Herz, Kreislauf & Gefäße

Aufhören wirkt

20 Minuten nach dem Ausdämpfen der letzten Zigarette normalisieren sich Blutdruck und Puls, nach wenigen Tagen wird das Atmen leichter, die Sinne werden schärfer. Schon im ersten Jahr halbiert sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aufhören wirkt – und ist in jeder Hinsicht ein Gewinn, wie auch eine aktuelle EU-Kampagne vermittelt. MEDIZIN POPULÄR über die vielen Vorteile des Rauchstopps.

Von Mag. (FH) Walter Fikisz

Mit immer neuen Vorschriften wie etwa dem Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden oder hohen Tabaksteuern versucht der Gesetzgeber, das Rauchen schwieriger, teurer und unangenehmer zu machen. Die meisten dieser Versuche konzentrieren sich auf die Gefahren, die mit dem Rauchen verbunden sind. Auch die seit November letzten Jahres vorgeschriebenen „Sicherheitszigaretten“, die sich selbst löschen, wenn nicht mehr daran gezogen wird, sollen Gefahren vermeiden und das Rauchen schwieriger machen. Für den Raucher selbst könnte dadurch das Rauchen aber noch gesundheitsschädlicher werden, befürchtet auch Gesundheitspsychologe Univ. Prof. Dr. Rudolf Schoberberger vom Institut für Sozialmedizin an der Medizinischen Universität Wien: „Es kommt dadurch möglicherweise zu einem etwas hastigeren Rauchen, mehr Schadstoffe werden aufgenommen. Und weil die Zigarette schneller geraucht wird, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass früher die nächste angezündet wird.“
Ein Blick auf die vielen positiven Veränderungen nach dem Rauchstopp könnte vielleicht eher zum Rauchstopp motivieren als das „schlechte Gewissen“ bei jedem Zug an der Zigarette. Der Körper reagiert jedenfalls sehr rasch und positiv nach dem Ausdämpfen des letzten Glimmstängels.

Nach 20 Minuten

Die ersten Veränderungen sind überraschend schnell messbar: Blutdruck und Puls sinken schon nach 20 Minuten, die Temperatur von Händen und Füßen steigt. Besonders deutlich wird es bei Schwangeren, erklärt Schoberberger: „Wenn eine Schwangere eine Zigarette raucht, verdoppelt sich in dieser Zeit die Herzfrequenz des Ungeborenen. Nach dem Ausdämpfen geht die Frequenz sofort wieder zurück.“ Was der kleine Körper des Ungeborenen besonders stark spürt, macht sich aber auch beim Erwachsenen bemerkbar. Schon nach acht Stunden sinkt der Kohlenmonoxid-Spiegel im Blut und kehrt in den normalen Bereich zurück.

Nach 2 Tagen

Nicht so leicht mess-, aber dafür besonders spürbar werden die Veränderungen in den nächsten Tagen. Die vernebelten Sinne kehren allmählich wieder zurück. Der Geschmackssinn wird ausgeprägter und auch die Nase tut sich leichter: Gerüche werden besser wahrnehmbar. Kurzum: Das Leben wird intensiver.

Nach 2-3 Wochen

Am meisten spürbar sind natürlich die Veränderungen in der Atmung, weiß Schoberberger aus seiner Arbeit mit Ex-Rauchern: „Die Leute merken, dass die Atemnot weniger wird, dass sie mehr Stufen steigen und längere Wege komplikationslos zurücklegen können.“ Um bis zu 30 Prozent kann sich die Lungenfunktion in den ersten Wochen verbessern. Besonders deutlich werden diese positiven Veränderungen bei jenen, die bereits eine sogenannte Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD), also eine „Raucherlunge“, entwickelt hatten.
Die zweite große Veränderung in dieser Zeit betrifft die Verdauung: „Es gibt ja eine Gruppe von Rauchern, die die Zigarette für die Beschleunigung der Verdauung einsetzt.“ Kommt es in dieser Phase der Entwöhnung zu Problemen, empfiehlt Schoberberger regelmäßige Bewegung oder immer wieder einen Schluck warmes Wasser zwischendurch. Letztendlich ist die Veränderung der Verdauung ein Zeichen dafür, dass sie sich allmählich normalisiert.

Nach 1 Jahr

Etwa um die Hälfte halbiert sich schon im ersten Jahr das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt. „Schon nach etwa zwei Jahren unterscheidet es sich nicht mehr von jenem eines Nichtrauchers“, erklärt Schoberberger. „Mit dem Krebsrisiko geht es auch ab dem ersten Tag hinunter, allerdings langsamer. Erst wenn sich fünf bis zehn Jahre nach der letzten Zigarette keine Krebserkrankung entwickelt hat, ist man auf dem Niveau eines Nichtrauchers.“

Für den Rest des Lebens

An seinem Institut arbeitet der Psychologe mit Menschen, die sehr viel und sehr lange geraucht hatten. „Viele ehemalige Hardcore-Raucher fürchten sich anfangs sehr vor dem Nichtrauchen. Sie haben Angst, dass sie das Verlangen umbringen wird, dass sie an Gewicht zunehmen werden und sich vielleicht noch kränker fühlen, als sie das bisher taten.“ Mit zunehmendem Erfolg steigt jedoch ihre „Selbstwirksamkeit“, erklärt Schoberberger. „Sie trauen sich dann immer mehr zu, auf längere Sicht nicht zu rauchen. Weil sie merken: Mit den heutigen Methoden ist es gar nicht so schwierig!“ Als Hilfestellung empfiehlt der Experte vor allem eine Umstellung im Verhalten: Selbstkontrolle, Alternativverhalten und Belohnung. Also sich selbst klar machen, in welchen Situationen man vorher zur Zigarette griff, sich genau für diese Situationen eine Ersatzhandlung überlegen und sich dann auch fürs Durchhalten belohnen. Auch medikamentöse Unterstützung wie Nikotinersatz kann sinnvoll sein, bekräftigt Schoberberger.

Länger und besser leben

Wer dann länger abstinent ist, wird seinem Körper gegenüber sehr kritisch und entwickelt auch wieder ein stärkeres Gesundheitsbewusstsein. Die „neuen“ Nichtraucher beginnen wieder mit gesundheitsfördernden Maßnahmen und Gesundheits-Checks, weiß der Entwöhnungs-Experte: „Als Raucher hatten sie das vernachlässigt, aber jetzt gehen sie wieder zur Gesundenuntersuchung und zum Zahnarzt.“
Das Leben nach dem Rauchen wird aber nicht nur leichter, gesünder und intensiver. Es wird auch länger, wie mehrere Langzeitstudien der letzten Jahre feststellen: Das Aufhören im Alter von 30 Jahren wird im Vergleich zum lebenslangen Raucher mit zusätzlich zehn, im Alter von 40 Jahren mit neun, im Alter von 50 Jahren mit sechs und im Alter von 60 Jahren noch mit drei Jahren Lebensdauer belohnt.
Und durch die Kostenersparnis lässt sich’s in dieser verlängerten Zeit wohl auch gut leben: Wer täglich ein Päckchen geraucht hat, erspart sich – bei einem durchschnittlichen Preis von vier Euro pro Schachtel – immerhin 120 Euro im Monat oder 1.440 Euro im Jahr. Jede Menge Geld für den Skiurlaub oder ein regelmäßiges Schlemmermenü im Lieblingsrestaurant. Denn das schmeckt jetzt ja noch besser.

Foto: iStock, Fokusiert

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