Von Mag. Sabine Stehrer
Welche Aufgaben erfüllt unser Gehör?
Vermutlich sind wir imstande, rund 340.000 verschiedene Töne wahrzunehmen – im Lautstärkenbereich zwischen 0 und 130 Dezibel und in Höhen zwischen 20 und 20.000 Hertz. Am besten hörbar sind für den Menschen Töne zwischen 2000 und 5000 Hertz, ein Bereich, in den zum Beispiel die gesprochene Sprache fällt. Der Hörsinn ist neben dem Sehsinn, dem Tastsinn und dem Geruchssinn aber nicht nur wichtig für die Kommunikation mit anderen Menschen. Er dient auch dazu, Töne, die wir als wohltuend empfinden, wahrzunehmen, wie Blätterrauschen oder Vogelzwitschern, oder Geräusche zu bemerken, die uns vor möglichen Gefahren warnen, wie Motorlärm. Außerdem befähigt uns das Hören dazu, uns anhand von Schallquellen in der Umgebung zu orientieren. Neben einem Teil des Gehörorgans im Innenohr befindet sich das Gleichgewichtsorgan, das ebenfalls der Orientierung im Raum und der Erhaltung des körperlichen Gleichgewichts dient: Dies funktioniert durch das Messen von Beschleunigung über verschiedene Strukturen und Flüssigkeit im Gehör – sowie im Zusammenspiel mit dem Sehsinn, dem Tastsinn und dem Bewegungsapparat, vorwiegend der Muskulatur.
Wie ist unser Gehör aufgebaut?
Das Gehör besteht aus drei Teilen, dem Außenohr, dem Mittelohr und dem Innenohr. Das Außenohr mit der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang, der bis zum Trommelfell reicht, empfängt den Schall und leitet ihn weiter. Im äußeren Gehörgang befinden sich Drüsen, die Ohrenschmalz erzeugen. Ohrenschmalz schützt den Gehörgang vor dem Austrocknen sowie vor dem Eindringen von Wasser und Krankheitserregern. Hinter dem Trommelfell beginnt das Mittelohr. Trifft ein Schall das Trommelfell, wird eine Schwingung erzeugt, die an die dort befindlichen Gehörknöchelchen Amboss, Hammer und Steigbügel, die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers, weitergeleitet wird. Die Knöchelchen geben den Schall, umgewandelt in mechanische Energie, an das Innenohr weiter. Vom Mittelohr aus führt außerdem die eustachische Röhre oder Ohrtrompete in den Hals-Nasen-Rachenraum, was den Druckausgleich zwischen dem Mittelohr und der Umgebung, in der wir uns gerade befinden, ermöglicht. Im Innenohr, das auch Cochlea oder Hörschnecke genannt wird, befinden sich die Ohrflüssigkeit, die durch den Schall in Wellen versetzt wird, und die Sinneszellen, feine Haarzellen. Die Haarzellen werden durch die Bewegung der Flüssigkeit gebogen. So lösen diese physiologischen Minidynamos Nervenimpulse aus, die über den Hörnerv an die Hörzentren des Gehirns weitergeleitet werden. Im Gehirn wird das Gehörte wahrgenommen und im Hörzentrum verarbeitet. Der Hörnerv liegt gemeinsam mit dem Gleichgewichtsnerv im inneren Gehörgang des Innenohrs.
Woran erkranken die Ohren häufig?
Die häufigste Erkrankung der Ohren ist die Ohrenentzündung durch Bakterien, Viren oder Pilze. Entzünden können sich das Außenohr, das Mittelohr und das Innenohr, wobei die Infektion des Innenohrs oft mit anderen Erkrankungen wie Masern, Mumps oder einer Hirnhautentzündung einhergeht. Das Mittelohr und das Innenohr werden oft durch Lärm geschädigt beziehungsweise durch große Schalldrücke, wie sie zum Beispiel bei Explosionen oder bei Schüssen entstehen. Solche Lärmbelastungen können auch die feinen Haarzellen im Innenohr so sehr schädigen, dass es zu Schwerhörigkeit bis hin zum Hörverlust kommt. Ein Tinnitus oder ein Hörsturz, also ein plötzlicher Hörverlust, sind ebenfalls häufige Ohrenerkrankungen. Dafür kann meist keine Ursache gefunden werden, manchmal stecken Infekte oder die Einnahme bestimmter Medikamente dahinter, selten Tumore.
Wie können wir die Ohren schützen?
