüchte dazu beitragen, den Cholesterinspiegel zu senken.
Spargel
Plus: Mit dem hohen Wasseranteil von 95 Prozent und dem niedrigen Kaloriengehalt von 18 kcal pro 100 Gramm gehört Spargel zu den kalorienärmsten Gemüsesorten. Spargel ist außerdem reich an Vitamin C (der grüne mehr als der weiße) und Vitamin E. Beide Vitamine schützen den Körper vor Zellschäden und daher auch vor frühzeitiger Hautalterung. Außerdem liefert Spargel viel zellaufbauende Folsäure, was unter anderem dem Blut gut tut.
Die Spargel-Legende: Dem Spargel wird eine potenzsteigernde Wirkung zugeschrieben, die nie bewiesen wurde.
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Gewürze & Öle
Safran
Plus: Safran gilt als appetitanregend, soll die Verdauung fördern und sich positiv auf den Blutfluss auswirken, was vor Gefäßverengungen und Herz- und Kreislauferkrankungen schützt.
Minus: Bei Schwangeren kann übermäßiger Konsum von Safran zu Problemen führen. Bei einer starken Überdosierung (mehr als fünf Gramm auf einmal) drohen Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen.
Traubenkernöl
Plus: Sehr reich an Vitamin E, das vor Zellschäden schützt und die Haut vor frühzeitigen Alterserscheinungen.
Minus: Das Fettsäureprofil ist weniger günstig als bei anderen Pflanzenölen wie Raps- oder Walnussöl. Der Gehalt an hochwertiger Linolsäure, die die Zellen schützt und damit auch der Hautalterung vorbeugt, liegt in Traubenkernöl beispielsweise nur bei 0,4 Gramm, während Rapsöl 9,6 Gramm enthält und Walnussöl 12,2 Gramm.
Himalaya-Salz
Minus: Salz aus dem Himalaya ist nicht jodiert und leistet daher im Gegensatz zu Salz aus Österreich keinen Beitrag zur Kropfprophylaxe.
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Milchprodukte & Eier
Schwedischer Elchkäse
Plus: Der Käse, der äußerst rar ist (Elchkühe geben wenig und unwillig Milch), enthält wie alle anderen Käsesorten viel Kalzium, das gut für die Knochen ist.
Minus: Einige Sorten sind fett- und kalorienreich.
Wachteleier
Plus: Wie das Hühnerei liefert auch das Wachtelei große Mengen an Vitamin D und K. Beide Vitamine sind gesund für die Knochen. Außerdem sind Eier reich an Eisen und Folsäure, die gut für das Blut sind. Um über das Wachtelei in den Genuss jener Menge an wertvollen Inhaltsstoffen zu kommen, die ein Hühnerei enthält, muss man fünf bis sechs Wachteleier essen.
Die Wachteleier-Legende: Dem Wachtelei wird eine immunstärkende Wirkung zugesprochen. Außerdem sollen Wachteleier Allergiebeschwerden lindern, indem sie die Antikörperproduktion im Körper regulieren. Wissenschaftlich bewiesen ist nichts davon.
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Desserts
Dunkle Schokolade
Plus: Je dunkler die Schokolade ist, desto mehr gesunde Inhaltsstoffe aus der Kakaobohne stecken in ihr, wie die Pflanzenstoffe Polyphenole, die die Blutgefäße elastisch halten und den Blutdruck senken, Kalium, das die Muskelfunktion anregt, Magnesium, das entspannend wirkt, Chrom, das den Blutzuckerspiegel normalisiert.
Zedernüsse aus der Taiga
Plus: Zedernüsse aus der Taiga sollen nach den Ergebnissen einer Studie der Universität St. Petersburg dabei helfen, den Cholesterinspiegel und den Blutdruck zu senken. Die Forscher führen die Wirkung auf den hohen Gehalt an Linol- und Linolensäuren zurück.
Minus: Wie alle Nüsse sind Zedernüsse kalorienreich.
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Getränke
Champagner
Plus: Champagner ist ein Schaumwein und enthält wie alle Weine Polyphenole, Pflanzenstoffe, die die Gerinnungsfähigkeit des Bluts senken, auf diese Art und Weise Gefäßerkrankungen vorbeugen und dem Herzen gut tun. Die Vorteile des Champagners gelten allerdings nur bei maßvollem Genuss von maximal einem Viertel pro Tag.
Wein aus der Tannat-Traube
Plus: Die Tannat-Traube enthält besonders viele Polyphenole, Pflanzenstoffe, die die Blutgefäße elastisch halten und die Fließeigenschaften des Blutes verbessern. Vom gesundheitsfördernden Effekt profitiert aber nur, wer den Wein maßvoll genießt. Als täglich duldbare Menge gilt für Frauen ein Achtel, für Männer ein Viertel.
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Genießer essen gesünder
„Wir leben nicht von dem, was wir essen, sondern von dem, wie wir verdauen“, sagte einmal Dr. Franz Xaver Mayer. Was genau der 1965 verstorbene österreichische Arzt und Begründer der F. X. Mayer-Kur damit meinte, erklärt die Wiener Allgemeinmedizinerin Dr. Sonja Schwinger, die auch Ganzheits- und Ernährungsmedizinerin ist. „Wer gut verdaut, isst gesünder“, sagt sie und verdeutlicht: „Die gute Verdauung beginnt im Mund, genauer beim ausführlichen Kauen.“
Wer langsam und mit Genuss und Freude isst und kaut, wie z. B. beim weihnachtlichen Festtagsmenü, setzt jene Enzyme frei, die der Vorverdauung im Mund dienen. Wer sich das (Luxus-) Essen buchstäblich auf der Zunge zergehen lässt, sorgt dafür, dass durch die starke Zerkleinerung der Speisen die Angriffsfläche für jene Substanzen vergrößert wird, die später in den übrigen Verdauungsorganen für die Verdauung zuständig sind. Dies sind die optimalen Voraussetzungen für die Verwertung von Vitalstoffen.
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