Eizellspende

April 2015 | Medizin & Trends

Der schwierige Weg zum Wunschkind
 
Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubt Frauen jetzt auch in Österreich, mit Hilfe einer Eizellspende schwanger zu werden. Dieser Weg zum Wunschbaby ist allerdings mit einigen Strapazen gepflastert. Was Eizellspenderinnen und -empfängerinnen auf sich nehmen müssen, bis über Umwege neues Leben entstehen kann.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

In einem abgeschotteten Raum unterstützt von sexuell anregendem Bildmaterial Samen in einen Becher abgeben: So kurz und schmerzlos läuft eine Samenspende ab. Bis auf eine ärztliche Untersuchung, die der Spende vorausgeht, ist die Sache für den Mann damit erledigt. Ganz anders die Eizellspende, die jetzt auch in Österreich erlaubt ist: Nicht nur die Empfängerin, auch die Spenderin muss dafür einige Strapazen in Kauf nehmen.

Zwei Wochen Hormon spritzen

Die Eizellspenderin, die laut Gesetz über 18 Jahre alt, aber jünger als 30 sein muss, hat sich neben Befragungen und ärztlichen Checks auch einer psychologischen Beratung zu unterziehen. Erst wenn sich herausstellt, dass sie nicht nur aus medizinischer Sicht für die Spende geeignet ist, sondern auch dazu entschlossen bleibt, beginnen weitere Vorarbeiten.
„Bevor eine Frau Eizellen spenden kann, muss sie sich knapp zwei Wochen lang täglich das follikelstimulierende Hormon FSH spritzen“, erklärt Assoc. Prof. Dr. Katharina Walch von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am AKH Wien den nächsten Schritt. Das Hormon sorgt dafür, dass das geschieht, was für die Eizellspende nötig ist: In den Eierstöcken reifen mehr Eizellen als sonst gleichzeitig heran, und zwar statt wie üblich eine pro Monat 15 oder mehr.
„Durch Ultraschalluntersuchungen wird festgestellt, wann der Reifungsprozess abgeschlossen beziehungsweise der ideale Zeitpunkt für die Entnahme gekommen ist“, beschreibt Gynäkologin Walch die weitere Vorgangsweise.

Entnahme unter Narkose

„Wenn es so weit ist, werden der Spenderin die reifen Eizellen von den Eierstöcken abpunktiert“, wie die Expertin es nennt. Das funktioniert mit einer dünnen Nadel, die durch die Scheidenwand hindurch gestochen wird. Da die Spenderin dafür entweder in eine kurze Vollnarkose oder in einen Dämmerschlaf versetzt wird, ist die Eizellentnahme selbst meist nicht schmerzhaft, so Walch. „Nach dem Eingriff kann aber ein leichtes Ziehen im Bauch spürbar sein.“ Außerdem besteht ein Risiko, dass es zu Komplikationen wie starken Nachblutungen oder Verletzungen von anderen Organen kommt, auch wenn dieses laut Walch „äußerst gering“ ist.

Keine Klarheit über Spätfolgen

Meist gut vertragen werde die Hormonbehandlung vor der Spende, weiß Walch: „Selten, aber doch kommt es zum sogenannten Überstimulationssyndrom, das zu einem vorübergehenden Anschwellen des Bauchs durch vergrößerte Eierstöcke und Flüssigkeit sowie Übelkeit und erschwerter Atmung führen kann.“ Ob die Hormonbehandlungen Spätfolgen haben und etwa Erkrankungen an Brustkrebs begünstigen, wie manche Experten befürchten? Oder ob für die Eizellspenderin die Chance, später selber schwanger zu werden, geringer ist, da sie weniger Eizellen für sich übrig hat? „Nach heutigem Wissensstand kann man beides mit Nein beantworten, hundertprozentig geklärt sind diese Fragen aber noch nicht“, gibt Expertin Walch zu denken.

Auch die Empfängerin bekommt Hormone

Durch die Gesetzesnovelle geklärt sind hingegen die Voraussetzungen, die eine Empfängerin von gespendeten Eizellen in Österreich erfüllen muss: Sie darf nicht älter als 45 Jahre sein, und ihr Kinderwunsch muss bisher nachweislich aufgrund der zu geringen Anzahl oder unzulänglichen Qualität ihrer Eizellen unerfüllt geblieben sein. Bevor sie die Eizellen einer anderen erhalten kann, muss auch sie sich einigen Untersuchungen unterziehen. „Manchmal stellt sich dabei heraus, dass noch Behandlungen nötig sind, um das Risiko für eine Fehlgeburt zu reduzieren, wie beispielsweise die Entfernung von Myomen oder Polypen aus der Gebärmutter“, erklärt Walch.
Sind mögliche Hürden beseitigt, erhält auch die Empfängerin eine Hormonbehandlung: Mit Östrogenen wird die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut und so auf die Schwangerschaft bzw. die Einnistung eines Embryos vorbereitet. Dieser Prozess wird entweder mit der hormonellen Situation der Spenderin synchronisiert, damit die Eizellen gleich direkt von Frau zu Frau übertragen werden können, oder tiefgefrorene Spendereizellen werden aufgetaut.

