Husten ohne Ende

November 2010 | Medizin & Trends

Was tun, wenn der Husten nicht abklingen will?
 
Halsweh, Schnupfen, Husten: Dieses unheilvolle Trio tourt unter dem Namen Erkältung jetzt wieder durch die Lande. Wenn das Niesen und Krächzen abgeklungen sind, bleibt der Husten nicht selten als Solist zurück. Was gegen Erkältungshusten hilft, und was dahintersteckt, wenn das Husten kein Ende nimmt.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Am schlimmsten ist es, wenn man auf keinen Fall husten sollte. Just in dem Moment, in dem das Orchester pianissimo spielt, kitzelt es ganz fürchterlich in der Kehle. Ob ein Räuspern das Schlimmste verhindern kann? Oder ein Hustenzuckerl, das schnell aus der Tasche hervorgekramt wird? Zu spät: Ein bellendes Geräusch durchbricht als Soloeinlage die feierliche Stille. „Bett statt Brahms“ ist in den strafenden Blicken der Sitznachbarn zu lesen: Wer verkühlt ist, sollte sich zu Hause auskurieren. Dabei sind Schnupfen & Co längst überstanden, nur der Husten ist geblieben. Ist das noch normal? „Ein Erkältungshusten kann hartnäckig sein“, sagt Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde sowie Kopf- und Halschirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien mit Ordination in Perchtoldsdorf. „Bei einer Erkältung tritt der Husten fast immer mit zeitlicher Verzögerung nach dem Halsweh und dem Schnupfen auf, und er kann nach dem Abklingen der beiden genannten Erkältungssymptome durchaus einige Wochen lang anhalten.“

Krankheitserreger ade!

Hat der Erkältungshusten noch einen anderen Sinn, als uns wochenlang aus dem Konzertsaal zu verbannen? Temmel: „Bei einer Erkältung dringen Viren in die Schleimhäute der Atemwege ein und vermehren sich dort, wodurch es in weiterer Folge zu einer Entzündung kommt.“ Durch die Entzündung entstehen wiederum bestimmte chemische Substanzen, die meist ein bis zwei Tage nach der Vireninfektion die sogenannten Hustenrezeptoren in der Rachenschleimhaut reizen. „Das führt zum trockenen Reizhusten, den wir auch unproduktiven Husten nennen, weil durch diesen Husten kein Schleim aus den Atemwegen ausgeworfen wird und sich der Körper so nicht gut von Krankheitserregern befreien kann, was der Sinn des Hustens wäre“, erklärt Temmel. Der trockene Reizhusten führt allerdings dazu, dass das Schleimhautgewebe in den Bronchien gereizt wird. Durch die Reizung kommt es etwa drei bis vier Tage nach der Infektion zur Ablösung von Gewebeschichten: Schleim entsteht. Temmel: „Mit dem Schleim hustet man auch die Krankheitserreger aus, hustet also sozusagen produktiv.“  

Mit rasendem Tempo

Und das mit rasendem Tempo: Beim Husten kann die Geschwindigkeit der ausgestoßenen Luft bis zu 480 Kilometer pro Stunde erreichen. Dementsprechend weit können die Erkältungsviren und andere Erreger verbreitet werden. „Um die Mitmenschen zu schützen, sollten man sich beim Husten die Hand oder ein Taschentuch vor den Mund halten, und zwar auch dann, wenn man einen trockenen Husten hat.“ Schon allein durch den Luftausstoß können Viren z. B. über die Nase oder den geöffneten Mund in die Blutbahn der Sitznachbarn im Konzert geraten und sie mit einer Erkältung anstecken. Ausgestoßene Schleimtröpfchen, in denen sich Viren befinden, bergen aber noch eine weitere Gefahr in sich: In den Tröpfchen überleben die Viren bis zu 24 Stunden und ­können via Sessellehnen und Hände sogar noch am nächsten Tag in Mund oder Nase der Konzertbesucher geraten, um dort eine Erkältung anzufachen.

Den Husten stillen

Wie wird man den Erkältungshusten wieder los? „Solange er trocken ist, empfiehlt sich die Einnahme von sogenannten Antitussiva“, sagt Temmel. Diese Präparate unterdrücken im Hustenzentrum im Gehirn den Hustenreiz. Hustet man bereits mit schleimigem Auswurf, ist man, so der Experte weiter, mit sogenannten Expektorantien gut beraten. Diese Mittel helfen, den Schleim zu lösen, und lassen Husten schneller abklingen. Ansonsten heißt es: Sich schonen – und abwarten. „Von vielen Patienten wird es als angenehm empfunden, darüber hinaus den Dampf von Salzlösungen oder Lösungen, die mit pflanzlichen Ölen vermischt sind, zu inhalieren“, sagt Temmel. Auch Tees mit Honig, salzige Suppen oder eine Zwiebelsuppe tun den meisten Hustenden gut. Wissenschaftlich bewiesen sind die Heilwirkungen der zuletzt erwähnten Methoden jedoch nicht.

