Von Mag. Sabine Stehrer
Immerhin sechs Prozent der Österreicher essen es jetzt im Sommer täglich, fast ein Drittel mehrmals pro Woche und doppelt so viele, nahezu zwei Drittel, einmal wöchentlich: Eis, für viele der Inbegriff der kühlenden Sommerspeise. Doch sorgt die Masse aus Milch, Schlagobers und Wasser sowie anderen Zutaten wie Früchten, Schoko und Vanille wirklich dafür, dass wir sommerliche Hitze besser ertragen und bei tropischen Temperaturen cool werden? „Ja“, weiß die Wiener Ernährungswissenschafterin Dr. Claudia Nichterl und erklärt: „Eisessen kühlt den Körper tatsächlich gut ab.“ Doch deswegen sind die Stanitzel, Schalen und Becher mit Speiseeis noch lang nicht das ideale Sommeressen. Nichterl, die auch Ernährungsberaterin nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist, warnt: „Nach dem Essen von Eis bleibt die Kälte vor allem im Bauchraum, und Kälte im Bauch kann Verdauungsprobleme bereiten, bei Empfindlichen und Kindern sogar zu Durchfall führen.“ Daher sollte man mit der gefragten kalten Köstlichkeit lieber keine Mahlzeit ersetzen – auch wenn es noch so heiß ist – sondern Eis besser nur hin und wieder einmal und nicht mehr ganz so kalt als Nachtisch genießen.
Gurken kühlen mehr als Karotten
Was stattdessen öfter auf den Tisch kommen sollte, ebenso wie Eis kühlend wirkt, darüber hinaus aber auch noch den Hunger stillt, ohne den Körper zusätzlich zu belasten? „Dazu hat die TCM wertvolle Tipps“, weiß Nichterl. Was Obst und Gemüse anbelangt, von dem so wie das ganze Jahr über auch im Sommer reichlich gegessen werden sollte, gilt zur Orientierung: „Das, was in der Region, in der wir leben, in der jeweils aktuellen Jahreszeit frisch geerntet wird, hat die erwünschte Wirkung auf uns.“ Gut, dass jetzt im Juli und August die diesbezügliche Palette äußerst breit ist – reicht sie doch u.a. von Äpfeln, Birnen und Brombeeren über Fenchel, Fisolen und Gurken, Heidel- und Himbeeren, Karotten, Kirschen und Knollensellerie, Marillen und Melonen bis hin zu Paprikas und Paradeisern, Rhabarber und Rucola, Zitronen und Zwetschken. „Besonders erfrischend wirkt alles, was oberhalb der Erde wächst “, nennt Claudia Nichterl eine weitere Hilfe, um den sommerlichen Speiseplan zu erstellen. Oberhalb der Erde wachsen beispielsweise Gurken und Paradeiser. Diese kühlen laut der Ernährungswissenschafterin mehr als etwa Karotten.
Besser lauwarm essen als eiskalt
Den idealen Mix, um den Körper optimal mit Nährstoffen zu versorgen, erreicht man, indem man möglichst bunt isst, erklärt Nichterl, was neben der TCM auch europäische Ernährungsexperten empfehlen. Liegt Grünes, Gelbes und Rotes in Form von Gemüse, Kräutern oder Obst zum Essen parat, erleichtert man dem in der Hitze ohnedies schon angestrengten Organismus die Verdauung, indem man die pflanzliche Kost nicht roh verzehrt, sondern sie „dünstet, kurz anbrät oder in Alufolie grillt“, rät Nichterl. „Dem Gemüse beimengen könnte man zum Beispiel einen Schafs- oder Ziegenkäse, dem Obst Joghurt und Topfen.“ Laut der Expertin bei Hitze auch empfehlenswert: „Einmal eine Mahlzeit durch Butter- oder Sauermilch ersetzen.“ So führt man sich leicht verdauliches Eiweiß und Kalzium zu, was die Muskeln und Knochen stärkt, und genauso wie die Ballaststoffe und wertvollen Nährstoffe aus Obst und Gemüse unserer Gesundheit dient. Doch: „Auch Milchprodukte tun im Sommer eher gut, wenn sie nicht grad dem Kühlschrank entnommen und eiskalt gegessen werden, sondern lauwarm“, ergänzt Nichterl.