Da wir die Ohren nicht schließen können, um sie zu schützen, sollte, wer beruflich Lärm ausgesetzt ist, seine Ohren unbedingt mit einem speziellen, angepassten Gehörschutz vor Lärmschäden bewahren. Nach einem Discobesuch oder dem Besuch eines lauten Konzerts kann man die Ohren vor Schädigungen schützen, indem man sie die nächsten Tage schont, sie also keinen Geräuschen aussetzt, die lauter als etwa 80 Dezibel sind. Das entspricht dem Lärm, den ein direkt an einem vorbeifahrenden Lkw macht. Außerdem schützt es die Ohren, nicht dauernd über Kopfhörer Musik zu hören und wenn man das tut, dies bei mäßiger Lautstärke zu tun.
Schließlich sollte man beim Reinigen der Ohren vorsichtig sein, es nur beim Reinigen der Außenbereiche belassen und mit Wattestäbchen nicht weit in die Ohren hinein fahren. Das könnte dazu führen, dass Ohrenschmalz weiter ins Ohr hineingedrückt anstatt hinausbefördert wird, was schlimmstenfalls Hörstörungen und Verletzungen des Trommelfells nach sich zieht.
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Was tun, wenn …
- … sich ein Ohrenschmalzpropfen gebildet hat?
Versuchen, den Propfen mit einem feinen Strahl lauwarmen Wassers aus dem Duschkopf heraus zu spülen. Funktioniert dies nicht, den Arzt aufsuchen. - … man nach einem lauten Konzert alles nur noch wie durch Watte hört?
Mindestens eine Woche lang den Ohren Ruhe gönnen, lärmende Umgebung meiden, nicht über Kopfhörer Musik hören, bei Berufen, in denen man Lärm ausgesetzt ist, zusätzlich zum Gehörschutz Ohrenstöpsel tragen. - … es im Ohr pfeift oder andere Geräusche zu hören sind, die auf keine äußere Quelle zurückgehen?
Sich ärztlich untersuchen lassen. - … man eine Ohrenentzündung hat?
Zum Arzt gehen, er wird alkoholische Lösungen zum Eintropfen verschreiben, die kühlend und abschwellend wirken, sowie Schmerzmittel empfehlen. Bei eitrigem Ausfluss neuerlich zum Arzt gehen. - … man plötzlich nichts mehr hört?
Unbedingt sofort zum Arzt gehen.
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Zahlen & Fakten
- Rund sieben Zentimeter lang sind Ohren im Durchschnitt, und je älter der Mensch ist, desto länger, da die Ohren durch einen permanenten Umbau der Knorpelsubstanz pro Jahr etwa 0,2 Millimeter wachsen. So können sie im Alter von 80 Jahren um einen Zentimeter länger sein, als im Alter von 20.
- Die Ohren reinigen sich im Inneren selbst. Nur Ohrenschmalz, das dazu dient, den äußeren Gehörgang vor Krankheitserregern und dem Austrocknen zu schützen und sichtbar wird, kann entfernt werden.
- Das Gehör ermöglicht uns die Wahrnehmung von rund 340.000 verschiedenen Tönen in Höhen zwischen 20 und 20.000 Hertz. In Höhen darunter (Infraschall) verständigen sich zum Beispiel Elefanten, in Höhen darüber (Ultraschall) Fledermäuse. Vom Menschen gesprochene Sprache bis hin zum Geschrei beispielsweise von Babys bewegt sich im Bereich zwischen 2000 und 5000 Hertz. Solche Tonhöhen sind für den Menschen besonders gut wahrnehmbar.
- Der Lautstärkenbereich bzw. Schalldruck des vom Menschen Hörbaren liegt zwischen 0 und 130 Dezibel, wobei 130 Dezibel dem Geräusch eines direkt neben einem startenden Flugzeuges entsprechen, 110 Dezibel werden oft in Discos erreicht, 80 Dezibel kommen etwa dem Lärm eines vorbeifahrenden Lkws gleich. 30 bis 60 Dezibel werden bei einem Gespräch erreicht, Geräusche unter 30 Dezibel entsprechen Waldgeräuschen oder dem Ticken einer Uhr.
- Wie gut ein Mensch hört, also wie viele Töne er wahrnehmen und unterscheiden kann, wird teils vererbt, teils erlernt. Das Hörvermögen nimmt im Alter ab, oft werden zunächst sehr hohe Töne nicht mehr gehört, bzw. leise Geräusche im Lautstärkenbereich bis 30 Dezibel.
Foto: iStock, Oleksandr Shchus