Es ist kein Klischee, sondern wissenschaftlich erwiesene Tatsache: Frauen ist eher kalt als Männern. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl erklärt, warum das so ist.
Von Mag. Petra Hauk
Frauen bekommen schneller Gänsehaut als Männer, und die Forscher wissen, dass das nichts mit Wehleidigkeit zu tun hat. Schuld an ständigen kalten Füßen und Händen ist der weibliche Wärmehaushalt. Denn was die innere Heizung betrifft, hat Mutter Natur die Karten ungleich verteilt. Leider zum Nachteil der Frauen. In T-Shirt und kurzer Hose beim offenen Fenster am Frühstückstisch sitzen und entspannt den Kaffee schlürfen – das kann nur ein Mann, oder?
Stimmt, sagt Univ. Prof. Dr. Wolfgang Marktl vom Zentrum für Physiologie und Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien: „Männer haben bei der Erzeugung von Körperwärme Vorteile. Das liegt in erster Linie daran, dass sie mehr Muskelmasse haben. Denn wenn ein Muskel in Bewegung ist, braucht er Energie, dabei wird Wärme frei, die dem Körper zur Verfügung gestellt werden kann. Im Verhältnis zum Gesamtgewicht liegt der Körperanteil an Muskeln bei Männern bei 40 Prozent, bei Frauen hingegen nur bei 25 Prozent. Man sieht also deutlich: Männer haben quasi eine größere innere Heizung.“
Aber heißt es nicht immer, dass das schwache Geschlecht besser „isoliert“ ist? Das stimmt prinzipiell, meint Prof. Marktl: „Der Körperfettanteil ist bei Frauen höher – und Fett schützt vor Kälte. Aber bei Damen ist es ungleich verteilt und konzentriert sich vor allem an Gesäß, Oberschenkeln, Hüften und Brust. Die Körpermitte mit allen lebenswichtigen Organen ist daher nicht so gut geschützt. Männer hingegen haben die Fettschicht in erster Linie an Bauch und Oberkörper und somit bessere Möglichkeiten, um die Körpertemperatur hoch zu halten.“
Es kommt noch schlimmer: Frauen produzieren nicht nur weniger Wärme, sie geben das Wenige auch schneller wieder ab. „Außerdem haben Frauen eine dünnere Haut als Männer“, ergänzt Prof. Marktl. „Deshalb reagieren die kleinen Gefäße unter der Haut schneller auf Kältereiz: Sie verschließen sich rascher, Hände und Füße werden nicht mehr so gut durchblutet und kühlen besonders schnell und extrem aus.“ Bis auf acht Grad kann die Temperatur in den Zehen sinken!
Auch wenn es vielleicht paradox klingt: Was wie eine himmelschreiende Ungerechtigkeit zulasten der Frau klingt, ist in Wahrheit eine kluge Überlebensstrategie von Mutter Natur. Weil den Frauen eben weniger Wärme zur Verfügung steht, wird diese Wärme gezielt im Körperkern konzentriert – genau dort, wo alle lebenswichtigen Organe sitzen. Und die funktionieren nur dann optimal, wenn sie eine Temperatur von cirka 37 Grad haben. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Wärme im Notfall eben umgeleitet, aus Körperteilen, wie Armen, Beinen oder der Nase, die nicht so lebenswichtig sind.
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Heiße Tipps gegen die Kälte
- Bewegung und noch einmal Bewegung, rät Prof. Marktl. „Ein Muskel, der bewegt wird, erzeugt Wärme. Also nützen Sie jede Gelegenheit – und das muss keine sportliche Höchstleistung sein. Es führt schon zum Ziel, wenn man die Treppe statt des Aufzugs benützt, oder eine bestimmte Wegstrecke zu Fuß geht, anstatt mit dem Bus zu fahren.“
- Um schnell warme Hände zu bekommen, versuchen Sie die Windmühlenübung: Lassen Sie die Arme wie mit Windmühlenflügel rotieren. Die Fliehkraft befördert Blut und damit Wärme in Arme und Hände.
- Halten Sie sich beim Anziehen an das Zwiebelschalen-Prinzip: Schicht über Schicht. Das schafft ein „Mikroklima“, eine isolierende Luftschicht.
- Als Mittel zum schnellen Aufwärmen ist natürlich ein warmes Bad empfehlenswert. Langfristig können Kneippsche Güsse und körperliches Training helfen, wenn keine ernste Erkrankung im Hintergrund steht.
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