Lieber Huhn und Pute als Lammkoteletts
Als Beilage zu kurz angebratenem oder gegrilltem Gemüse tauglich und köstlich zugleich sind Reis, Nudeln, Getreide wie Polenta oder Hirse sowie Brot. Alles das wird nach den fernöstlichen Prinzipien als neutrale Nahrung gewertet, die weder abkühlt noch erhitzt. Ob Brot oder Reis zum Gemüse oder Fisch und Fleisch: Beide Varianten wären dann schon ein ideales und komplettes Sommermenü. Für Fisch und Fleisch gilt folgendes: Während fetter Fisch empfehlenswert ist, da er viele wertvolle Omega-3-Fettsäuren enthält, den Verdauungstrakt aber nicht so sehr belastet, sollte man bei fettem Fleisch und fetter Wurst Zurückhaltung üben, denn Käsekrainer, Lammkoteletts, Salami, Speck und Schweineschnitzel liegen eher schwer im Magen und erhitzen bzw. lassen uns schwitzen. Nichterl: „Viel besser für ein Sommeressen geeignet sind mageres Fleisch vom Huhn, der Pute oder dem Rind und magere Wurstsorten.“
Kurz braten ratsamer als lang schmoren
Außerdem bestimmt die Art und Weise der Zubereitung die Sommertauglichkeit von Fleisch- und Fischspeisen mit. „Dünsten und kurz anbraten ist ratsamer als längeres Braten, Grillen, langes Backen, Schmoren, Kochen oder Frittieren“, so Nichterl. Der Grund: Letzteres führt den Speisen nach der TCM Wärme zu, die auch wieder abgegeben wird, wenn wir davon essen. Und das hat zur Folge, dass es uns die Schweißperlen auf die Stirn – und andere Körperareale treibt. Uns einheizen – das tun auch Chili, Tabasco & Co. Würzen mit Kräutern und Salz ist laut Nichterl besser, ersetzen diese Zutaten doch auch Substanzen, die der Körper beim Schwitzen verliert. Wer dennoch dem Gusto auf Scharfgewürztes oder Fettreiches nachgeben und z.B. ein gepfeffertes Kotelett vom Grill genießen – aber trotzdem cool bleiben will: Für den hat die Ernährungswissenschafterin den Tipp, dazu kühlendes Gemüse zu essen. Oder als Nachtisch einen sommerlichen Obstsalat bzw. hin und wieder einmal ein – nicht mehr ganz eisig kaltes – Sorbet, Frozen Joghurt oder Eis.
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Die besten sommerlichen Durstlöscher
- (Mineral-)Wasser mit kühlender Melisse, Minze oder Zitrone versetzt
- (Mineral-)Wasser mit Fruchtsaft gemixt
- Lauwarmer Ingwer- oder Pfefferminztee, grüner oder weißer Tee,
- Alkoholfreies Bier
- Sommerspritzer aus Weißwein mit viel Mineralwasser und Weizenbier (in Maßen, da zu viel Alkohol erhitzt)
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„Cooles“ Rezept
von Dr. Claudia Nichterl
Polenta-Sonne mit Kirschen-Kompott
(für 3-4 Portionen)
Zutaten
1 Tasse Polenta (Maisgrieß)
3 Tassen (Reis-)Milch
500 g süße Kirschen
1 Prise Zimt
1 EL Speisestärke
Honig nach Geschmack
1 TL Ingwer, gerieben
1 Prise Salz
100 ml Wasser
2 Gewürznelken
Saft & Schale einer Zitrone
Zubereitung
Polenta in einem Topf mit der (Reis-)Milch verrühren und aufkochen. Mit Ingwer, Salz, der Hälfte des Zitronensafts und der Zitronenschale abschmecken und dann 10 bis 15 Minuten auf kleiner Flamme ausquellen lassen. Hin und wieder umrühren und bei Bedarf noch etwas (Reis-)Milch zugeben. Den Polentabrei auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech streichen, auskühlen lassen und mit einem Ring kleine Kreise (Sonnen) ausstechen.
In der Zwischenzeit das Kirschenkompott zubereiten. Kirschen waschen und entkernen. Wasser mit dem restlichen Zitronensaft und der Zitronenschale in einem Topf mit den Kirschen, Zimt und Nelken erhitzen und etwa 5 Minuten kochen. Speisestärke mit etwas kaltem Wasser verrühren und das Kompott damit binden.
Polenta-Sonnen mit Kompott anrichten. Bei Bedarf mit Honig süßen.
Fotos: © istock GMVozd