Hals, Nase, Ohren & Augen

Wenn die Stimme streikt

Unsere Stimme ist eine treue Begleiterin in allen Lebenslagen. Wie wertvoll sie für den Alltag ist, wird uns oft erst dann bewusst, wenn sie versagt.

Von Natascha Gazzari

Unsere Stimme ist so individuell, wie ein Fingerabdruck. Mit ihr drücken wir Freude, Trauer und Angst aus. Durchschnittlich 16.000 Wörter sprechen wir am Tag – Frauen allen Vorurteilen zum Trotz nur unwesentlich mehr als Männer. „Für die meisten Menschen ist Sprechen ein völlig alltäglicher Vorgang, der aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Funktionsbereiche entsteht: der Atmung, den Stimmlippen mit dem Kehlkopf sowie dem Mund-, Rachen- und Nasenraum als Resonanzkörper“, erklärt Silvia Prüwasser, leitende Logopädin im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck. Die Stimmbänder werden also durch die Ausatemluft in Schwingung versetzt und der dabei entstehende Ton wird im Mund-, Rachen- und Nasenraum verstärkt.

Flüstern und Räuspern vermeiden

Doch was passiert, wenn dieses komplexe System ins Stocken gerät und anstatt der gewohnten Klänge plötzlich nur leises Krächzen oder schlimmstenfalls gar nichts rauskommt? „Heiserkeit entsteht dann, wenn die Stimmlippen nicht mehr frei schwingen können“, so die Logopädin. Die möglichen Auslöser für ein plötzliches Versagen der Stimme sind vielfältig. Besonders häufig sind es Infektionen der Atemwege, die dafür sorgen, dass die Schleimhäute der Stimmlippen anschwellen. Die Stimme klingt dann heiser, der Hals fühlt sich trocken und rau an und man hat das Bedürfnis, sich ständig zu räuspern. Bei einer akuten Kehlkopfentzündung kann die Stimme völlig versagen. Betroffene sind dann versucht, sich flüsternd mitzuteilen, um die angeschlagene Stimme zu schonen. Keine gute Strategie, wie die Logopädin erläutert: „Bei akuten Entzündungen im Halsbereich sollte man nur dann sprechen, wenn es unbedingt nötig ist. Flüstern sollte man vermeiden, denn es strengt die Stimmlippen zu sehr an. Leises Sprechen hingegen ist viel schonender.“ Auf Räuspern sollte man laut Prüwasser ebenfalls verzichten, denn es führt eher zu einer Verschlechterung der Beschwerden. Besser als Räuspern ist ein sanftes Abhusten von eventuell vorhandenem Schleim, Summen oder Trinken.

Schleimhäute befeuchten

Feuchtigkeit ist der Schlüssel zu einer schnellen Linderung der Beschwerden. Dazu zählt nicht nur ein angenehmes Raumklima mit einer ausreichend hohen Luftfeuchtigkeit, sondern auch eine entsprechende Flüssigkeitszufuhr. „Um die gereizten Schleimhäute gut zu befeuchten, sollte man zwei bis drei Liter am Tag trinken, am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Zusätzlich können Inhalationen mit einer salzhaltigen Lösung durchgeführt werden“, so der Rat der Logopädin. Durch das Lutschen von zuckerfreien oder salzhaltigen Pastillen wird der Speichelfluss angeregt und die Regeneration der Schleimhäute unterstützt. Auch einfache Übungen, wie lockeres Summen, Gähnen oder Lippenflattern können die Genesung fördern. „Wichtig ist es, während der Übungen mit der Stimme sanft in die Höhe und Tiefe zu gehen.“

Reizfaktoren ausschalten

Ob akuter Infekt oder Überlastung des Stimmapparates bei beruflichen Vielsprechern: Eine Unterstützung und Pflege der Stimme lässt sich bereits durch einfache Maßnahmen im Alltag umsetzen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist gerade bei Personen, die beruflich viel sprechen müssen, das A und O. Verzichten sollte man laut Prüwasser auf alles, was der Schleimhaut Feuchtigkeit entzieht. Dazu zählen Kaffee, Schwarztee, Kamillentee, kohlensäurehaltige Getränke, Alkohol und scharfe Gewürze. „Sehr heiße bzw. sehr kalte Speisen und Getränke nach Möglichkeit nur in Maßen genießen und aufs Rauchen – sowohl aktiv, als auch passiv – am besten ganz verzichten.“ Über regelmäßige Bewegung an der frischen Luft freut sich nicht nur der Stimmapparat, sondern der ganze Körper.

Wann in die Ordination?

Wenn die Heiserkeit trotz Schonung hartnäckig ist, sollte man sie ärztlich abklären lassen. Eine zeitliche Orientierung dafür gibt Prim. Dr. Christian Tejkl, Leiter der HNO-Abteilung im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck: „Wenn die Stimme bis zu einer Woche ausbleibt, sollte man sich an den Hausarzt bzw. die Hausärztin wenden. Ist nach drei Wochen noch immer keine wesentliche Besserung eingetreten, ist eine Abklärung durch einen HNO-Facharzt anzuraten.“ Stimmstörungen können nämlich auch andere Ursachen haben, wie z.B. gutartige Stimmlippenpolypen oder bösartige Neubildungen wie ein Larynxkarzinom.


Fotos: istock Liubov Kondrateva

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