Jeder kennt ihn, jeder hasst ihn: Schnupfen ist eine der häufigsten
banalen Infektionen. Manche Menschen ereilt er drei- bis viermal im Jahr, andere seltener. Kinder können bis zu sechsmal jährlich einen Schnupfen abkriegen.
Von Doris Simhofer
Genau genommen ist der Grund für einen nicht allergiebedingten Schnupfen eine Entzündung der Nasenschleimhaut, die mit einer rinnenden, tropfenden und verstopften Nase einhergeht“, erklärt Mag. Herbert Blüml, Apotheker in Wiener Neustadt. Üblicherweise filtern die Flimmerhärchen an der Nasenschleimhaut krankheitserregende Bakterien, Viren, Sporen und andere Aerosole, damit diese nicht in die Lunge gelangen. Ein gesundes Immunsystem schmettert die Eindringlinge ab, indem die Botenstoffe Zytokine die Verteidigung übernehmen, T- und B-Zellen bilden und die Krankheitserreger abwehren. Ist das Immunsystem geschwächt, können sich Rhinoviren in unserer Nasenschleimhaut einquartieren, der Schnupfen ist da. Die Immunabwehr erfolgt auch über ein Kommando an die Nasenschleimhaut, mehr Schleim abzusondern, sodass die Krankheitserreger ausgespült werden. Das gelingt entweder, indem der Schleim in den Rachen gelangt, verschluckt und von der Magensäure zunichte gemacht wird; oder sie werden durch Husten und Niesen in die Außenwelt geschleudert.
Ein Cocktail an Viren
Ein akuter Schnupfen kann durch viele unterschiedliche Viren verursacht werden, wie Adenoviren, Influenzaviren, Parainfluenzaviren und RS-Viren, vor allem aber durch Rhinoviren und deren mehr als 100 Untertypen. Die Übertragung erfolgt schnell, am häufigsten durch Händekontakt oder über Türklinken, Geländer oder Haltegriffe, an denen sich die Schnupfenviren breit machen.
Wenn der Hals schmerzt oder sich trocken anfühlt, wenn es im Rachen oder im hinteren Teil der Nase zu kratzen beginnt, dann ist meist ein Schnupfen im Anmarsch. In der nächsten Phase beginnt die Nase zu laufen, sie sondert zunächst dünnflüssigen Schleim ab. Medizinerinnen und Mediziner bezeichnen dies als Rhinorrhoe. Antihistaminika der ersten Generation
(z. B. Chlorpheniramin) oder als Nasenspray (z. B. Ipratropiumbromid) stoppen zwar laufende Nasen, können jedoch auch müde machen.
Innerhalb weniger Tage schwillt die Nasenschleimhaut an, das Sekret wird zäher, manchmal auch gelblich, schleimig oder eitrig, die Nase ist verstopft. In diesem Fall helfen Nasentropfen oder Sprays mit den Wirkstoffen Oxymetazolin oder Phenylephrin oder die Einnahme von Tabletten mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin, weiß Apotheker Herbert Blüml: „Diese Medikamente sind rezeptfrei und tragen dazu bei, dass sich die Blutgefäße an der Nasenschleimhaut zusammenziehen, die Schwellung klingt ab, die Nase wird frei. Zubereitungen ohne Konservierungsstoffe sind schleimhautverträglicher. Nasensprays sollten aber nicht länger als drei Tage verwendet werden, andernfalls kommt es zu einer Rebound-Verstopfung: Dabei schwillt die Nasenschleimhaut noch stärker an, sobald die Wirkung des Medikaments nachlässt.“ Ein Cochrane-Review über 15 Studien ergab, dass abschwellende Nasensprays oder -tropfen eine Schnupfennase deutlich bessern, innerhalb von Sekunden bis Minuten. Wichtig sei es allerdings, die empfohlene Dosierung und Anwendung genau zu beachten.
Wenn Schnupfen anhält
Üblicherweise dauert ein Schnupfen vier bis zehn Tage und heilt auch ohne Therapie. Von chronischem Schnupfen spricht man, wenn er länger als die übliche Zeit andauert. Ursachen können eine virale Infektion oder eine Entzündung sein. Aber auch trockene Luft und Schadstoffe können chronischen Schnupfen verursachen. Meist ist die Nase stark verstopft, mitunter bilden sich auch Krusten oder es kommt zu Nasenbluten. Abschwellende Mittel können die Symptome mildern. Ist die Ursache eine Infektion, sollte festgestellt werden, um welche Erreger es sich handelt. Dazu wird eine Schleimprobe entnommen und die Mikroorganismen darin werden untersucht. Erst wenn feststeht, ob Bakterien oder Pilze als Erreger in Frage kommen, kann eine adäquate Behandlung erfolgen.
Besonders ältere Menschen können eine atrophische Rhinitis entwickeln. Dabei wird im Zuge des Schnupfens die Schleimhaut dünner und verhärtet sich, die Nasengänge werden weiter und trocknen aus. Grund dafür ist, dass behaarte Schleimzellen durch Hautzellen ersetzt werden und die Filterfunktion der Schleimhaut dadurch eingeschränkt ist. Auch eine langanhaltende bakterielle Infektion der Nasenschleimhaut kann zu einer atrophischen Rhinitis führen. Krustenbildung oder Nasenbluten können mit einhergehen. Hier könnten Antibiotika mithilfe einer Salbe in die Nase gestrichen werden, diese töten Bakterien ab.