Befruchtung im Reagenzglas

Anschließend werden die Eizellen mit dem Samen des Mannes der Empfängerin per In-vitro-Fertilisation, also im Reagenzglas, befruchtet. Seit der aktuellen Gesetzesnovelle darf dafür unter bestimmten Voraussetzungen auch die Samenspende eines Dritten verwendet werden.
Von wem die Samen auch stammen: Im Reagenzglas müssen sie zu den Eizellen finden. Das geschieht entweder von selbst oder per ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion), bei der die Spermien direkt in die Eizellen injiziert werden. Binnen einiger Tage reifen so mehrere Embryonen heran. „Ein bis zwei davon werden in die Gebärmutter der Empfängerin übertragen, überzählige können für weitere Versuche eingefroren werden“, schildert Walch die nächsten Schritte.

Meist mehrere Versuche nötig

Nach der Übertragung wird die Einnistung des Embryos mit Medikamenten unterstützt. „Erzwingen lässt sie sich aber nicht“, gibt Katharina Walch zu denken. Die Chance, gleich nach dem ersten derartigen Fortpflanzungsversuch Mutter zu werden, liegt laut Walch bei 40 bis 50 Prozent. Allerdings verlaufen die Schwangerschaften nicht immer einfach. „Betroffene berichten von einer gewissen psychischen Belastung“, formuliert es die Spezialistin für In-vitro-Fertilisation. Allein aufgrund des meist fortgeschrittenen Alters der Empfängerinnen handelt es sich um Risikoschwangerschaften, die immer wieder Untersuchungen erfordern. Auch kann es eher als bei normalen Schwangerschaften zu Komplikationen kommen. „Eine erfolgreiche Einnistung eines Embryos ist immer eine Herausforderung für das Immunsystem, in dieser Situation aber eine besondere“, erklärt Walch. „Schon wenn eine eigene Eizelle befruchtet wird, ist der Embryo zur Hälfte ein Fremdkörper für den mütterlichen Organismus. Stammt aber auch noch die Eizelle von einer anderen Frau, ist das Ungeborene sozusagen zur Gänze fremd.“ So droht eher als im Normalfall eine Art Abstoßungsreaktion, die nicht immer mit ärztlicher Hilfe verhindert werden kann. Daher sind meist mehrere Übertragungsversuche nötig, bis Eizellempfängerinnen ein Kind bekommen.
Wie viele Babys weltweit über die Umwege Eizellspende, In-vitro-Fertilisa­tion und Embryo-Übertragung auf die Welt gekommen sind, weiß man nicht genau, nach Schätzungen sind es aber bereits ein paar 1000.

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Kostbarkeit mit Ablaufdatum
Zwei Millionen Eizellen hat eine Frau bei der Geburt, bis zur Pubertät ist die Zahl bereits auf 400.000 gesunken. Ab dann verliert sie Monat für Monat rund 1000 weitere. Im Gegensatz dazu bilden sich die Samenzellen beim Mann ständig neu. Nicht nur in der Menge, auch in der Qualität hat die weibliche Keimzelle des Lebens ein Ablaufdatum: So ist bei einer 30-Jährigen noch jede zweite bis dritte Eizelle so weit in Ordnung, dass sie heranreifen und befruchtet werden kann, bei einer 40-Jährigen ist nur mehr jede fünfte bis sechste Eizelle intakt.

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Die Gene der anderen

In den gespendeten Eizellen steckt das Erbgut der Spenderin, das zumindest zur Hälfte darüber bestimmt, wie das Kind aussieht. Gene haben aber auch Einfluss auf die Intelligenz, Verhaltensweisen und Wesenszüge. Überall dort, wo Eizellspende und -empfang schon länger möglich sind (z. B. in den USA, Großbritannien, Spanien, Tschechien) können sich die Empfängerinnen daher meist über Charakter, Bildungsstand und Aussehen der Spenderin informieren – und sich so den Wunsch erfüllen, dass ihnen das künftige Kind möglichst ähnlich ist.

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Eizellspende:
Der Ablauf im Überblick

1. Die Spenderin spritzt sich etwa zwei Wochen lang täglich das follikelstimulierende Hormon FSH, damit in den Eierstöcken mehr Eizellen gleichzeitig heranreifen. Danach werden die Eizellen entnommen und eventuell tiefgefroren.
Die Empfängerin unterzieht sich ebenfalls einer Hormonbehandlung: Dadurch soll ihre Gebärmutterschleimhaut so aufbaut werden, dass sich ein Embryo einnisten kann.
2. Die gespendeten Eizellen werden einer In-vitro-Fertilisation (IVF) unterzogen bzw. im Reagenzglas mit Samen befruchtet.
3. Zu einem Embryo reifen Ei- und Samenzellen binnen mehrerer Tage heran. Dieser wird in die Gebärmutter der Empfängerin übertragen.

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Rund um die Eizelle:
Die aktuelle Gesetzeslage in Österreich

Eizellspende:
Erlaubt für 18- bis 30-Jährige.

Eizellspende als Vorsorge für sich selbst:
Erlaubt für Frauen, die an Krebs erkrankt sind und eine Chemo- und Strahlentherapie vor sich haben.

„Social egg freezing“ ohne medizinische Indikation:
Für Gesunde bleibt das Einfrieren eigener Eizellen für später weiterhin nicht erlaubt. 

Fortpflanzung mit fremder Eizellspende und Samen des eigenen Mannes:
Erlaubt für unter 45-Jährige, deren eigene Eizellen nicht befruchtbar sind.

Fortpflanzung mit fremder Eizellspende und Samenspende eines Dritten:
Erlaubt, wenn der eigene Mann keine Kinder zeugen kann oder wenn zwei Frauen, die in einer Partnerschaft zusammenleben, ein Baby wollen.

Stand 04/2015

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