Seit Jahrtausenden ist der Hund treuer Begleiter des Menschen – bei der Jagd, beim Hüten von Herden oder einfach nur als Gefährte. Was einst aus praktischen Gründen begann, hat sich zu einer tiefen sozialen Beziehung entwickelt.
Von Doris Simhofer
In Österreich leben heute 850.000 Hunde, Tendenz steigend – gerade in urbanen Räumen. Doch was macht diese Verbindung so besonders? Und welcher Hund passt eigentlich zu welchem Menschen? „Mit Hunden haben Menschen eine bereits viel längere Beziehung als zu allen anderen domestizierten Tieren“, sagt Verhaltensforscher Kurt Kotrschal, emeritierter Professor der Universität Wien. Er betont: Die emotionale Tiefe der Mensch-Hund-Beziehung ist enorm: „Hunde sind längst mehr als Helfer oder Hausbewacher – sie sind Freunde, Seelentröster, Lebenspartner. Die Art, wie Menschen mit ihren Hunden umgehen, offenbart oft mehr über sie selbst als jede andere Beziehung: Wer mit Hunden spricht, zeigt sich authentischer, sei es als liebevolle Bezugsperson oder als strenger Kontrolleur.“ Gleichzeitig haben Hunde eine erstaunliche soziale Wirkung. Sie gelten als „soziales Schmiermittel“: Wer mit einem Hund unterwegs ist, kommt leichter mit anderen Menschen ins Gespräch. Hunde verbinden – nicht nur ihre Halterinnen und Halter mit ihnen selbst, sondern auch die Menschen untereinander.
Vom Jagdbegleiter zum Lebenspartner
„Früher war die Rolle des Hundes klar: jagen, bewachen, retten. Heute ist sie vielschichtiger. Für Kinder sind Hunde oft der erste Ansprechpartner, bevor sie mit den Eltern über den Schultag reden. Sie fördern Bewegung, Verantwortungsgefühl und soziale Kompetenz“, sagt Kurt Kotrschal. Für ältere Menschen bieten Hunde emotionale Stabilität und einen festen Tagesrhythmus – ein wirksames Mittel gegen Einsamkeit. Wie gut ein Mensch mit einem Hund harmoniert, hängt stark von der Persönlichkeit beider ab. Kotrschal: „Die Psychologie kennt bei Menschen die ‚Big Five‘: emotionale Stabilität, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Auch Hunde zeigen vergleichbare Persönlichkeitsmerkmale, stark geprägt durch ihr Umfeld.“ Doch häufig entscheiden Menschen nicht nach Wesen, sondern nach Aussehen – mit mitunter folgenschweren Konsequenzen.
Ein Border Collie zum Beispiel sieht als Welpe niedlich aus – doch „wer sich diesen ursprünglich als fleißigen Arbeiter gezüchteten Hund zulegt, ohne ihm körperlich und geistig gerecht zu werden, ist schnell überfordert. Ebenso ist ein imposanter Siberian Husky zwar eine Schönheit, der aber mit seinen Eigenheiten Halterinnen und Halter überfordern kann. Kurz gesagt: Der schönste Hund ist nicht immer der passendste“, so der Experte.
Bewusste Wahl für ein langes Miteinander
Wer sich für einen Hund entscheidet, trifft eine Wahl für viele Jahre. Kurt Kotrschal: „Es sollte vor allem das Wesen des Tieres in den Vordergrund rücken. Ob lebendiger Spielkamerad, sportlicher Laufpartner oder ruhiger Seelentröster – die Auswahl ist groß, die Verantwortung ebenso.“ Denn am Ende gilt: Nicht jeder Mensch passt zu jedem Hund – und umgekehrt. Wer aber bereit ist, sich auf die Bedürfnisse seines tierischen Partners einzulassen, wird mit einer einzigartigen Beziehung belohnt. Eine Beziehung, die unser Leben bereichert – Tag für Tag, Pfote für Herz.
Fotos: brandstätter, Istockphoto/ Judith Dzierzawa