Reizende Schnupfenerreger
Ähnlich wie ein allergischer Schnupfen verläuft der vasomotorische Schnupfen, ebenfalls eine Form des chronischen Schnupfens. Dieser befällt meist empfindliche Menschen, die zwar nicht allergisch sind, bei denen die Nase jedoch auf bestimmte Reizstoffe mit Schnupfen reagiert. Das können Staubpartikel, Umweltgifte, Parfüm, scharfes Essen und vor allem Lufttrockenheit sein. Die Schleimhaut schwillt an und die Nase läuft. Die Behandlung ist sehr individuell, in erster Linie sollte der entsprechende Reiz gemieden werden. Auch auf entsprechende Luftfeuchtigkeit in Räumen sollte geachtet werden, mitunter können auch kortikosteroid- und antihistaminikahaltige Nasensprays hilfreich sein. Abschwellende Nasensprays sollten nicht benutzt werden bzw. nur ab dem Zeitpunkt, wenn die Symptome am stärksten sind.
Achtung: Antibiotika sind bei viralem Schnupfen wirkungslos. Sie sollten nur eingenommen werden, wenn eindeutige Hinweise auf eine sekundäre bakterielle Infektion vorliegen. Das kann sein, wenn beispielsweise auch die Nasennebenhöhlen entzündet sind, man spricht medizinisch von einer Rhinosinusitis. In diesem Fall kann es zu einer Zweitinfektion mit Bakterien kommen. Die Nasennebenhöhlen können auch chronisch entzündet sein, so etwa wenn in eine Engstellung vorliegt. Eine verstopfte Nase oder Druckschmerz im Gesicht sind typische Anzeichen.
Schnupfen bei Kindern
Besonders für Babys ist Schnupfen quälend, denn sie atmen durch die Nase aus und ein. Ist die Nase verstopft, atmet das Kind durch den Mund, die Schleimhäute im Hals werden gereizt und schwellen an. Um das zu verhindern, brauchen Babys viel Flüssigkeit. Regelmäßiges Trinken oder Stillen beugt vor. Die Nase sollte freigehalten werden. Ein gutes Raumklima mit ausreichend Feuchtigkeit und eventuell warme Brustwickel mit Thymian können Erleichterung bringen, sagt Apotheker Herbert Blüml: „Vorsicht ist bei ätherischen Ölen geboten: Ihre Wirkung ist wissenschaftlich nicht belegt, darüber hinaus können Eukalyptus oder Pfefferminze zu einer Verkrampfung der Atemmuskulatur führen.“
Kann man Schnupfen verhindern?
Einen banalen Schnupfen kann man nicht zu 100 Prozent vermeiden. Manche Menschen kommen ohne Schnupfen durchs Jahr, andere sind häufig betroffen. Ausschlaggebend ist, ob das Immunsystem gut funktioniert. Aber auch äußere Faktoren wie ausreichendes Trinken, ausgewogene Ernährung, regelmäßiger Schlaf sind wichtig, um die Immunabwehr zu stärken. „Einer Ansteckung mit Schnupfenviren kann man auch durch gute Hygiene entkommen. Händewaschen sollte eine Selbstverständlichkeit sein, häufig berührte Oberflächen wie Türklinken müssen gut gereinigt werden, denn die Keime überleben hier eine Weile. Beim Niesen sollte man ein Taschentuch oder – im Notfall – den Ellenbogen benutzen, bei ersten Anzeichen einer Infektion zuhause bleiben. So schützt man auch das Arbeitsteam vor kollektivem Schnupfen“, rät Apotheker Herbert Blüml.
Schnäuzen oder aufziehen?
Die Zusammensetzung des Nasensekrets ist unterschiedlich – es enthält Viren, Bakterien oder Sporen, aber auch Bestandteile aus der Umwelt, wie etwa Staub- oder Schmutzpartikel.
Wenn die Nase verstopft ist oder läuft, gibt es zwei Möglichkeiten: schnäuzen oder aufziehen. Beides hat seine Vor- und Nachteile: Beim zu kräftigen Schnäuzen ins Taschentuch kann ein Überdruck in der Nase entstehen, sodass das Sekret zum Beispiel in die Nasennebenhöhlen oder über die Ohrtrompete ins Mittelohr gedrückt wird und sich dort entzündet.
Die zweite Möglichkeit, das Aufziehen, gilt zwar als nicht gerade vornehm, der Vorteil lässt sich jedoch leicht erklären: Die Härchen an der Nasenschleimhaut transportieren den Schleim naturgemäß Richtung Magen, dort werden sie von der Magensäure zunichte gemacht. Apotheker Herbert Blüml weiß: „Richtiges Schnäuzen heißt also, ein Nasenloch zuzuhalten und sanft in ein Taschentuch zu blasen.“
Das hilft bei Schnupfen:
- Luftbefeuchter: Ein gut gelüftetes Zimmer und ausreichend Luftfeuchtigkeit sorgen dafür, dass die Nasenschleimhäute nicht austrocknen.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Am besten eignen sich Tee oder Wasser, um den Abfluss des Nasensekrets zu beschleunigen.
- Inhalationen erleichtern das Atmen: Die warmen Dämpfe, man kann Kamille oder Pfefferminze zufügen (nicht bei Babys), erleichtern die Schleimlösung.
- Spülen: Eine Nasenspülung, ganz „klassisch“ mit Salzwasser, durchspült die Nase und erleichtert das Durchatmen.
Fotos: © Doris Simhofer, istock RomarioIen