Wenn es chronisch wird

„Nach Virusinfektionen kann es bis zu acht Wochen bis zum Abklingen des Erkältungshustens dauern“, sagt Temmel. Sind die acht Wochen vorbei und hustet man immer noch, ist der Husten also chronisch geworden, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Temmel: „Denn dann besteht der Verdacht, dass der Husten nicht das Symptom einer Erkältung, sondern ein Anzeichen für eine andere Erkrankung ist. Das können Bronchitis, Keuchhusten oder eine Lungenentzündung sein.“
Weitere mögliche Ursachen für einen chronischen Husten sind eine Asthmaerkrankung, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD, die auch Raucherlunge genannt wird, oder Tuberkulose. Dauerhusten kann aber auch auf weit weniger naheliegende Leiden hinweisen wie Refluxerkrankung, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Herzmuskelerkrankungen, Tuberkulose, Lebererkrankungen oder rheumatische Erkrankungen. Schließlich kann Husten auch eine Nebenwirkung bestimmter Medikamente sein.

Die Grunderkrankung finden

Was tun, wenn das Husten nicht enden will? Temmel: „Zunächst muss der Arzt im Gespräch mit dem Patienten und durch eingehende Untersuchungen feststellen, ob eine andere Grunderkrankung als die Erkältung zum chronischen Husten geführt hat. Dazu muss nicht nur die Lunge gründlich abgehorcht werden, sondern es müssen eventuell auch eine Röntgenaufnahme, eine Blutentnahme, eine Spiegelung der Atemwege, eine Lungenfunktionsprüfung und Herzuntersuchungen gemacht werden. Liegt dem Husten ein anderes Leiden zugrunde, so muss diese Grunderkrankung parallel zum Husten behandelt werden.“

Entzündung abheilen

Gegen den chronischen Husten helfen nach der Erfahrung des Experten Mittel, die zur Abschwellung der Schleimhäute führen und die Entzündungen abheilen. Dazu zählen auch Medikamente, die in der Behandlung von Asthmaerkrankten verwendet werden, und kortisonhältige Medikamente. Heilbar ist der chronische Husten dann, wenn die dahinterliegende Grunderkrankung heilbar ist. Ist die Grunderkrankung unheilbar, könne der Husten mit den erwähnten Mitteln zumindest gelindert werden.

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Was vor Husten schützt

„Husten kann man strenggenommen zwar nicht vorbeugen, da er ja keine Krankheit für sich, sondern immer ein Symptom einer anderen Erkrankung ist“, sagt Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel. Und am häufigsten ist Husten das Symptom einer Erkältung – vor der man sich tatsächlich gut schützen kann. Die besonders einfache und effektive Methode: „Möglichst oft die Hände waschen, um zu vermeiden, dass über die Hände Erkältungsviren in die eigene Blutbahn geraten.“

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Stress, Staub, Viren & Co
Warum wir husten

„Husten wird auf die verschiedenste Art und Weise ausgelöst“, sagt Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel. Man kann willkürlich husten, „wie das vielleicht viele im Konzertsaal schnell noch vor Beginn des Konzerts tun, um späteres Husten zu vermeiden oder um sich anderen Hustern anzuschließen und so weniger aufzufallen“. Halb willkürlich sind nervöses und stressbedingtes Husten. Diese Hustenarten könnten, wie der Mediziner meint, eventuell dazu dienen, sich während eines Gesprächs oder Vortrags eine Pause zu verschaffen. „Seriöse Studien über die Funktion des nervösen oder stressbedingten Hustens gibt es aber nicht.“
Meistens jedoch wird der Hustenreiz durch den Hustenreflex ausgelöst. Dabei werden bestimmte Rezeptoren in den Schleimhäuten mit Erregern wie Viren, Staub, Gasen oder einem Fremdkörper konfrontiert. Über die Nervenbahnen senden diese Rezeptoren Impulse an das Hustenzentrum im Gehirn, die den Husten auslösen. Temmel: „Durch den Hustenreflex, der ähnlich stark ist wie der Atem-, Schluck- oder Brechreflex und daher nicht unterdrückt werden kann, wird ein explosionsartiges Ausstoßen von Luft ausgelöst.“

 

Stand 11/2010

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